Neue Diabetes-Technologien auch für Ältere nutzen |
Christina Hohmann-Jeddi |
08.04.2025 18:00 Uhr |
Auch ältere Menschen mit Diabetes profitieren von der kontinuierlichen Überwachung des Glucosestoffwechsels. / © Adobe Stock/Halfpoint
In den letzten wenigen Jahren bis Monaten habe sich im Bereich der Diabetologie eine Revolution ereignet, sagte Professor Dr. Thomas Ebert vom Universitätsklinikum Leipzig bei einer Fortbildungsveranstaltung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt am 29. März in Wernigerode. Dabei wurden die größten technischen Innovationen im Bereich Typ-1-Diabetes (T1D) eingeführt . Zu nennen sei hier vor allem das kontinuierliche Glucose-Monitoring (CGM). Dank ihr betrachte man heute zusätzlich zum HbA1c-Wert zwei weitere technologiebasierte Parameter: den »Glucose Management Indicator« (GMI) und den »Time in Range«-Wert (TIR). Während der GMI ein Schätzwert für den HbA1c aus den CGM-Glucose-Profilen ist, gibt die TIR die Zeit an, in der sich ein Patient mit dem CGM-Blutzuckerwerten im Zielkorridor (4 bis 10 mmol/l) befindet. Die TIR sollte höher als 70 Prozent sein.
Immer mehr T1-Diabetiker werden mit diesen CGM-Systemen ausgestattet, von den Kindern und Jugendlichen besitzen etwa 95 Prozent ein solches Gerät. Die Systeme messen den Glucose-Gehalt im Gewebe und nicht im Blut, betonte Ebert. Da der Zucker vom Blut ins Gewebe diffundieren müsse, liege der von CGM-Systemen gemessene Wert etwa 12 Minuten hinter den im Blut gemessenen Wert. »Das sorgt manchmal für Missverständnisse bei den Patienten.«
Auch Insulinpumpen sind bei Kindern und Jugendlichen mit T1D inzwischen Standard. Bei Kindern haben die Systeme die Einstellung deutlich verbessert, sagte Ebert und stellte Daten aus einer aktuellen Studie aus dem Journal »The Lancet« vor. Die Analyse von Kohorten mit insgesamt 100.000 Kindern aus der ganzen Welt von 2013 bis 2022 zeigt, dass sich die Werte mit zunehmendem Technologie-Einsatz deutlich verbesserten. Innerhalb weniger Jahre sank der durchschnittliche HbA1c-Wert von 8,2 auf 7,6, Ketoazidosen und schwere Hypoglykämien gingen zurück. »Das ist klinisch relevant«, sagte Ebert.
Heute werden auch zunehmend AID-Systeme (Automatische Insulin-Dosierung), auch Closed-Loop-Systeme genannt, eingesetzt, die ein real time CGM-System über eine Rechnereinheit mit einer Insulinpumpe kombinieren. Hier gebe es inzwischen fünf Systeme auf dem Markt, die kleine, aber relevante Unterschiede hätten, so der Mediziner. Der Algorithmus steuere bei allen Systemen die Insulinabgabe autonom, zum Teil schaltet sich die Pumpe, wenn Unterzuckerungen drohen automatisch mehrere Stunden aus, ohne eine Warnung abzugeben. »Das ist eine Revolution.« Durch den Ersatz eines GCM-Systems plus einer Insulinpumpe, die unabhängig voneinander arbeiten, mit einem AID-System ließ sich die TIR in einer Studie um 11 Prozent erhöhen.
Bei einigen Faktoren seien die AID-Systeme aber nicht gut geeignet, etwa bei akuter Ketoazidose, bei bestimmten psychiatrischen Erkrankungen oder wenn der Patient oder die Pflegepersonen mit dem Gerät nicht gut zurechtkommen. »Weiche Kontraindikationen« seien auch schwere Seh- und Hörbeeinträchtigungen, eingeschränkte Feinmotorik und wenn Patienten ihre Zuckerwerte nicht teilen wollen.
Ältere Patienten waren oftmals ausgeschlossen von den neuen Technologien, weil ihnen die Bedienung nicht zugetraut wurde, berichtete Ebert. Doch auch sie können von der neuen Technik profitieren. So habe eine Studie gezeigt, dass ein CGM-System bei Älteren (ab 65 Jahren) die Zeit in der Unterzuckerung deutlich senken konnte. Eine zweite Studie ergab, dass AID-Geräte auch bei Älteren (zum Teil mit kognitiver Beeinträchtigung) die TIR signifikant verbessern. »Gerade diese Kohorte, ähnlich wie bei den Kindern, scheint von den Technologien zu profitieren.«