Neue Empfehlungen zur Gewaltprävention |
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat ein Positionspapier mit Empfehlungen zur Gewaltprävention bei psychisch kranken Menschen veröffentlicht. / © Adobe Stock/nito
Die überwiegende Mehrheit der Menschen mit psychischen Erkrankungen ist laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) nicht gewalttätig. Für bestimmte Erkrankungen gibt es den Experten zufolge aber ein statistisch erhöhtes Risiko, Gewalttaten zu begehen. Eindeutig gesichert sei dies für Schizophrenien und andere Psychosen, Drogenabhängigkeit und schwere Persönlichkeitsstörungen. »Aber wir können nicht mit Sicherheit vorhersagen, wer von diesen Menschen tatsächlich eine Straftat begeht«, erklärt Gouzoulis-Mayfrank.
Die DGPPN hat nun ein ausführliches Positionspapier mit Empfehlungen zur Gewaltprävention bei psychisch kranken Menschen veröffentlicht. Eine der Kernforderungen der Experten: Die rechtliche Möglichkeit, Betroffene mit erkennbarem Gewaltpotenzial auch gegen ihren Willen in einer Psychiatrie zu behalten oder neu einzuweisen, müsse häufiger genutzt werden.
»Die Autonomie der Menschen ist ein hohes und schützenswertes Gut«, sagt Psychiaterin und DGPPN-Präsidentin Professor Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank. Es müsse aber immer wieder zwischen der individuellen Autonomie und der Sicherheit der Gemeinschaft abgewogen werden. »Ich habe den Eindruck, dass wir uns in den letzten Jahren sehr weit auf die Seite der Autonomie gestellt haben, und damit vermutlich höhere Risiken in Kauf genommen haben.«
Wenn ein akutes Gefährdungspotenzial nach einer Behandlung nicht mehr eindeutig nachgewiesen werden könne, würden potenzielle Gefährder zum Teil relativ schnell wieder aus der Psychiatrie entlassen, erklärte Gouzoulis-Mayfrank. Das passiere zum Teil auch, wenn sich der Zustand noch nicht ausreichend stabilisiert habe. »Wenn eine Person rasch entlassen und die Behandlung nicht weitergeführt wird, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Person bald wieder in einen akuten Krankheitszustand gerät.«
Die DGPPN fordert zudem, Patienten häufiger gegen Auflagen zu entlassen. Das können zum Beispiel eine regelmäßige medizinische Behandlung oder Drogenabstinenz sein. Wenn ein Patient dagegen verstößt, wird geprüft, ob er wieder eingewiesen wird. Diese Möglichkeit sollte zumindest bei Fällen mit wiederholten aggressiven Vorfällen genutzt werden, heißt es in dem DGPPN-Positionspapier. Aber: »Das gehört zu den Möglichkeiten, die derzeit kaum genutzt werden«, sagt Gouzoulis-Mayfrank.