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Diskussion mit Ministerin Warken

Noch längst nicht alles geklärt

Nach ihrer Rede beim Deuschen Apothekertag in Düsseldorf stellte sich Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Fragen von ABDA-Präsident Thomas Preis und PZ-Chefredakteur Alexander Müller. Sie machte deutlich, dass sie zu einem konstruktiven Dialog über die geplante Apothekenreform bereit ist – und ihre beiden Gesprächspartner unterstrichen, dass hierfür auch Bedarf besteht.

Die Erwartungen an den Auftritt der Ministerin waren hoch gewesen, doch erfüllt wurden sie nur teilweise. Zwar hatte Warken in ihrer Rede vor den Delegierten in Düsseldorf einige Reformpläne in Aussicht gestellt, die schon lange auf der Wunschliste der Apotheker stehen. Doch den dringlichsten Wunsch konnte sie zunächst nicht erfüllen: den nach einer Erhöhung des Fixums von 8,35 Euro auf 9,50 Euro pro abgegebener Rx-Arzneimittelpackung.

Spürbar wurde dennoch, dass das Klima zwischen der Ministerin und den Apothekern deutlich besser ist, als es bei ihrem Vorgänger im Amt gewesen war. Dass Warken betonte, wie gerne sie persönlich nach Düsseldorf gekommen sei, war sicherlich auch als ein Seitenhieb auf Karl Lauterbach (SPD) zu verstehen, der sich stets nur per Video in die Hauptversammlung hatte zuschalten lassen. Die Ministerin berichtete von ihren Erfahrungen bei einem Besuch in der Möhler-Apotheke in Igersheim im Juli dieses Jahres. Dort habe sie auch unter Aufsicht eine einfache Rezeptur herstellen dürfen.

»Politik funktioniert allerdings leider nicht wie die Umsetzung einer Rezeptur«, sagte Warken. Es seien häufig gegenläufige Interessen unter einen Hut zu bringen – meist seien Vorhaben nicht 1:1 durchzubringen. Die bedauere selbst, dass die Anhebung des Fixums angesichts der desaströsen Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) derzeit nicht möglich sei. Hier konterte Müller, der im Bild der Rezeptur blieb: »Ich bin zwar wie Sie kein Apotheker, aber so viel habe ich verstanden: Wenn man bei einer Rezeptur den Wirkstoff weglässt, wird es schwierig.« Die Apotheken seien dringend auf eine Stabilisierung ihrer wirtschaftlichen Situation angewiesen.

»Eine dringend benötigte Soforthilfe«

»Die Anhebung des Fixums ist eine dringend benötigte Soforthilfe«, stellte auch Preis klar. Mit ihr müsse nachgeholt werden, was seit zwei Jahrzehnten verpasst wurde. Um auskömmlich zu wirtschaften, bräuchten Apotheken eigentlich sogar mehr als das, nämlich 13 oder 14 Euro pro Rx-Packung. »Apotheker sparen den Kassen jedes Jahr allein 5 Milliarden Euro durch die Umsetzung der Rabattverträge. Das darf man in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht vergessen«, sagte Preis.

Eine mögliche wirtschaftliche Entlastung, die Warken in Aussicht gestellt hatte, ist die Verdopplung des Notdienstzuschusses. Allerdings soll dies aus dem Finanztopf der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) bezahlt werden, was Preis nicht gutiert. »Wie sollen dann die pDL bezahlt werden, wenn der Topf leer ist? Wenn wird dann direkt mit den Krankenkassen abrechnen sollen, drohen Nullretaxationen«, befürchtet der ABDA-Präsident. »Wir sehen gerade, dass der pDL-Topf sehr gut gefüllt ist und das Geld nur schleppend abfließt«, konterte Warken. »Wir haben da Geld liegen, das momentan nicht genutzt wird, und das ändern wir jetzt.«

Der ABDA-Präsident bemängelte noch zwei weitere Punkte an den Plänen der Ministerin: dass künftig in einem Filialverbund alle bis auf eine Apotheke auf die Anfertigung von Rezepturen verzichten dürfen sollen und die geplante Kompetenzerweiterung für PTA.

»Wie sollen Patienten erkennen können, in welchen Apotheken sie welche Leistungen erhalten?«, fragte Preis mit Blick auf den erstgenannten Aspekt. Es sei wichtig, dass auch in Zukunft alle Apotheken Rezepturen anfertigen.

PTA: Unerlässlich für die Apotheken, aber keine Apotheker

Mit Blick auf den zweiten Punkt betonte Preis, dass PTA unerlässlich für den Betrieb einer Apotheke seien. Ihre Wertschätzung für den Berufsstand zeige die Apothekerschaft auch dadurch, dass sie PTA-Schulen unterstütze. Gar nicht einverstanden sei er aber damit, weitergebildeten PTA eine zeitweise Vertretung der Apothekenleitung zu ermöglichen. »Aus unserer letzten Umfrage wissen wir, dass PTA gar keine Apotheken führen wollen. Und sie haben dafür auch nicht die Ausbildung«, betonte der ABDA-Präsident.

Der Vorschlag sei sowohl aus Sicht der Patienten- als auch der Arzneimittelsicherheit heikel. Falsch angewendet, seien Arzneimittel sehr gefährliche Produkte; schon der Austausch von schnell auflösenden und Retard-Arzneiformen könne gravierende Konsequenzen haben. »Was da passieren kann – das will sicher auch das BMG nicht verantworten.«

Bei der Abgabe von Arzneimitteln müsse ein Apotheker oder eine Apothekerin anwesend sein. »Keiner setzt sich in ein Flugzeug, wenn der Pilot im Home Office ist und stattdessen der Flugingenieur fliegt.« Die Apothekenleitung sei Aufgabe eines studierten Apothekers oder Apothekerin. »Diese Aufgaben sind nicht delegierbar.«

Warken betonte, dass die von ihr vorgeschlagenen Pläne keineswegs denen von Lauterbachs sogenannter Apotheke light entsprächen. Es gehe um eine Vertretung »in engerem Rahmen, mit klaren Vorgaben« und nach entsprechender Weiterbildung. Damit solle eine mögliche Lösung für Personalengpässe gerade in kleineren Apotheken mit nur einer Apothekerin oder einem Apotheker geschaffen werden. Die Apothekenleitung durch eine PTA dürfe nicht die Regel, sondern nur eine Ausnahme sein, als »Randzeitvertretung« und nicht etwa regelmäßig mehrere Tage die Woche, aber »durchaus in größerem Umfang, wenn sich so eine Schließung verhindern lässt«. Wie genau die Befugnisse der weitergebildeten PTA aussehen sollen, blieb somit noch vage.

Auf die Aufhebung des Skonto-Verbots angesprochen, bestätigte die Ministerin, dass dies per Verordnung sofort kommen solle. Preis begrüßte dies als »Schritt in die richtige Richtung«. Die Maßnahme könne den Apotheken etwa eine halbe Milliarde Euro bringen und sei außerdem ordnungspolitisch wichtig.

Versandhandel besser kontrollieren

Applaus erntete Preis, als er betonte, dass sichergestellt werden müsse, »dass Versandhändler nicht Tag für Tag das Recht brechen«. Er sehe hier zuvorderst die Politik in der Pflicht – im Gegensatz zu Warken: Auch die GKV und die Apothekerschaft selbst könnten Rechtsbrüche ahnden, so die Ministerin. Die Problematik sei insgesamt sehr komplex. Insgesamt brauche es einen Mix aus Maßnahmen, um das bestehende Recht durchzusetzen und zu prüfen, wo es noch Lücken gibt.

»Das Hauptproblem ist, dass der Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln überhaupt zugelassen wurde«, nutzte der ABDA-Präsident diese Steilvorlage. In wenigen europäischen Ländern sei der Versand von Rx-Arzneimitteln überhaupt erlaubt. Warken ist für einen neuen Vorstoß in Richtung Rx-Versandverbot prinzipiell offen, hat aber europarechtliche Bedenken. »Ich kann aber die Möglichkeiten, die es gibt, noch einmal prüfen«, sagte sie.

Eine weitere Baustelle, die noch angegangen werden müsse, seien die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept, sagte Warken. Hier müssten die Systeme dringend stabilisiert werden, zudem müssten die beiden Produkte noch weiterentwickelt werden. Sie dankte der Apothekerschaft, die auf diesem Gebiet eine Stütze sei. Man befände sich im Austausch hierzu. »Allen ist klar, dass noch nachjustiert werden muss.«

Preis zeigte sich sehr zufrieden damit, einen Dialog mit der Bundesgesundheitsministerin zu haben und sich gegenseitig vertrauen zu können. 

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