Neuer Aufschwung für die Pharmaindustrie? |
Lukas Brockfeld |
05.06.2025 13:30 Uhr |
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will mit Steuerentlastungen die Wirtschaft ankurbeln. / © Imago/Bernd Elmenthaler
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Dauerkrise. Die Bundesregierung will die Unternehmen daher steuerlich entlasten und so für Investitionen und neues Wachstum sorgen. Daher hat das Kabinett am Mittwoch ein Gesetz für ein umfangreiches steuerliches Investitionssofortprogramm beschlossen.
Mit dem Gesetz, das noch vor der Sommerpause in Kraft treten könnte, sollen kurzfristig steuerliche Rechtsänderungen umgesetzt werden. Damit will die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken. Außerdem sollen neue Anreize und Planungssicherheit für Standort- und Investitionsentscheidungen geschaffen werden.
Der Gesetzesentwurf beinhaltet vier wesentliche Maßnahmen. Insgesamt sollen die deutschen Unternehmen in den Jahren 2025 bis 2029 um fast 46 Milliarden Euro entlastet werden:
»Wir kurbeln mit unserem Wachstumsbooster jetzt die Wirtschaft an. Damit sichern wir Arbeitsplätze und bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs«, erklärte Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) in einer Pressemitteilung seines Ministeriums. »Nach gerade einmal vier Wochen im Amt legen wir damit die ersten wichtigen Reformen vor, um für neue wirtschaftliche Stärke zu sorgen. Damit geben wir der Wirtschaft die dringend notwendige Planungssicherheit und schaffen starke Investitionsanreize. Den Standort Deutschland machen wir international wettbewerbsfähiger.«
Das Entlastungspaket der Bundesregierung könnte auch der deutschen Pharmaindustrie helfen. Doch die ersten Reaktionen der Branche fallen gemischt aus. So erklärte Claus Michelsen, Chefvolkswirt des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), auf Nachfrage der PZ, dass er in dem Gesetz einen »notwendiger erster Impuls« für die deutsche Wirtschaft sehe, dessen Wirkung jedoch erst mittelfristig eintreten dürfte.
»Es verspricht spürbare Entlastungen für Unternehmen und soll über steuerliche Anreize Investitionen fördern sowie die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Kurzfristig ist eine moderat höhere Wirtschaftsleistung von bis zu vier Zehntel Prozent möglich, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Langfristig dürfte sich insbesondere die Förderung von Forschung und Entwicklung bemerkbar machen und positive Investitionsanreize setzen, während Maßnahmen wie die Sonderabschreibung für E-Autos eher kurzfristige Effekte entfalten«, erklärte der Ökonom.
Der Erfolg des Maßnahmenpakets hängt laut Michelsen wesentlich davon ab, ob die durch das Programm gewonnenen fiskalischen Spielräume strategisch klug für Infrastruktur, Digitalisierung und regionale Transformation genutzt werden.
Auch Dorothee Brakmann, Geschäftsführerin von Pharma Deutschland, begrüßt die aus ihrer Sicht dringend erforderliche Initiative der Bundesregierung. »Insbesondere die geplante Anpassung der steuerlichen Forschungszulage ist aus der Perspektive der forschungsintensiven Pharmabranche ein grundsätzlich positives Signal. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage von 10 auf 12 Millionen Euro sowie die Berücksichtigung von Gemein- und Betriebskosten über einen pauschalen Abschlag von 20 Prozent sind erste sinnvolle Schritte, um die Attraktivität der Forschungsförderung zu erhöhen und den Zugang zu erleichtern«, erklärte Brakmann auf Nachfrage der PZ.
Doch der Verband sieht in dem Ausschluss vieler international tätiger Pharmaunternehmen von der Forschungszulage ein Problem. Laut dem Gesetzentwurf ist nur eigenbetriebliche Forschung in Deutschland förderfähig. »Dies führt dazu, dass Unternehmen mit zentralisierter IP- und Forschungsstruktur, deren deutsche Gesellschaften im Rahmen von konzerninterner Auftragsforschung tätig sind, derzeit nicht antragsberechtigt sind – selbst wenn die Forschung physisch, personell und inhaltlich in Deutschland stattfindet«, so Brakmann.
Pharma Deutschland schlägt daher vor, die Forschungszulage für Auftragsforschung innerhalb von Unternehmensgruppen zu öffnen, sofern die Forschung nachweislich in Deutschland stattfindet.
Der Verband Pro Generika sieht in dem Investitionsprogramm keine Vorteile für die Versorgungssicherheit mit Generika. »Zunächst muss politisch entschieden werden, bei welchen Arzneimitteln Deutschland beziehungsweise Europa unabhängiger werden wollen von China. Dazu muss es dann entsprechende Investitionszuschüsse geben. Vor allem aber muss die Produktion vieler Generika für Unternehmen wieder wirtschaftlich werden. Ansonsten gibt es für die Unternehmen keine Anreize, diese lebenswichtigen Arzneimittel zu produzieren – und sie ziehen sich aus dem Markt zurück«, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrager der PZ. Bislang sei noch kein entsprechendes Gesetz in Arbeit.