Pharmazeutische Zeitung online
Efgartigimod alfa

Neues Immunsuppressivum auf dem Markt

Efgartigimod alfa (Vyvgart®) ist ein neues Immunsuppressivum, das zur Behandlung von Patienten mit Myasthenia gravis bestimmt ist. Aufgrund seiner allgemeinen Wirkung gegen IgG-Antikörper sind künftig auch noch weitere Indikationen denkbar.
Annette Rößler
12.10.2022  07:00 Uhr

Myasthenia gravis bedeutet übersetzt »schwere Muskelschwäche«. Kennzeichen der seltenen Erkrankung ist eine belastungsabhängige Muskelschwäche, die sich in Ruhe wieder bessert. Im Fall der generalisierten Myasthenia gravis (gMG) betrifft diese den gesamten Körper. Zugrunde liegt bei 80 bis 90 Prozent der Patienten ein autoimmunes Geschehen, nämlich die Bildung von Autoantikörpern, die sich gegen den Acetylcholinrezeptor (AChR) richten. Dadurch ist die neuromuskuläre Erregungsübertragung gestört.

Grundpfeiler der Pharmakotherapie bei gMG sind Cholinesterase-Inhibitoren wie Pyridostigmin und Neostigmin sowie Glucocorticoide und Azathioprin zur Immunsuppression. Die Therapie kann bei Bedarf (vorübergehend) eskaliert werden, zum Beispiel mit Rituximab oder Cyclophosphamid. Hilfreich kann es auch sein, die Thymusdrüse operativ zu entfernen. Unter Ausschöpfung der therapeutischen Möglichkeiten haben Patienten mit gMG heute eine normale Lebenserwartung, doch ist die Belastung durch die erforderliche Therapie hoch.

Als neue Option bei gMG steht nun Efgartigimod alfa (Vyvgart® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Argenx) zur Verfügung. Das Mittel darf bei erwachsenen Patienten, die Anti-AChR-Antikörper-positiv sind, zusätzlich zur Standardtherapie angewendet werden.

Es handelt sich um ein Fc-Fragment des humanen rekombinanten Immunglobulins G1 (IgG1), das an den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) bindet. Dieser intrazelluläre Rezeptor ist an einem Recyclingprozess beteiligt, der spezifisch für IgG-Antikörper ist: Bindet ein IgG mit seiner Fc-Region an den FcRn, wird es nicht abgebaut, sondern aus der Zelle hinausbefördert und wieder freigesetzt. Ist der FcRn durch Efgartigimod alfa blockiert, können andere IgG nicht daran binden und werden nicht recycelt, sondern abgebaut. Unter dem Strich sorgt Efgartigimod alfa so dafür, dass die Spiegel aller IgG-Antikörper sinken, auch der der pathogenen Autoantikörper. Andere Immunglobuline, etwa IgA, IgD, IgE oder IgM, werden nicht beeinflusst.

Die empfohlene Dosis beträgt 10 mg pro kg Körpergewicht, jedoch maximal 1200 mg, einmal wöchentlich über vier Wochen. Dies entspricht einem Zyklus. Weitere Zyklen sind verlaufsabhängig möglich, wobei die Sicherheit nicht erwiesen ist, wenn zwischen den Zyklen weniger als sieben Wochen liegen.

Während der Gabe von Efgartigimod alfa und eine Stunde danach müssen die Patienten auf Infusionsreaktionen überwacht werden. Tritt eine solche ein, sollte die Infusion unterbrochen werden und es sollten geeignete unterstützende Maßnahmen eingeleitet werden. Nach Abklingen der Reaktion kann die Infusion gegebenenfalls mit einer langsameren Infusionsgeschwindigkeit fortgesetzt werden.

Infektionsrisiko steigt

Infolge der vorübergehenden Verringerung der IgG-Spiegel kann sich das Infektionsrisiko der Patienten erhöhen. Sie sollten entsprechend überwacht werden. Kommt es zu einer schwerwiegenden Infektion, sollte in Betracht gezogen werden, die Behandlung mit Efgartigimod alfa zu verschieben, bis die Infektion abgeklungen ist. Impfungen mit (attenuierten) Lebendimpfstoffen werden unter der Therapie nicht empfohlen. Andere Impfstoffe können gegeben werden, wenn die letzte Infusion eines Behandlungszyklus mindestens zwei Wochen zurückliegt und der nächste Zyklus frühestens vier Wochen später beginnt.

Der Einsatz von Efgartigimod alfa in Schwangerschaft und Stillzeit sollte nur in Erwägung gezogen werden, wenn der klinische Nutzen die Risiken überwiegt. Wenn eine Frau während der Schwangerschaft mit dem Medikament behandelt wurde, ist beim Neugeborenen ein verringerter Nestschutz zu erwarten.

Die Sicherheit des neuen Arzneimittels wurde in einer 26-wöchigen, doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie mit 167 Patienten mit gMG untersucht. Von den Probanden waren 129 Anti-AChR-Antikörper-positiv; nur sie wurden bei der Beurteilung der Wirksamkeit berücksichtigt. Die Patienten erhielten zusätzlich zu ihrer bestehenden Therapie entweder Efgartigimod alfa in dem empfohlenen Dosierungsschema mit maximal drei Behandlungszyklen oder Placebo.

Für die Bewertung der Wirksamkeit wurden verschiedene validierte Fragebögen herangezogen, darunter »Myasthenia Gravis Activities of Daily Living« (MG-ADL). Dieser Score umfasst Werte von 0 bis 24, wobei höhere Werte eine stärkere Beeinträchtigung bedeuten. In der Studie war ein MG-ADL-Responder definiert als ein Patient mit einer Verringerung des MG-ADL- Scores um mindestens zwei Punkte gegenüber dem Ausgangswert vor dem Behandlungszyklus. Die Verbesserung durfte dabei nicht später als eine Woche nach der letzten Infusion des Zyklus einsetzen und musste über mindestens vier Wochen bestehen bleiben.

Als primärer Wirksamkeitsendpunkt wurde der Prozentsatz der MG-ADL-Responder während des ersten Behandlungszyklus erfasst. Er betrug in der Efgartigimod-alfa-Gruppe 67,7 Prozent (44 von 65 Patienten) und in der Placebogruppe 29,7 Prozent (19 von 64 Patienten). Die überlegene Wirksamkeit von Efgartigimod alfa blieb nach dem zweiten Behandlungszyklus bestehen und bestätigte sich auch unter Verwendung eines anderen Fragebogens (»Quantitative Myasthenia Gravis«, QMG).

Häufigste Nebenwirkungen waren Infektionen der oberen Atemwege (10,7 Prozent der Behandelten) und Harnwegsinfektionen (9,5 Prozent). Häufig kam es darüber hinaus zu Bronchitis, Myalgie und Kopfschmerzen. Die Infektionen waren leicht bis mittelschwer; sie führten bei weniger als 2 Prozent der Patienten zu einem Therapieabbruch oder erforderten eine Unterbrechung der Therapie.

Vyvgart wird im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C originalverpackt gelagert. Vor der Anwendung wird das Arzneimittel mit isotoner Kochsalzlösung verdünnt. Dabei ist zu beachten, dass das Gesamtvolumen der fertigen Lösung 125 ml betragen muss. Dem Infusionsbeutel muss also im Zuge der Zubereitung vor dem Zusatz des Konzentrats ein entsprechendes Volumen Kochsalzlösung entnommen werden.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa