Neue Zahlen bestätigen Sicherheit von Impfstoffen |
Carolin Lang |
02.04.2020 10:00 Uhr |
Impfungen sind eine der wirksamsten Präventionsstrategien im öffentlichen Gesundheitswesen. / Foto: Adobe Stock/simoneminth
In der aktuellen Ausgabe des „Bulletin für Arzneimittelsicherheit“ geht es um im Jahr 2018 gemeldete Nebenwirkungen von Impfungen sowie die Sicherheit von Rötelnimpfstoffen bei (versehentlicher) Impfung in der Schwangerschaft.
Im Jahr 2018 wurden nach Auswertung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) 3.570 Verdachtsfälle von Impfkomplikationen gemeldet. Bei der Auswertung wurde jedoch kein neues Risikosignal für bisher unbekannte Nebenwirkungen identifiziert. In vielen Fällen habe kein ursächlicher, sondern nur ein mehr oder weniger enger zeitlicher Zusammenhang mit einer Impfung bestanden. Moderne Impfstoffe haben laut PEI eine ausgezeichnete Sicherheitsbilanz, sehr selten komme es jedoch zu schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen.
Das PEI erhielt 22 Meldungen mit einem tödlichen Ausgang. Das entspricht 0,6 Prozent aller Berichte. Nach der Auswertung konnte bei keiner dieser Meldungen ein endgültiger Kausalzusammenhang zur Impfung festgestellt werden, teilweise auch aufgrund lückenhafter Datenlage – acht von 20 bewerteten Meldungen wurden wegen fehlender Informationen nicht beurteilt.
Insgesamt wurden 82 Verdachtsfälle, das entspricht 2,4 Prozent aller Fälle, mit einem bleibenden Schaden nach Impfung gemeldet. 25 der Berichte waren unvollständig. In 39 Einzelfallberichten war der Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung inkonsistent beziehungsweise unwahrscheinlich.
In elf Meldungen wurde über lokale Reaktionen mit bleibendem Schaden wie einer Narbe oder Gewebsverlust nach verschiedensten Impfstoffen bei Säuglingen und Kindern im Alter von drei Monaten bis fünf Jahren berichtet. Der ursächliche Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung wurde als wahrscheinlich beziehungsweise konsistent bewertet. Sieben Meldungen beziehen sich auf eine Narkolepsie nach AS03-adjuvantiertem pandemischen H1N1-Impfstoff (Pandemrix®) bei Personen im Alter von elf bis 21 Jahren. Über eine Assoziation zwischen Narkolepsie und Impfung mit Pandemrix wurde in mehreren Studien berichtet, weshalb ein Zusammenhang zwischen der Impfung und Narkolepsie vom PEI als „konsistent“ bewertet wird.
Immer wieder wird auch über die Diagnose einer Epilepsie bei Kindern im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung berichtet. Zwar könnten Impfungen bei kleinen Kindern selten Fieberkrämpfe auslösen, diese seien aber nicht mit einem erhöhten Risiko einer Epilepsie assoziiert.
Es wurden außerdem 11.189 unerwünschte Reaktionen gemeldet. Diese Zahl übersteigt die Anzahl der Verdachtsfälle, da mehrere unerwünschte Symptome zu einem Fall berichtet werden können. Die am häufigsten gemeldeten Reaktionen sind nicht schwerwiegende bekannte Lokal- und Allgemeinreaktionen, die üblicherweise folgenlos abklingen, gefolgt von Fieber, Kopfschmerzen und Schmerz in einer Extremität.
Die Impfung mit Lebendimpfstoffen ist in der Schwangerschaft prinzipiell kontrainidiziert. Dennoch kommt es immer wieder kurz vor der Empfängnis oder unwissentlich in der Frühschwangerschaft zur Impfung mit Röteln- oder Mumps-Masern-Rötelnimpfstoffen. Geht damit ein Risiko für eine iatrogene kongenitale Rötelnembryopathie (Congenital Rubella Syndrome, CRS) einher? Dieser Frage gingen Experten des PEI in einem systematischen Review mit Metaanalyse nach.
In dieser systematischen Übersichtsarbeit wurden insgesamt 42 Studien einbezogen, die die Inzidenz von CRS nach versehentlicher Rötelnimpfung in der Schwangerschaft untersuchten. Diese wurden in den USA, in Europa, im Iran und in Lateinamerika durchgeführt. In keiner Studie wurde ein Fall eines bestätigten CRS identifiziert.
Es gibt demnach keine Hinweise darauf, dass CRS durch Lebendimpfstoffe mit Rötelnviren verursacht wird. Eine Infektion des Fetus durch das Impfvirus über die Plazenta kann vorkommen, dies sei allerdings klinisch nicht relevant für das Neugeborene.
Wichtige Limitationen der Übersichtsarbeit sind unter anderem kleine Fallzahlen, das Fehlen einer Vergleichsgruppe, die Nichtverfügbarkeit von Informationen hinsichtlich einer potenziellen vorbestehenden Immunität der Frauen gegenüber Röteln sowie die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Daten aus einer Region, nämlich Lateinamerika, stammt.
Die Daten bestätigen aus Sicht des PEIs trotzdem die derzeitigen Empfehlungen, dass eine versehentliche Impfung während der Schwangerschaft keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch ist. Das kongenitale Rötelnsyndrom wird durch die Impfung wirksam verhindert, sodass das Nutzen-Risiko-Verhältnis eindeutig zugunsten der Impfung ausfällt.
Dieses Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund des seit dem 1. März 2020 geltenden Masernschutzgesetzes von Interesse, da die Impfung gegen Masern mit Kombinationsimpfstoffen gegen Mumps, Masern und Röteln und gegebenenfalls Varizellen erfolgt.