Neue Option bei unkontrolliertem Asthma |
Brigitte M. Gensthaler |
31.10.2022 15:00 Uhr |
Wenn Asthmapatienten trotz umfangreicher Therapie und guter Compliance Exazerbationen erleiden, sind Biologika angezeigt. Zu den verfügbaren Antikörpern könnte bald Tezepelumab hinzukommen. / Foto: Adobe Stock/Antonioguillem
Tezepelumab (Tezspire®, Astra-Zeneca) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der die Wirkung des Botenstoffs Thymus-Stroma-Lymphopoietin (TSLP) hemmt. Dieses epitheliale Zytokin steht an der Spitze mehrerer Entzündungskaskaden und spielt bei der Auslösung und Persistenz allergischer, eosinophiler und anderer Arten von Atemwegsentzündungen eine wichtige Rolle. TSLP wird als Reaktion auf Trigger wie Allergene, Viren und andere aerogen übertragene Partikel freigesetzt.
»TSLP ist eine Art Schlüsselzytokin und löst ein breites Spektrum an Asthmasymptomen aus. Mit TSLP-Antikörpern können wir Patienten mit überlappenden Entzündungsmechanismen behandeln«, erklärte Privatdozentin Dr. Stephanie Korn, Leitung IKF (Institut für klinische Forschung) Pneumologie Mainz, bei der Launch-Pressekonferenz Ende Oktober. Die Expression von TSLP sei in den Atemwegen von Personen mit schwerem Asthma erhöht und korreliere mit der Schwere der Erkrankung. »Aber man kann mit TSLP kein Asthma auslösen«, ergänzte Professor Dr. Johann-Christian Virchow von der Universitätsmedizin Rostock.
Laut einer gepoolten Post-hoc-Analyse der zulassungsrelevanten Phase-IIb- und Phase-III-Studien PATHWAY und NAVIGATOR sank die jährliche Asthma-Exazerbationsrate unter Tezepelumab im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant um 60 Prozent. Eine klinisch bedeutsame Abnahme der Exazerbationsrate wurde unabhängig von der Eosinophilenzahl im Blut, dem FeNO-Wert (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) und dem Allergiestatus beobachtet. Die Nebenwirkungsrate war hoch, aber ähnlich unter Placebo und Verum (80 versus 77 Prozent der Teilnehmer). Am häufigsten sind Pharyngitis, Infektion der oberen Atemwege, Kopfschmerzen und Reaktionen an der Injektionsstelle. Laut Virchow liegen »aktuell keine Daten zu spezifischen Nebenwirkungen« vor.
Der neue Wirkstoff wird neben anderen Biologika auf Stufe 5 des Stufenschemas der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma (2020) einzuordnen sein. Laut Korn ist er besonders geeignet bei Patienten mit schwerstem unkontrolliertem Asthma trotz umfassender Medikation, die niedrige Biomarkerspiegel haben. Patienten mit bronchialer Überreagibilität könnten von Tezepelumab profitieren.
»Mit diesem Medikament könnten Asthmapatienten in Remission gehen, da der Krankheitsverlauf entscheidend modifiziert wird«, hofft die Pneumologin. Eventuell seien nach längerer Therapie sogar eine Remission ohne fortgesetzte Therapie und eine Rückbildung von Sekundärveränderungen (Remodeling) des Lungengewebes erreichbar, ergänzte Virchow. Voraussetzung für den Einsatz sei, dass das Asthma klar diagnostiziert ist und trotz einer ausführlichen antiasthmatischen Therapie Exazerbationen auftreten. »Wenn ein Patient aber unter einem anderen Biologikum gut eingestellt ist, sollte nicht gewechselt werden.«
Tezepelumab ist seit September 2022 bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit schwerem Asthma zugelassen, das trotz hochdosierter inhalativer Corticosteroide plus eines weiteren Arzneimittels zur Erhaltungstherapie unzureichend kontrolliert ist. Es wird immer als Add-on-Therapie eingesetzt. Laut AstraZeneca soll Tezepelumab voraussichtlich ab Mitte November verfügbar sein.