Neue Wirkstoffklasse bei Tuberkulose |
Sven Siebenand |
15.01.2025 13:30 Uhr |
Mehr als eine Million Menschen sterben jedes Jahr an einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis. Damit ist die Tuberkulose die bakterielle Infektionskrankheit mit den meisten Todesopfern weltweit. / © Adobe Stock/Dr_Microbe
Tuberkulose ist die weltweit häufigste Infektionskrankheit. Allein im Jahr 2023 gab es mehr als zehn Millionen Neuinfektionen und 1,3 Millionen Todesfälle. Trotz einer Reihe verfügbarer Medikamente besteht großer Bedarf für neue Wirkstoffe, insbesondere aufgrund des wachsenden Problems antibiotikaresistenter Stämme.
Decaprenylphosphoryl-β-D-Ribose 2'-Epimerase (DprE1) ist ein für den Tuberkulose-Erreger wichtiges Enzym für die Zellwandsynthese, da es eine entscheidende Rolle bei der Bildung von Lipoarabinomannan und Arabinogalactan spielt. Wird DprE1 durch einen Wirkstoff blockiert, entstehen in der Zellwand der Mykobakterien Löcher, was deren Absterben bedeutet.
Mehrere DprE1-Hemmer befinden sich in der Pipeline, darunter Macozinon, Quabodepistat und BTZ-043. Die Lancet-Publikation eines Teams um Privatdozent Dr. Norbert Heinrich von der LMU München bezieht sich auf Studiendaten zu letztgenanntem Arzneistoffkandidaten.
Sicherheit und Verträglichkeit des oral verfügbaren Wirkstoffs wurden in einer Phase-Ib/IIa-Studie bei 77 Erwachsenen mit neu diagnostizierter pulmonaler Tuberkulose untersucht. »Die Studie belegt, dass BTZ-043 antibakteriell wirksam und gut verträglich ist und auch in Kombination mit anderen Tuberkulose-Medikamenten verabreicht werden kann«, fasst Heinrich die Ergebnisse in einer Pressemitteilung seiner Hochschule zusammen.
Allerdings ist man mit der Entwicklung des Wirkstoffs längst noch nicht am Ziel. In der Originalpublikation ziehen Heinrich und Kollegen das Fazit, dass größere Folgestudien erforderlich sind, um potenziell selten auftretende Sicherheitssignale zu erkennen, Wechselwirkungen zwischen Medikamenten weiter zu untersuchen, die beste Dosis zu ermitteln und die Wirksamkeit in Kombination mit anderen Medikamenten zu bewerten. Bis ein erster DprE1-Hemmer auf den Markt kommt und ob das dann das in Deutschland entdeckte und weiterentwickelte BTZ-043 sein wird, bleibt abzuwarten.