Noventi zahlt Anlegern Geld zurück |
| Cornelia Dölger |
| 20.11.2024 16:00 Uhr |
Vor fast drei Jahren war der Münchner Apothekendienstleister ins Geschäft mit den speziellen Wertpapieren eingestiegen. Jetzt wird das Kapitel Genussscheine endgültig geschlossen. / © PZ/Alois Müller
Vor fast drei Jahren war der Münchner Apothekendienstleister ins Geschäft mit den speziellen Wertpapieren eingestiegen. Jetzt wird das Kapitel Genussscheine endgültig geschlossen. Noventi teilte mit, dass es allen Anlegern den Rückkauf sämtlicher ausstehender Genussscheine anbiete. Das Unternehmen werde den vollen, ursprünglich je Papier investierten Betrag von 1000 Euro zahlen. Die Genussscheine könnten noch bis zum 10. Dezember 2024 zum Rückkauf eingereicht werden.
Maßgeblich für den Rückkaufvorgang sei das Anschreiben, das die Genussscheininhaberinnen und -inhaber von ihrer depotführenden Bank erhalten. Dort seien die relevanten Fristen und das konkrete Vorgehen zur Annahme des Angebots beschrieben, heißt es.
Damit trennt sich das Unternehmen von einem umstrittenen Anlageversuch. Um sich für die digitale Zukunft fit zu machen, hatte der Dienstleister Kapital gebraucht. Damals zog die verpflichtende Einführung des E-Rezepts herauf, die das Noventi-Kerngeschäft, die Rezeptabrechnung, vor neue Herausforderungen stellte. Auch das Softwaregeschäft stand im Zeichen des Wandels.
Durch den Transformations- und Digitalisierungsprozess befinde man sich »in einem kostspieligen Umbruch«, hatten der damalige Konzernchef Hermann Sommer sowie der damalige Finanzchef Victor J. Castro im PZ-Interview erläutert.
Frisches Geld sollte in Form von Genussscheinen in den Konzern gespült werden. Dafür sammelte Noventi Geld von Inhaberinnen und Inhabern, die Mitglieder des FSA waren, also des apothekenkontrollierten Eigentümervereins. Anfang 2022 gab der Konzern Genussscheine in Höhe von 80 Millionen Euro aus.
Die Besitzer der Genussscheine sollten eine »attraktive Partizipationsmöglichkeit« erhalten, warb der Konzern damals. Angeboten wurde ein Zinssatz von 4 Prozent, mindestens 1000 Euro konnten investiert werden, die Laufzeit war auf zehn Jahre festgeschrieben. Drei Ausschreibungsserien waren geplant, die erste exklusiv für FSA-Mitglieder. Danach sollten auch externe Investoren einsteigen können. Kritiker sahen darin die Gefahr, dass mit der Öffnung ein Mitspracherecht an die Falschen gehen könnte, etwa an Versender.
Allerdings stieg kaum jemand ein; die FSA-Mitglieder hielten sich größtenteils zurück, sodass Genussscheine lediglich im Gegenwert von rund 2,5 Millionen Euro gezeichnet wurden statt der avisierten 80 Millionen. Die weiteren geplanten Tranchen wurden daraufhin abgesagt, externes Investment gab es nicht.
Brisant wurde die Situation, als der Konzern für das Geschäftsjahr 2022 einen Verlust von 133 Millionen Euro einfuhr. Denn bei einem Bilanzverlust sollten auch die Genussscheine mit einbezogen werden, das besagte die vertraglich vorgesehene so genannte »Verlustteilnahme«.
Die FSA-Mitglieder, die Genussscheine erworben hatten, bangten daher um ihr Geld – und hatten dann Ende 2023 zusätzlich die Nachricht zu schlucken, dass Noventi als Folge des Rekordverlustes den Nennwert der Genussscheine auf null setzte, also komplett entwertete.
Den Vertrag kündigen und ihre Einlagen zurückfordern konnten die Anleger nicht; die genannte »Verlustteilnahme« beinhalte ein eindeutig vereinbartes Risiko dieser speziellen Anlageform, erklärte der Konzern damals.
Um die Anleger zu beruhigen, verwies das Unternehmen auf das umfangreiche Sanierungsprogramm, das es sich auferlegt hatte. Spätestens ab 2025 solle die Bilanz wieder positiv sein, was einen Wertzuwachs der Genussscheine zur Folge hätte. Garantiert war der Erfolg allerdings nicht.
Um so erfreuter zeigt man sich heute bei Noventi, dass die Anleger nicht leer ausgehen, sondern der Konzern ihnen ihr investiertes Geld komplett zurückerstatten kann. »Als apothekereigenes Unternehmen ist es uns ein besonderes Anliegen, dass die Inhaberinnen und Inhaber der Genussscheine ihr investiertes Kapital zurückerhalten«, so eine Sprecherin. Dank der positiven Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren sei dies nun möglich und »ein weiteres starkes Signal für die geplante und positive Gesamtentwicklung« des Unternehmens.