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Regionalkonferenz Bielefeld

Nächste politische Fehlentscheidung in Sicht

Die Apothekenteams aus Westfalen-Lippe wollen sich von der Politik nicht länger »veräppeln« lassen. Auf diese einfache westfälische Formel brachte es eine Teilnehmerin der fünften Regionalkonferenz von Apothekerkammer und -verband am Montagabend in Bielefeld. Die Diskussion mit Vertreterinnen und Vertretern der Landes- und Kommunalpolitik wurde teilweise leidenschaftlich und trotzdem sachlich korrekt geführt.
AutorKontaktAlexander Müller
Datum 13.08.2024  12:30 Uhr

AKWL-Vizepräsident Frank Dieckerhoff skizzierte den anwesenden Politikerinnen und Politikern einleitend die drohenden Folgen des Apothekenreformgesetzes (ApoRG): In drei von vier Apotheken stünde dann vermutlich kein Apotheker mehr. »Es würde zu einer Deprofessionalisierung dieser Betriebsstätten kommen.« In letzter Konsequenz gäbe es dann auch keinen Grund mehr, die Apothekenpflicht oder das Mehrbesitzverbot aufrechtzuerhalten, warnte Dieckerhoff. Das Gesetz bereite den kompletten Systemwechsel vor. »Das ist die zwangsläufige Folge, selbst wenn es so nicht intendiert ist.«

Zu Dieckerhoffs These, es werde zu einer »Amerikanisierung des Apothekenmarktes« kommen, bemerkte einer der rund 120 Teilnehmer später, dass selbst in den »Prescription Corners« in US-Supermärkten immer noch ein Apotheker stehe. Ganz ohne approbiertes Personal, »das gibt es nicht einmal dort«.

AVWL-Vorstandsmitglied Jan Harbecke nahm sich die geplante Honorarreform vor: »Das sehe ich als großen Angriff, Herr Lauterbach verkauft es als Umverteilung.« Auf Dauer werde die Umstellung eine Kürzung bedeuten, die Apotheken würden von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Die Behauptung, nur große Apotheken würden Hochpreiser abgeben sei mit Blick auf die tatsächlichen Zahlen einfach Quatsch.

Ein Drittel der Apotheken verloren

Die Folgen der seit Jahren ausgebliebenen Honoraranpassung präsentierte Hauke Stange, Vorsitzender der AVWL-Bezirksgruppe Bielefeld: Seit 2009 habe Bielefeld fast ein Drittel der Apotheken verloren, von den damals 87 seien heute noch 63 übrig, der Trend im Bezirk Westfalen-Lippe sieht nicht besser aus. Stange ist selbst Betroffener: Eine 2012 übernommene Apotheke habe er vor zwei Jahren geschlossen. »Die hatte bei gleicher Kundenzahl jetzt ein negatives Betriebsergebnis«, so der Apotheker.

Pit Clausen (SPD), Oberbürgermeister von Bielefeld, kennt die besorgniserregende Entwicklung in der Region. Als Stellvertreter des Präsidenten des Deutschen Städtetags hat Clausen schon 2020 zum Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) eine Stellungnahme abgegeben. »Das Gesetz hat sein Ziel erkennbar nicht erreicht«, konstatiert Clausen heute. Deswegen sei es richtig, dass die Politik aktiv wird. Über Details der Reform sollten die Experten sich austauschen. Er erwarte aber vom Ministerium, sich mit den Apotheken an einen Tisch zu setzen und das zu diskutieren. »Sich da wegzuducken, das geht nicht.«

Keine bösen Absichten

Den engsten Bezug zum Apothekenmarkt unter den Vertretern der Politik hatte Christiana Bauer, CDU-Kreisvorsitzende Bielefeld. Sie hat 2019 unter anderem über die Frage promoviert, ob ein Rx-Versandverbot verfassungs- und europarechtlich möglich wäre. Fazit der Doktorarbeit: Ja, das wäre es. Rechtlich möglich, aber politisch nicht gewollt, zitierte Bauer aus einem Gespräch mit dem damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die aktuell diskutierte Abschaffung der Präsenzpflicht wäre aus Bauers Sicht die nächste politische Fehlentscheidung. »Und da nehme ich auch die eigene Partei nicht aus.«

Für den aktuellen Minister Karl Lauterbach (SPD) wollte die SPD-Landtagsabgeordnete Christina Weng zwar nicht den »Bodyguard« spielen. Aber auch ihrem vielleicht manchmal etwas »sperrigem« Parteifreund unterstellt sie keine bösen Absichten: »Keiner von uns hat Interesse daran, dass wir die Bevölkerung in die Tonne treten«, so Weng, die selbst im Gesundheitswesen tätig ist. Für die Diskussionsrunde war sie extra aus dem Urlaub angereist – und ein bisschen freute sie sich über den Streit. »Jetzt ist das Buch offen.« Es sei gut, jetzt einen Entwurf zu haben, an dem man sich abarbeiten kann.

Einen etwas leichteren Stand hatte der CDU-Landtagsabgeordnete Tom Brüntrup. Seine Partei habe sich im Bundestag schon klar gegen das ApoRG positioniert. Das Land habe zwar keine gesetzliche Kompetenz, aber er könne und werde auf die Kollegen im Bund zugehen, auch aus den Ampelfraktionen. Im Land ist sein Thema die Stärkung der Ausbildung. »Es ist mein Wunsch, dass eine pharmazeutische Fakultät nach Ostwestfalen kommt.« Doch angesichts der nötigen Millioneninvestitionen sei das noch ein weiter Weg, gab er zu.

Folgen der damaligen Politik

Benjamin Rauer ist für die Grünen im Sozialausschuss des Landtags. Versorgungssicherheit sei das Thema im ländlichen Raum, betonte er. »Ich werde den Bielefelder MdB klar machen, wie sehr Sie den Druck verspüren«, versprach er.

Wie groß der Druck an der Basis ist, wurde in der zweistündigen Diskussion immer wieder deutlich. Von viel zu großer Arbeitslast berichteten die Apthekenteams, von einer wackelnden Finanzierung des eigenen Betriebs und von abwandernden PTA, denen man gerne mehr zahlen würde, aber nicht könne. Ein angestellter Apotheker wird im Freundeskreis gefragt, warum er sich so wenig leisten kann. »Es ist so, mein Chef, kann mir nicht mehr bezahlen.«

Es sei heute wie damals bei der großen Apothekenreform der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), sagte ein anderer Teilnehmer. »Wir haben alle vorhergesagt, dass die Pharmaindustrie hier Arbeitsplätze verliert. Die Lieferengpässe von heute sind die Folgen der Politik von damals. Und wenn jetzt die Reform von Lauterbach kommt, wird das System an die Wand gefahren.«

In Bielefeld fand die fünfte von sechs Regionalkonferenzen von AKWL und AVWL statt. Die letzte sollte nach dem 21. August terminiert werden, wenn klar ist, ob es einen Kabinettsbeschluss ApoRG gibt. Apothekerverband und -kammer Nordrhein setzen ebenfalls auf das Modell der Regionalkonferenzen.

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