Noventi und BAH kritisieren Gematik für E-Rezept-Zuschlag |
Dass künftig alle E-Rezepte über einen Server laufen, der unter anderem von IBM und Zur Rose gebaut wurde, kritisieren der BAH und die Noventi. / Foto: Imago Images/Future Image
Die Pharmazeutische Zeitung hatte am heutigen Montagmorgen über den Gematik-Zuschlag berichtet. Inzwischen hat sich auch die Gematik selbst in einer Pressemitteilung zu der Vergabe geäußert. Auftragnehmer Nummer eins ist der IT-Konzern IBM. Nach Informationen der PZ hat sich IBM allerdings die Dienste vier weiterer Unternehmen gesichert. Eines dieser Unternehmen ist die Zur-Rose-Gruppe mit ihrer Tochter E-Health-Tec, die hierzulande unter anderem an einem E-Rezept-Projekt der Techniker Krankenkasse (TK) beteiligt ist.
Zur Erklärung: Die Gematik wurde mit dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) beauftragt, die Komponenten für das kommende deutsche E-Rezept-System zur Verfügung zu stellen. Denn ab 2022 soll in Deutschland nur noch elektronisch verordnet werden. Doch selbst ist die Gematik nicht in der Lage, das System aufzubauen – deswegen hatte sie im Mai dieses Jahres mehrere Ausschreibungen veröffentlicht. Die wichtigste darunter: die Entwicklung, Bereitstellung, Erlangung und Betriebszulassung des sogenannten Fachdiensts für das E-Rezept. Diesen Zuschlag hat nun das Konsortium unter der Leitung von IBM bekommen.
Außerdem beworben hatten sich dem Vernehmen nach der apothekereigene Konzern Noventi und das auf die Hilfsmittel-Abrechnung spezialisierte Unternehmen Optica. Die Noventi hat kein Verständnis für das Vorgehen der Gematik. Gegenüber der PZ erklärte Konzernchef Hermann Sommer: »Wir sind über diese Vergabe an international gesteuerte Konzerne sehr irritiert und enttäuscht, weil damit die bewährten deutschen Leistungserbringer zukünftig nur noch eine wesentlich reduziertere Rolle spielen und damit der bisher so hohe Standard der deutschen Gesundheitsversorgung großen Veränderungen unterliegen wird und möglicherweise nicht mehr gewährleistet werden kann.«
Man werde weiterhin für die Sicherstellung des »höchstmöglichen deutschen Datenschutzes und den Erhalt der flächendeckenden Gesundheitsversorgung auf mindestens gleichem Niveau wie heute zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger kämpfen«, so Hermann weiter. Der Noventi-Chef verlangt, dass die Politik nach der Vergabe an das IBM-Konsortium erneut tätig wird: »Wir fordern daher zusätzlich, dass das Zuweisungsverbot von Rezepten auf gesellschaftsrechtliche Verbindungen ausgeweitet wird.«
Und auch der BAH, der sich seit Jahren für den Erhalt der Apotheke vor Ort stark macht, ist besorgt. Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz sagte gegenüber der PZ: »Es ist schwer vermittelbar, dass bei einem solch sensiblen Projekt Teile von Firmengruppen involviert werden, die bekanntlich weitergehende Interessen haben. Letztendlich entscheidend ist, dass dem Zuschlag ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren vorausgegangen ist und der Betreiber des Fachdienstes weder Zugriff auf die Rezeptinhalte noch auf die Daten der Apotheken im Verzeichnis hat - noch eine Rezeptsteuerung ausüben kann.«
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.