Neuer Arzneistoff verbessert Fettleber-Symptome und Fibrose |
Daniela Hüttemann |
12.02.2024 15:30 Uhr |
Seit Jahren wird an Wirkstoffen gegen Fettleber-Erkrankungen wie NASH geforscht; bislang gibt es noch kein einziges dementsprechend zugelassenes Medikament. / Foto: Getty Images/mi-viri
Verfettet die Leber, zum Beispiel durch Alkohol, Übergewicht und ungesunde Ernährung, kommt es zu einer dauerhaften Entzündung. Die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) ist eine progressive Lebererkrankung, bedingt durch metabolische Faktoren. Mit der Zeit kann es zu einer Fibrotisierung bis hin zur Leberzirrhose, Leberkrebs und Leberversagen kommen. Die Erkrankung wird derzeit umbenannt in MASH (Metabolic Dysfunction-associated Steatohepatitis), wobei es noch keinen deutschen Fachterminus für diese Form der Leberentzündung gibt.
Die globale Prävalenz liegt derzeit bei 4 bis 6 Prozent. Bis zu 70 Prozent der Menschen mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes haben auch eine NASH. Für letztere gibt es derzeit keine zugelassenen pharmakologischen Behandlungsoptionen. Die Arzneistoffentwicklung gestaltet sich schwierig, doch ist einiges in den Pipelines.
Gute Chancen auf eine baldige Zulassung als erstes NASH-Therapeutikum hat nun der Wirkstoff Resmetirom von Madrigal Pharmaceuticals. Das Unternehmen mit Sitz in Conshohocken, Pennsylvania, USA, ist auf NASH spezialisiert. Der Arzneistoffkandidat wird derzeit in Phase-III-Studien geprüft. Die Ergebnisse nach einem Jahr Behandlung wurden jetzt im »New England Journal of Medicine« publiziert.
Resmetirom ist ein selektiver Agonist am Schilddrüsenhormonrezeptor-β (THR-β), einer Isoform, die in der Leber, der Niere und anderen Organen vorkommt, nicht aber in den Knochen und im Herzen. Normalerweise wird dieser Rezeptor durch Bindung der Schilddrüsenhormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) aktiviert, wodurch der hepatische Glucose- sowie Lipidstoffwechsel moduliert wird. Bei NASH ist die THR-β-Funktion in der Leber beeinträchtigt. Das verschlechtert deren mitochondriale Funktion und die β-Oxidation von Fettsäuren, was mit Fibrotisierung assoziiert ist.
An einer noch laufenden multinationalen, randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-III-Studie aus dem MAESTRO-NASH-Programm nehmen 966 Patientinnen und Patienten mit NASH und bereits bestehender Leberfibrose in mittleren bis fortgeschrittenen Stadien teil. Jeweils ein Drittel bekam einmal täglich 80 mg oder 100 mg Resmetirom oder Placebo.
Es gab zwei primäre Endpunkte nach 52 Wochen Behandlung: Zum einen die Auflösung der Hepatitis einschließlich Verringerung des NAFLD-Aktivitätsscores, der von 0 bis 8 reicht, um mindestens zwei Punkte nach unten, ohne Verschlechterung der Fibrose. Zum anderen eine Verringerung der Fibrose um mindestens ein Stadium ohne Verschlechterung des NAFLD-Aktivitätsscores (NAFLD steht für nicht alkoholische Fettleber-Erkrankung). Dazu wurde bei den Patienten unter anderem eine Leberbiopsie vorgenommen.
Den ersten primären Endpunkt, die Verringerung des NAFLD-Aktivitätsscores, erreichten 25,9 Prozent der 80-mg-Resmetirom-Gruppe und 29,9 Prozent der 100-mg-Gruppe, doch nur 9,7 Prozent unter Placebo. Die Fibrose besserte sich um mindestens ein Stadium bei 24,2 Prozent der 80-mg-Resmetirom-Gruppe und 25,9 Prozent der 100-mg-Gruppe; in der Placebo-Gruppe waren es 14,2 Prozent. Die Unterschiede zwischen Resmeritom und Placebo waren statistisch signifikant. Bei insgesamt 80 Prozent der Behandelten ging die Fibrose zurück oder hatte sich nicht weiter verschlimmert, heißt es ergänzend in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Laut Madrigal Pharmaceuticals ist Resmetirom der erste experimentelle Wirkstoff, der eine Verbesserung einer Leberfibrose bei NASH-Patienten in einer Phase-III-Studie gezeigt hat. Die Studie läuft noch weiter und soll 54 Monate, also 4,5 Jahre, umfassen.
Als sekundärer Endpunkt wurden unter anderem noch die LDL-Cholesterol-Spiegel geprüft. Sie verbesserten sich unter Resmetirom um 13,6 beziehungsweise 16,3 Prozent, während sie sich unter Placebo leicht verschlechterten (um 0,1 Prozent). Auch die Werte der Leberenzyme besserten sich.
Häufigste Nebenwirkungen waren vorübergehender Durchfall (bis zu einem Drittel der Patienten) und Übelkeit (etwa jeder fünfte Patient) zu Therapiebeginn. Schwere Nebenwirkungen traten in allen Gruppen etwa gleich häufig auf (10,9 versus 12,7 versus 11,5 Prozent). Es gab keinen Fall einer medikamentös induzierten Leberschädigung.
Resmeritom darf in den USA ein beschleunigtes Zulassungsverfahren durchlaufen, da es bislang noch keine Therapieoptionen für das Indikationsgebiet NASH gibt und ein besonders hoher Bedarf besteht. Die US-Zulassungsbehörde FDA prüft die Studiendaten bereits und will bis Mitte März den Review-Prozess für eine vorläufige Zulassung abgeschlossen habe, kündigte Madrigal Pharmaceuticals an.
Dann will das Unternehmen schätzungsweise 315.000 diagnostizierte NASH-Patienten mit signifikanter Leberfibrose in den USA versorgen, die bei einem Leberspezialisten in Behandlung sind. Allein in den USA besteht bei schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen eine NASH, davon etwas mehr als eine halbe Million mit Fibrose. Angaben zu anderen Märkten wie der EU machte Madrigal Pharmaceuticals nicht.