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Selbst amplifizierend

Neuartiger mRNA-Impfstoff in Europa zugelassen

Mitte Dezember bereits hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) den selbst replizierenden mRNA-Impfstoff Zapomeran (Kostaive®) von Arcturus Therapeutics und CSL zur Zulassung empfohlen. Dieser Empfehlung folgte nun die EU-Kommission. Wann der Impfstoff verfügbar wird, ist noch unklar.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 21.02.2025  15:00 Uhr

Die Unternehmen Arcturus Therapeutics und CSL haben den ersten Impfstoff mit selbst amplifizierender mRNA (sa-mRNA) in Europa zur Zulassung gebracht. Zapomeran (ARCT-154, Handelsname Kostaive®) dient dem Schutz vor Covid-19 für Personen ab 18 Jahren. Der Impfstoff enthält einzelsträngige sa-mRNA, die in Lipid-Nanopartikeln verkapselt ist.

Selbst amplifizierend bedeutet, dass die mRNA sich im Geimpften selbst vervielfachen kann. Hierfür enthält sie nicht nur die Bauanleitung für das Spike-Protein des Coronavirus als Impfantigen, sondern auch für das Enzym Replikase, das RNA synthetisieren kann. Dies soll laut Hersteller eine breitere Immunantwort und eine länger anhaltende Antikörperantwort bewirken.

Die Basis der sa-mRNA bildet ein Replikon (ein RNA-Abschnitt, der in einem Stück repliziert wird) auf der Grundlage des Venezuela-Equine-Enzephalitis-Virus (VEEV). Aus dem viralen Genom wurden die Bereiche, die für Strukturproteine codieren, komplett entfernt und durch eine Codon-optimierte RNA ersetzt, die für das Spike-Glykoprotein der SARS-CoV-2-Variante D614G (B.1) in voller Länge codiert.

In der S-Protein-spezifischen mRNA stellen Mutationen sicher, dass das Spike-Glykoprotein in der Präfusionskonformation stabilisiert und mit furinspaltungsinaktivierenden Mutationen exprimiert wird. Als Teil des VEEV-Replikons ist auf der Codon-optimierten mRNA zudem die RNA-abhängige RNA-Polymerase (Replikase) des Virus codiert. Diese kann nur das Replikon vervielfachen, weil nur dort die benötigte Startsequenz vorhanden ist. Die gesamte einzelsträngige mRNA in dem Impfstoff hat eine Länge von 11.860 Nukleotiden. »Die mRNA-Selbstamplifikation ist vorübergehend und erzeugt keine infektiösen Partikel«, heißt es in der Fachinformation von Kostaive.

Längere Persistenz neutralisierender Antikörper

Erteilt wurde die Zulassung auf Basis mehrerer klinischer Studien, die teils in Vietnam, teils in Japan durchgeführt worden waren. Die Ergebnisse der Phase-III-Studie ARCT-154-J01 wurden im Fachjournal »The Lancet Infectious Diseases« publiziert. In dieser doppelblinden, multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Nichtunterlegenheitsstudie wurden die Immunogenität, Sicherheit und Verträglichkeit von Kostaive mit der von Comirnaty® (Tozinameran) von Biontech/verglichen. Beide Impfstoffe wurden als vierte Auffrischungsdosis verabreicht.

Die Studie zeigte, dass Kostaive bei Erwachsenen sicher und gut verträglich ist und eine humorale Immunität induziert. Im Vergleich zu Comirnaty erwies sich Kostaive als nicht unterlegen hinsichtlich der Stärke der humoralen Reaktion gegen den SARS-CoV-2-Stamm Wuhan-Hu-1 und als überlegen hinsichtlich der humoralen Reaktion gegen die Omikron-BA.4/5-Variante.

Eine aktuelle Auswertung, die im April 2024 ebenfalls in »The Lancet Infectious Diseases« erschien, zeigt, dass die Titer der neutralisierenden Antikörper nach Immunisierung mit dem sa-mRNA-Impfstoff im Vergleich zu einem herkömmlichen mRNA-Impfstoff langsamer abfallen. Da neutralisierende Antikörper nachweislich der Hauptindikator für eine schützende Immunität sind, deuten diese Ergebnisse auf eine längere Dauer des Schutzes durch den sa-mRNA-Impfstoff hin. Zudem lasse die nachgewiesene überlegene Immunogenität gegen die BA.4/5-Sublinie auf eine verbesserte Breite der Immunreaktion schließen.

Da sich SARS-CoV-2 immer weiter entwickelt und die Coronaimpfstoffe immer wieder neu an die Varianten angepasst werden, sollte Kostaive auch im Vergleich mit den aktualisierten herkömmlichen mRNA-Impfstoffen bewertet werden. Der sa-mRNA-Impfstoff ist gegen eine sehr ursprüngliche Virusvariante gerichtet.

Das Sicherheitsprofil für Kostaive wird in der Fachinformation wie folgt zusammengefasst: Bei der Grundimmunisierung (mit zwei Dosen) traten als häufigste Nebenwirkungen Schmerzen an der Injektionsstelle (49,1 Prozent), Druckempfindlichkeit an der Injektionsstelle (49,0 Prozent), Ermüdung/Fatigue (42,3 Prozent), Kopfschmerzen (35,4 Prozent), Myalgie (30,1 Prozent), Schüttelfrost (28,5 Prozent), Arthralgie (27,2 Prozent), Schwindelgefühl (20,1 Prozent) und Fieber (10,8 Prozent) auf. Die meisten Nebenwirkungen waren leicht und klangen innerhalb weniger Tage nach der Impfung ab.

Es wurden aber auch Fälle von Überempfindlichkeit einschließlich Anaphylaxie beobachtet. Sehr schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen wurden nicht gemeldet, in der Vergleichsstudie mit Comirnaty wurden in beiden Gruppen keine Fälle von Myokarditis oder Perikarditis festgestellt.

Handhabung des Impfstoffs

Bei Kostaive handelt es sich um ein weißes bis cremefarbenes lyophilisiertes Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung. Der Impfstoff wird in einer Mehrdosen-Durchstechflasche geliefert, deren Inhalt nach Rekonstitution mit 10 ml steriler, 0,9-prozentiger NaCl-Injektionslösung 16 Dosen zu je 0,5 ml ergibt. Eine Einzeldosis enthält 5 µg sa-mRNA Zapomeran. Zum Vergleich: Comirnaty enthält pro Erwachsenendosis 30 µg mRNA und Spikevax® von Moderna 100 µg mRNA. Bei Personen, die bereits mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft wurden, soll Kostaive frühestens fünf Monate nach der letzten vorangegangenen Dosis verabreicht werden.

Wie die anderen mRNA-Impfstoffe muss auch Kostaive bei niedrigen Temperaturen aufbewahrt werden. Eine ungeöffnete Durchstechflasche ist zwei Jahre bei –15 °C bis –25 °C haltbar. Vor der Rekonstitution können die Fläschchen bis zu vier Stunden bei Raumtemperatur (bis zu 25 °C) aufbewahrt werden. Nach der Rekonstitution muss die Durchstechflasche vor der Verabreichung gekühlt oder bei Raumtemperatur (bis 25 °C) aufbewahrt werden. Der Impfstoff muss innerhalb von sechs Stunden nach dem ersten Durchstechen des Stopfens verabreicht werden.

Offene Fragen

Bei Kostaive handelt es sich um den ersten Vertreter eines sa-mRNA-Impfstoffs, der es zur Zulassung gebracht hat. In Japan ist das Präparat bereits seit einem Jahr zugelassen. Wegen des Neuheitsgrades der sa-mRNA Impfstoffe bleiben einige Sicherheitsfragen derzeit noch unbeantwortet. Kritisch gesehen wird das Potenzial dieser Impfstoffe für Rekombination mit zirkulierenden Viren, die auf Alphavirus-Replikasen basieren. Dies könnte theoretisch zu neuen viralen Kombinationen führen.

Unklar ist auch, wie lange die verimpfte sa-mRNA im Körper persistiert. Diese Frage ist komplex, da viele Faktoren eine Rolle spielen, darunter die spezifische mRNA-Sequenz, die Verabreichungsroute, die Dosis und die individuelle Immunantwort des Geimpften. Eine Anfrage der PZ-Redaktion bei dem Hersteller Arcturus Therapeutics zur Persistenz und zu entsprechenden Daten blieb unbeantwortet.

Allgemein wird angenommen, dass mRNA-Moleküle im Körper relativ schnell abgebaut werden. Dieser Abbau erfolgt durch enzymatische Prozesse, die die mRNA in ihre Bestandteile zerlegen. Die Halbwertszeit von mRNA in Zellen kann von einigen Minuten bis zu mehreren Stunden variieren, abhängig von der Art der mRNA und den Bedingungen innerhalb der Zelle.

Selbst verstärkende mRNA-Impfstoffe sind so konzipiert, dass sie eine längere Immunantwort im Körper hervorrufen, indem sie die mRNA innerhalb der Zellen replizieren. Studien haben gezeigt, dass die Immunantworten von sa-mRNA-Impfstoffen bis zu zwölf Monate nach der Impfung anhalten können, was auf eine verlängerte Präsenz und Aktivität der sa-mRNA im Körper hinweist.

Wann der Impfstoff in der EU verfügbar wird, ist noch unklar. Eine Markteinführung in Europa steht einem Bericht des Nachrichtenportals »Pharmaphorum« zufolge jedoch nicht unmittelbar bevor, da CSL Änderungen an der Formulierung von Kostaive vornehmen will, um »den Bedürfnissen der medizinischen Fachkräfte und ihrer Patienten besser gerecht zu werden«, so Jonathan Edelman, Leiter der Abteilung für Impfstoffinnovationen bei CSL. Das Unternehmen sei bestrebt, die »technischen Verbesserungen abzuschließen und diesen innovativen Impfstoff so bald wie möglich in Europa verfügbar zu machen«, fügte er hinzu. Eventuell soll eine Anpassung an aktuell zirkulierende Virusvarianten vorgenommen werden.

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