Mutation im Fibronektin-1-Gen schützt Risikopersonen |
Theo Dingermann |
22.04.2024 13:30 Uhr |
Etwa 2 Prozent der Bevölkerung weisen zwei Kopien des Risikoallels APOEε4 auf, das das Alzheimerrisiko stark erhöht. Eine Mutation mit Schutzwirkung für diese Personen haben nun Forschende aus New York entdeckt. / Foto: Adobe Stock/Eisenhans
Das Risiko, an der Alzheimer-Krankheit (AD) zu erkranken, ist bei Personen, die zwei Kopien eines APOEε4-Allels tragen, deutlich erhöht. Allerdings erkranken nicht alle homozygoten Träger dieses Risiko-Allels. Daher wird seit Langem spekuliert, dass es zelluläre Mechanismen gibt, die den pathologischen Auswirkungen von APOEε4 entgegenwirken.
Ein Team von Forschenden um Dr. Prabesh Bhattarai, Dr. Tamil Iniyan Gunasekaran und Dr. Michael E. Belloy vom Department of Neurology und vom Taub Institute for Research on Alzheimer’s Disease and the Aging Brain an der Columbia University in New York befassten sich nun näher mit der Hypothese, dass APOEε4-Träger ohne Demenz genetische Variationen tragen könnten, die sie vor einer APOEε4-vermittelten AD-Pathologie schützen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit publizierten die Forschenden in der Zeitschrift »Acta Neuropathologica«.
Zunächst suchten die Forschenden durch die Analyse von Whole-Genome-Sequenzdaten bei bisher nicht erkrankten homozygoten APOEε4-Trägern, die älter als 70 Jahre waren, nach seltenen Mutationen. Sie identifizierten 510 derartiger Mutationen, von denen einige auch in Genen vorkamen, die mit der extrazellulären Matrix (ECM) in Verbindung stehen.
Zwei dieser Gene schauten sich die Forschenden genauer an. Das erste Gen war FN1, das für eine lösliche und eine unlösliche Variante des Glykoproteins Fibronektin-1 der ECM kodiert. Bei dem zweiten Gen handelte es sich um COL6A2, das die Alpha 2-Kette des Kollagens Typ VI kodiert. Beide Proteine sind auch an der Architektur der Blut-Hirn-Schranke beteiligt.
Eine Analyse der Daten von 7185 homozygoten APOEε4-Trägern ergab, dass eine Variante des FN1-Gens mit der Punktmutation rs140926439 zum einen das Alzheimer-Risiko bei den homozygoten APOEε4-Trägern um etwa 70 Prozent reduziert (Odds Ratio = 0,29) und zum anderen den Ausbruch der Krankheit um 3,37 Jahre verzögert.
Zudem zeigte sich, dass im Gehirn von kognitiv nicht beeinträchtigten homozygoten APOEε4-Trägern im Vergleich zu homozygoten APOEε4-Trägern mit AD signifikant weniger Fibronektin-1 exprimiert wurde. Auch traten weniger reaktive Gliosen (Ansammlungen von Gliazellen) auf, was darauf hindeutet, dass FN1 ein nachgeschalteter Treiber der APOEε4-vermittelten AD-Pathologie und des kognitiven Verfalls sein könnte.