Noch viel Potenzial für Digitalisierung |
| Lukas Brockfeld |
| 04.11.2025 15:54 Uhr |
Inga Bergen, Volker Dentel, Alexandra Widmer und Florian Fuhrmann (v.l.n.r.) sprachen über die Digitalisierung des Gesundheitswesens. / © Dietmar Gust
Mit dem E-Rezept und der elektronischen Patientenakte (ePA) wurden in jüngster Vergangenheit gleich zwei große Digitalisierungsprojekte im deutschen Gesundheitswesen umgesetzt. Doch kommen die neuen digitalen Anwendungen auch bei den Patienten und Leistungserbringern an? Darüber wurde am Dienstag auf der Handelsblatt-Jahrestagung »Health 2025« in Berlin diskutiert. Dafür wurden Florian Fuhrmann (Vorsitzender der Gematik-Geschäftsführung), Volker Dentel (Vorsitzender der KV-digital) und Alexandra Widmer (Ärztin und Gründerin der Plattform docsdigital) eingeladen. Die Moderation übernahm Inga Bergen.
Florian Fuhrmann wertete die jüngsten Digitalisierungsprojekte als großen Erfolg und verwies darauf, dass unlängst der Meilenstein von einer Milliarde eingelöster E-Rezepte erreicht wurde. »Wir bekommen wirklich sehr viel positives Feedback von Apotheken und Praxen. Aber wir hatten leider auch schon ein paar Ausfälle zu verzeichnen. Die sind natürlich bei so versorgungsrelevanten Themen besonders ärgerlich«, erklärte der Gematik-Geschäftsführer.
Volker Dentel beklagte, dass bisher nur wenige Patienten die ePA aktiv nutzen. Bisher hätten nur etwa vier Millionen Menschen ihre Gesundheits-ID aktiviert. »Nur sehr wenige Patienten haben ihre ePA freigeschaltet. Es gibt sehr komplexe Vorgaben, die sind natürlich sicherheitsrelevant, aber sie machen es den Leuten auch schwer«, erklärte Dentel.
Fuhrmann entgegnete, dass die Nutzung der ePA durch die Patienten nicht entscheidend sei. Wichtiger sei der Zugriff der Leistungserbringer. »Wir hatten 2,7 Millionen Uploads allein in der letzten Woche. 10 Millionen Medikationslisten wurden in einer Woche von Apothekern und Praxen eingesehen. Die Zahlen sprechen dafür, dass es in der Versorgung ankommt. Aber natürlich wünschen wir uns, dass auch mehr Patienten die ePA nutzen«, so Fuhrmann.
Die Anwesenden waren sich einig, dass die Daten der ePA in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden. Alexandra Widmer erzählte von einem ihrer schwer kranken Patienten, der alle seine Gesundheitsdaten von ChatGPT analysieren ließ, um so seine Behandlung zu optimieren. »Ich wusste sofort, das war ein Schlüsselmoment in meinem ärztlichen Berufsleben«, sagte Widmer. »Ich frage meine Patienten oft, ob sie vor unserem Gespräch KI genutzt haben. Jeder Zweite sagt Ja.«
Die KI hat mit den Daten der ePA großes Potenzial in der Gesundheitsversorgung. Florian Fuhrmann erklärte, dass künstliche Intelligenz gerade die Patientensteuerung und die Ersteinschätzung verbessern könne. »Da müssen wir natürlich überlegen, wie wir die ePA einstellen und strukturieren können, damit die KI die Daten auch nutzen kann. Das ist auch für den Arzt wichtig, damit die wichtigen Informationen sofort für ihn sichtbar sind«, so der Gematik-Chef.
Doch Daten und Software haben in der Medizin auch ihre Grenzen. »KI wird in den nächsten Jahren viel monotone Arbeit ersetzen. Aber ich glaube fest daran, dass es den Arzt oder den Psychotherapeuten nicht ersetzen wird. Es muss immer ein Mensch mit seiner Empathie draufschauen«, war sich Volker Dentel sicher.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.