Neues Notdienstsystem in Hessen gestartet |
Cornelia Dölger |
05.01.2024 12:00 Uhr |
Seit Anfang des Jahres gibt es eine Neuregelung für Apothekennotdienste in Hessen. / Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer
Immer weniger Apotheken – das bedeutet auch, dass Notdienste auf immer weniger Betriebsstätten verteilt werden müssen. Um besonders stark betroffene Apotheken zu entlasten, hat die Landesapothekerkammer Hessen bereits im vergangenen Sommer und Herbst die Weichen für einen Neuzuschnitt gestellt. Dieser ist mit dem neuen Jahr nun wirksam geworden.
Demnach gilt in Hessen jetzt eine neue Dienstbereitschaftsrichtlinie: Die Maximalentfernung zwischen den öffentlichen Apotheken im ländlichen Raum soll dann von 20 auf 25 Kilometer angehoben werden – in Ausnahmefällen gelten 30 Kilometer. Neben den größeren Zuschnitten wurde gleichzeitig auf ein digitales System umgestellt, das geodatenbasiert die Apotheken zur Dienstbereitschaft einteilt.
Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke zeigte sich gegenüber der PZ erfreut über die Neuregelung. Diese bringe wesentliche Erleichterungen gerade für die Apotheken, die in der Vergangenheit besonders belastet gewesen seien. »Die alten Notdienstbezirke sind aufgelöst, ganz Hessen ist ein Bezirk«, so Funke. Die Entfernungen außerhalb der Großstädte seien von 20 auf 25 Kilometer erhöht worden, in Kassel, Offenbach, Wiesbaden, Darmstadt haben demnach immer mindestens zwei, in Frankfurt sechs Apotheken Notdienst.
Auf der Grundlage der Geodaten jeder Apotheke ermittele ein Computersystem die Einteilung und verhindere, dass zwei benachbarte Apotheken gleichzeitig eingeteilt werden. Dadurch gebe es zwar keinen gleichmäßigen Turnus für die einzelne Apotheke, aber Tauschmöglichkeiten untereinander seien möglich. »Wir stehen jetzt am Start, werden Erfahrungen sammeln, die ins System eingespeist werden, und müssen die neue Regelung für das Ministerium evaluieren«, so Funke.
Dass sich mit dem neuen Zuschnitt teils größere Entfernungen für die Patientinnen und Patienten ergeben könnten, sei zumutbar, so Funke weiter. »Als Kammer müssen wir die zumutbare Belastung der Bevölkerung und die Belastung der Apotheken und ihrer approbierten Mitarbeiter abwägen.« Angesichts der sinkenden Apothekenzahlen und weil die Bundesregierung »keinerlei Einsicht für eine nachhaltige Stärkung der wirtschaftlichen Situation der Apotheken vor Ort« zeige, müsse sich auch beim Notdienst etwas ändern, damit die Belastung der Apotheken nicht noch weiter steige.
Die Kammer hatte ihre Mitglieder im Oktober darüber informiert, dass der Notdienstkalender für das Jahr 2024 bereitgestellt werde. Den Notdienstkalender finden die Mitglieder demnach auf der Homepage der Landesapothekerkammer Hessen im geschützten Bereich mit den Zugangsdaten. Unter dem Reiter »Mein Notdienst« muss laut Kammer die Apotheke und der Zeitraum 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024 eingegeben werden – danach wird Aufstellung der Notdienste, für die Ihre Apotheke im kommenden Jahr eingeteilt ist, angezeigt.
Wie die »Offenbach-Post« am heutigen Donnerstag berichtet, kommt die Neuregelung bei Apotheken in der Region gut an. »Früher hatten wir alle 21 Tage Notdienst, jetzt wird es mehr verteilt«, sagte demnach Raphael Perl, Filialleiter der Spitzweg-Apotheke im Fachärztezentrum in Langen. Den Grundgedanken, die Apotheken mit dem gleichmäßigen Netz anstatt der früheren engmaschigen Kreise zu entlasten, könne er nachvollziehen. »Gerade im ländlichen Raum gibt es teilweise Apotheken, die unverhältnismäßig oft Notdienste haben.«
»Die alten, kreisbezogenen Pläne stammen aus einer Zeit ohne Internet«, ergänzte der Egelsbacher Pharmazeut Pierre Theuerkauf laut der Zeitung. Wer eine Tankstelle suche, tue dies schließlich auch über die geringste Entfernung in seinem Umkreis und nicht zwingend innerhalb der Stadt- oder Kreisgrenzen. Ein Wermutstropfen sei jedoch, dass es künftig keine gedruckten Jahrespläne mehr für Kunden gebe, den Aushang müsse er selbst schreiben. Aber das seien »nur Anfangsschwierigkeiten«.
Seit dem 1. Januar sind auch die Notdienste in Rheinland-Pfalz neu geregelt. Mit Hilfe eines IT-gestützten Systems würden die Dienste anders verteilt als bisher, teilte die Kammer mit. Wegen der vielen Apothekenschließungen sei es zuletzt zu einer Schieflage bei der Notdienstverteilung gekommen, so Stefan Friebis, Sprecher der Kammer. Die neue Notdienstverteilung schließe weitere geografische Parameter mit ein, sodass eine gerechte Verteilung unter den Notdienst-Apotheken möglich werde. Auch hier könne es dazu kommen, dass Patientinnen und Patienten dadurch weitere Strecken zurücklegen müssten. Die Wegstrecke »auf dem Land« werde von 25 auf nun maximal 30 Kilometer zur nächsten Notdienstapotheke erweitert.