Neues Medikament in den USA zugelassen |
Sven Siebenand |
02.10.2025 16:20 Uhr |
Die chronisch spontane Urtikaria ist eine systemische Autoimmunerkrankung und äußert sich durch plötzlich auftretende Angioödeme und / oder Quaddeln. / © Imago Images/Shotshop
Die chronisch spontane Urtikaria (csU) ist eine systemische Autoimmunerkrankung und äußert sich durch plötzlich auftretende Angioödeme und / oder Quaddeln. Diese zum Teil sehr belastenden und unvorhersehbaren Beschwerden können Betroffene in ihrer Lebensqualität stark einschränken. Die Erkrankung kann in allen Altersgruppen auftreten, am häufigsten ist sie jedoch im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, wobei Frauen fast doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Schätzungsweise eine halbe Million Menschen sind allein in Deutschland davon betroffen.
H1-Antihistaminika kommen bei einer systemischen Therapie als Mittel der ersten Wahl bei csU zum Einsatz. Oft lassen sich die Symptome mit ihnen aber nur unzureichend behandeln. Dann kann zum Beispiel der Antikörper Omalizumab (Xolair®) als Zweitlinientherapie zum Einsatz kommen.
In den USA ist mit Remibrutinib nun ein weiterer Wirkstoff für die Zweitlinientherapie zugelassen worden. Er darf bei erwachsenen Patienten angewendet werden, deren Symptome mit H1-Antihistaminika nur unzureichend kontrolliert sind. Auch bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA wird bereits ein Zulassungsantrag für Remibrutinib als Zweitlinientherapie der csU geprüft.
Remibrutinib gehört zur Wirkstoffklasse der Hemmstoffe der Brutonkinase (BTK), die man bisher insbesondere aus dem onkologischen Bereich kennt. Die Aktivierung der BTK-Signalkaskade sorgt bei csU aber auch für die Ausschüttung von Histamin und proinflammatorischen Mediatoren, was letztlich Quaddeln und Schwellungen verursacht. Durch die Blockade von BTK wird dieser Vorgang verhindert. Remibrutinib ist ein hochselektiver, kovalenter, oral zu verabreichender BTK-Inhibitor.
Die US-Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studien REMIX-1 und -2 bei Patienten, die unter H1-Antihistaminika der zweiten Generation weiterhin symptomatisch waren. Remibrutinib zeigte in Woche 12 im Vergleich zu Placebo eine überlegene Veränderung gegenüber dem Ausgangswert hinsichtlich Juckreiz, Nesselsucht und wöchentlicher Urtikaria-Aktivität. Deutlich mehr Patienten der Verumgruppe erreichten in Woche 2 und in Woche 12 eine gut kontrollierte Erkrankung, und ein Drittel der Patienten unter Remibrutinib war in Woche 12 komplett frei von Juckreiz und Nesselsucht.
Die in der US-Fachinformation empfohlene orale Dosierung beträgt zweimal täglich 25 mg. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, Übelkeit, Bauchschmerzen und Blutungen. Zu Letzteren gibt es einen speziellen Warnhinweis. Die Patienten sollen auf Anzeichen und Symptome von Blutungen achten und die Therapie unterbrechen, wenn Blutungen beobachtet werden. Die gleichzeitige Anwendung von Antithrombotika kann das Blutungsrisiko weiter erhöhen.
Ferner wird empfohlen, dass Patienten unter Remibrutinib keine Lebendimpfstoffe erhalten sollen. Zudem sollten starke oder moderate CYP3A4-Hemmer und -Induktoren nicht zusammen mit Remibrutinib gegeben werden.
Neben der csU wird Remibrutinib übrigens auch bei anderen immunvermittelten Erkrankungen untersucht, etwa bei multipler Sklerose, Sjögren-Syndrom und Erdnussallergie. Gut möglich also, dass man von diesem BTK-Hemmer zukünftig noch mehr hören wird.