Neuer Studiengang zur Arzneimitteltherapiesicherheit |
Carolin Lang |
23.12.2021 13:00 Uhr |
Der neue Studiengang AMTS soll den Studierenden unter anderem die Rollen und Verantwortlichkeiten anderer Berufsgruppen bei der Arzneimitteltherapie näherbringen. / Foto: Adobe Stock/LuckyBusiness
»Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist sowohl Weg als auch Ziel des neuen Studiengangs«, erklärt Professor Dr. Ulrich Jaehde von der Abteilung Klinische Pharmazie an der Universität Bonn im Gespräch mit der PZ. Es gehe hier nicht darum, den Studierenden nur Arzneimittelkenntnisse zu vermitteln. »Vielmehr sollen sie Fähigkeiten und Kompetenzen erlangen, um im Berufsleben vor Ort Sicherheitslücken im Medikationsprozess zu erkennen und in Kooperation mit allen Beteiligten zu schließen«, führt der Leiter des neuen Studiengangs weiter aus. »Wir wollen Multiplikatoren ausbilden, die Spezialwissen in die Fläche tragen und alle Beteiligten einschließlich der Patienten in die Lage versetzen können, mit zielgerichteten Maßnahmen vor Ort die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern.«
Der zweijährige Studiengang richtet sich an alle Berufsgruppen mit einem Bachelor- oder Staatsexamensabschluss, die direkt oder indirekt an der Arzneimitteltherapie beteiligt sind. Die wichtigsten Zielgruppen sind laut Jaehde Apotheker, Ärzte und Pflegefachpersonen. Aber auch andere Berufsgruppen wie Medizininformatiker oder Versorgungsforscher könnten sich bewerben. »Voraussetzung ist eine mindestens einjährige berufliche Tätigkeit mit Bezug zur AMTS«, so Jaehde. Für das Wintersemester 2022/23 sei vorerst eine Semestergröße von insgesamt 20 Studierenden vorgesehen. Darüber hinaus könnten ausgewählte Module des Studiengangs als Zertifikatskurse absolviert werden, um vertiefte Kenntnisse in ausgewählten Bereichen zu erwerben.
Da das Studium berufsbegleitend möglich sein soll, wird es überwiegend digital stattfinden. Neben den digitalen Lehrformaten sollen laut Jaehde pro Semester auch einige verpflichtende Präsenzveranstaltungen abwechselnd an jedem der drei Standorte stattfinden. »Themen, die sich in Präsenz besser vermitteln lassen, werden vor Ort stattfinden. Dazu gehört beispielsweise die Kommunikation im interprofessionellen Team, die mit Rollenspielen trainiert werden kann.«
»Das besondere an dem Studiengang ist, dass er sowohl seitens der Studierenden als auch der Lehrenden interprofessionell gestaltet ist«, erklärt Jaehde weiter. Die drei beteiligten Universitäten bringen jeweils ihre Expertisen und Netzwerke aus den Fächern Pharmazie, Medizin und Pflegewissenschaft ein. Die Studierenden sollen das Erlernte später auf alle Bereiche anwenden können, in denen AMTS eine Rolle spielt – beispielsweise in Krankenhäusern, Pflegeheimen, in der ambulanten Pflege oder der Apotheke.
Die Inhalte des Studiums sind im aktuellen Mustercurriculum in Pflicht- und Wahlpflichtmodule unterteilt. Die sieben Pflichtmodule sind Arzneimitteltherapie, Grundlagen und Systeme, AMTS-Maßnahmen, Kommunikation, Patientenzentrierung, Translation und wissenschaftliche Methoden. In vier weiteren Wahlpflichtmodulen können die Studierenden ihr AMTS-Wissen für einen bestimmten Sektor oder eine bestimmte Patientengruppe vertiefen. Zudem sind ein viermonatiges Praktikum an einer Institution mit AMTS-relevanten Tätigkeiten sowie eine abschließende Masterarbeit vorgesehen.
Interessierte können sich ab Mitte Januar per E-Mail (amts@uni-bonn.de) an die Koordinatorin des Studiengangs, Dr. Judith Hildebrand, wenden.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fördert die Einrichtung des neuen Studiengangs. Bereits im Jahr 2007 hatte das BMG einen ersten Aktionsplan zur Verbesserung der AMTS in Deutschland herausgegeben. Ein weiterer Plan von 2016 bis 2019 sah als Maßnahme ein Modellprojekt zur Entwicklung und Evaluation eines universitären, weiterbildenden Masterstudiengangs AMTS vor.
Im Zuge dessen starteten die drei Universitäten Bonn, Heidelberg und Tübingen im Februar 2019 das Projekt SINA: »Strukturiertes interprofessionelles Studienangebot zur Arzneimitteltherapiesicherheit: Bedarfsanalyse und Konzeption eines Mustercurriculums.« Dieses umfasste eine Bedarfsanalyse, in der potenzielle Studierende, Arbeitgebende, Berufsverbände sowie Dozierende zu strukturierten Studienangeboten im Bereich AMTS befragt wurden und die Konzeption eines berufsbegleitenden Studienangebots zur AMTS mit anwendungsorientierter Ausrichtung. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für den neuen Studiengang.
»Das ebenfalls vom BMG geförderte Folgeprojekt zur Einrichtung des Studiengangs startet Anfang Januar. Zunächst müssen wir eine Prüfungsordnung ausarbeiten und die Akkreditierung beantragen«, berichtet Jaehde abschließend. Dann kann es im Oktober mit dem neuen Studiengang losgehen.