Neue Ausbildungskonzepte und Kritik an Lauterbach |
Lukas Brockfeld |
23.05.2024 16:26 Uhr |
Kammerpräsident Georg Engel übte am Mittwoch deutliche Kritik an Gesundheitsminister Lauterbach. / Foto: Lukas Brockfeld / PZ
Der Referentenentwurf zur Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lässt auf sich warten. Doch viele Details der geplanten Reform sind der Öffentlichkeit bereits bekannt. Klar scheint, dass die Offizinen nicht mit mehr Geld rechnen können, außerdem hält man im Bundesgesundheitsministerium (BMG) offenbar an den umstrittenen PTA-Vertretungen fest.
Der Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, Georg Engel, fand deutliche Worte für die Pläne des Gesundheitsministers. »Das sind Scheinlösungen, die uns nicht helfen. Apotheken, die keine richtigen Apotheken mehr sind, weil sie keine Rezepturen mehr machen, keine BtM abgeben dürfen, und keine Substitutionstherapien machen dürfen, werden nur den Vollapotheken in der Umgebung das Wasser abgraben.«
Engel kritisierte auch eine mögliche Umverteilung des Honorars. Erst vor wenigen Tagen hatte der GKV-Spitzenverband vorgeschlagen, das Honorar umsatzstarker Stadtapotheken zu kürzen, um mit dem Geld kleinere Offizinen auf dem Land zu stärken. »Es ist nicht so, dass alle Stadtapotheken im Geld schwimmen, sodass man ihnen etwas wegnehmen kann. Es gibt viele versorgungsrelevante Stadtapotheken, die wirtschaftlich in einer schwierigen Situation sind.«
Man habe immer wieder das Gespräch mit der Politik gesucht, um auf Probleme wie die unzureichende Finanzierung und die ausufernde Bürokratie aufmerksam zu machen, auch in Zusammenarbeit mit den Kammern anderer Gesundheitsberufe. »Das Echo ist immer unisono, dass man uns unterstützen will, aber dass man zu wenig Geld habe«, klagte Engel.
Engel lobte in diesem Zusammenhang die Arbeit der ABDA: »Auch wenn es in der öffentlichen Meinung manchmal anders dargestellt wird, kümmert sich die ABDA in erheblichem Umfang um die Wahrnehmung der Interessen der Apothekerschaft, durch eine Vielzahl von Gesprächen. Frau Overwiening ist da wirklich permanent unterwegs.«
Daher habe man auch dem neuen ABDA Haushalt, der eine Steigerung der Mitgliedsbeiträge um 2,4 Prozent vorsieht, zugestimmt. Das Geld sei nötig, um qualifizierte Leute anzuwerben und zu halten. »In den letzten drei Jahren sind Juristen und Pharmazeuten zu anderen Berufsorganisationen abgewandert, weil die ABDA keine attraktiven Bedingungen bieten konnte. Ich denke, dass die vernünftig bezahlt werden müssen, und dass wir mit unseren Beiträgen dazu beitragen müssen«, erklärte der Kammerpräsident.
Engel kam auch auf die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) zu sprechen. Man habe lange dafür gekämpft, pDL anbieten zu dürfen und sei dabei auf den erbitterten Widerstand der Gesetzlichen Krankenversicherungen gestoßen. Es sei daher schade, dass die für pDL bereitstehenden Geldmittel nicht abgerufen würden: »Ende 2023 standen noch 263 Millionen Euro bereit, für Dienstleistungen, die nicht verbraucht worden sind«, klagte Engel.
Er habe aus ABDA-Kreisen vernommen, dass Mecklenburg-Vorpommern bei der Erbringung von pDL deutschlandweit in der Spitzengruppe liege. »Das ist ein großes Kompliment an Sie alle und eine Ermunterung dazu, so weiter zu machen«, sagte er und beendete seine Rede mit einem Apell: »Machen Sie so viele Dienstleistungen wie es geht, damit der Topf mit den Geldmitteln nicht übermäßig anschwillt. Bitte ermuntern Sie auch ihre Umgebung dazu.«
Ein großes Thema auf der Kammerversammlung war die Gewinnung neuer pharmazeutisch-technischer Assistenten (PTA), die gerade in ländlichen Regionen fehlen. Dazu war Phillip Bettin eingeladen, der die PTA-Ausbildung an der Berufsfachschule Greifswald leitet. Seine Schule bietet seit Kurzem das Projekt 4+1 an. Die teilnehmenden PTA-Schüler werden vier Tage pro Woche in der Schule unterrichtet und arbeiten an einem fünften Tag in der Apotheke.
Das Projekt soll die oft unattraktiven Ausbildungsbedingungen verbessern. In Greifswald muss der PTA-Nachwuchs aktuell ein Schulgeld von 255 Euro pro Monat zahlen. »Wenn ich auf den Berufsmessen stehe und die jungen Leute fragen mich, wie viel sie in der Ausbildung verdienen, sage ich minus 255 Euro. Das ist nicht attraktiv«, bemängelte Bettin. Er habe immer wieder erlebt, dass Schülerinnen und Schüler gerne PTA werden wollen, aber sich das Schulgeld nicht leisten können.
Das 4+1 Projekt soll Abhilfe verschaffen und gleichzeitig Nachwuchskräfte früh an eine Apotheke binden. Die teilnehmenden Offizinen beschäftigen die PTA-Schüler während ihrer Ausbildung für einen Wochentag als Mini-Jobber zum Mindestlohn. Gleichzeitig bezahlt die Apotheke vorübergehend das Schulgeld. Das erfolgt im Rahmen eines Privatkredites. Nach der Ausbildung arbeiten die fertigen PTA weiter in der Apotheke und zahlen den Kredit in Raten zurück. Die Schüler und die Apotheken werden während der Ausbildung eng von der Berufsfachschule begleitet.
Das Projekt kann für die angehenden PTA die Hürde des Schulgelds beseitigen und gleichzeitig den Apotheken dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bewältigen. Trotzdem sieht Bettin es nur als Übergangslösung: »Für uns wäre es viel besser, wenn das Land die kompletten Ausbildungskosten zu 100 Prozent übernimmt, dann hätten wir auch eine ganz andere Kalkulationsgrundlage, was zum Beispiel die Laborkosten angeht. Das ist eigentlich überfällig.«
Das Greifswalder Projekt stieß bei den Kammermitgliedern auf viel Unterstützung, mehrere der anwesenden Apothekerinnen und Apotheker nehmen bereits daran teil. Später beschloss die Kammer, sich bei der Landesregierung für eine komplette Übernahme der Ausbildungskosten einzusetzen. Die Landes-SPD habe das bereits zugesichert, aber bisher nicht geliefert.