Notdienst-Apotheken sollen Antibiotika-Bestände übermitteln |
Daniela Hüttemann |
28.04.2023 17:40 Uhr |
Um Eltern und kranken Kindern zusätzliche Wege zwischen ärztlichem Notdienst und Apotheke zu ersparen, sollen die diensthabenden Apotheken ihre Antibiotika-Bestände an die Notarztpraxen übermitteln. / Foto: Adobe Stock/Ralf Geithe
Unter Moderation des schleswig-holsteinischen Gesundheitsstaatssekretär Oliver Grundei haben sich am heutigen Freitag Vertretende der Apothekerkammer Schleswig-Holstein (AKSH), der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) sowie des Arzneimittelgroßhandels zur Situation insbesondere der Antibiotika-Versorgung für Kinder ausgetauscht, die als Notfälle in die Anlaufpraxen der KVSH außerhalb der üblichen Sprechzeiten kommen. Das Ergebnis gab heute das Landesministerium für Justiz und Gesundheit bekannt.
Vereinbart worden sei »ab sofort eine konstruktive Zusammenarbeit und eine engmaschigere Abstimmung«. Dazu gehöre, dass die Notdienstapotheken täglich ihre Warenbestände für die von der KVSH benannten antibiotischen Wirkstoffe an die jeweiligen Notdienstpraxen ihres Einzugsbereichs übermitteln. So sollen die Ärzte im Notdienst zielgerichteter verordnen können. Den Eltern können Wege erspart werden, wenn Rezepte nicht noch einmal neu ausgestellt werden müssen, falls das gewünschte Antibiotikum nicht vorrätig sein sollte.
»Wir sehen jetzt für die Notdienstversorgung im Rahmen der Verfügbarkeit eine Lösung, Kindern und Eltern so schnell wie möglich zu helfen und ihnen abends und an Wochenenden lange Wege zu ersparen«, sagte Monika Schliffke, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein.
Die Umsetzung weiterer Schritte zur Verbesserung der Versorgung sollen geprüft werden. Weitere Details, wie dies konkret aussehen soll, sind der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Apothekerkammerpräsident Kai Christiansen sagte: »Die Apothekerschaft hat seit Wochen auf die dramatische Lage bei Antibiotikasäften hingewiesen und konstruktive Lösungsvorschläge gemacht, um eine Versorgung der Patienten über die Notdienstapotheken sicherzustellen. Gut, dass die Sorgen der Apothekerschaft nun ernst genommen werden mit dem runden Tisch mit Vertretern des Ministeriums, des pharmazeutischen Großhandels, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Der dabei gefundene Lösungsversuch wird von der Apothekerkammer vollumfänglich unterstützt und mitgetragen.«
Hinter den offiziellen Statements verbergen sich jedoch einige Unstimmigkeiten. So würde die KVSH es präferieren, wenn die Notarztpraxen selbst sich mit Antibiotika-Säften bevorraten könnten. Das lässt allerdings das Arzneimittelrecht nicht zu, schließlich dürfen auch Ärzte im Notdienst nicht dispensieren. Darüber hinaus wäre der Ansatz auch nicht praktikabel, da im Moment schlicht kaum solcher Medikamente zur Verfügung stehen.
Daher hatte sich die Apothekerkammer dagegen ausgesprochen. In der Folge titelten die »Kieler Nachrichten« am Donnerstag, also kurz vor dem Runden Tisch: »Antibiotika-Krise: Apotheker stoppen Notlösung für Kinder«. Dem widersprach die Apothekerkammer scharf.
Die AKSH hatte stattdessen einen anderen Vorschlag gemacht: eine Belieferung der notdiensthabenden Apotheken mit einer »Antibiotika«-Kiste durch den pharmazeutischen Großhandel. Bei Bedarf kann die notdiensthabende Apotheke benötigte Präparate entnehmen und die Notwendigkeit der Entnahme durch geschwärzte Notdienstrezepte, die der Kiste beigelegt werden, belegen.
Der Großhandel nimmt die Kiste bei der nächsten Tour wieder mit und bringt sie zu der Apotheke, die den nächsten Notdienst übernimmt. Es sollen immer die Notdienstapotheken der nächsten drei Tage in diesem rollierenden System beliefert werden. Doch auch dieses System kann nur funktionieren, wenn überhaupt genügend Ware im Markt ist.
Eine der einfachsten Maßnahmen, die die Apothekerkammer vorgeschlagen hat, lehnt die KVSH allerdings bisher ab: Den Notdienst-Apotheken die direkten Durchwahlnummern der Anlaufpraxen zur Verfügung zu stellen.
Grundei dankte allen Beteiligten für die große Bereitschaft, gemeinsam die Versorgung zu verbessern. Die nun eingeleiteten Maßnahmen lösten nicht das Problem des derzeitigen Mangels, dass die Bundesregierung deutlich engagierter angehen müsse. Trotzdem hofft man, die Situation »im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten« zu verbessern.