Mögliches neues Target für Immuntherapien |
Annette Rößler |
13.08.2025 11:22 Uhr |
Bei einer CLL kommt es zu einer starken Zunahme entarteter Leukozyten im Blut. Die Erkrankung, von der überwiegend ältere Menschen betroffen sind, ist die häufigste Leukämieform in Industrieländern. / © Getty Images/jxfzsy
Zu den Krebsarten, bei denen Checkpoint-Inhibitoren mangels Wirksamkeit nicht eingesetzt werden können, zählt die chronisch-lymphatische Leukämie (CLL). Die Wirkstoffe demaskieren Krebszellen gegenüber dem körpereigenen Immunsystem und sorgen so dafür, dass die Krebszellen von T-Zellen attackiert und abgetötet werden. Bei CLL können sie nicht wirken, weil die T-Zellen bei dieser Krebsart erschöpft sind. Erschöpfte T-Zellen haben ihre Fähigkeit, Infektionen und Krebs abzuwehren, verloren.
Um herauszufinden, wie die T-Zell-Erschöpfung bei CLL genau zustande kommt, hat ein Team aus Forschenden des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Luxemburg Institute of Health die T-Zellen von CLL-Patienten en détail untersucht. Für ihre im Fachjournal »Nature Communications« veröffentlichte Arbeit verwendeten die Wissenschaftler um Dr. Laura Llaó Cid vom DKFZ T-Zellen aus dem Blut, dem Knochenmark und den Lymphknoten von Patienten sowie ein CLL-Mausmodell.
Sie fanden heraus, dass insbesondere die T-Zellen aus den Lymphknoten stark erschöpft waren. Eine zentrale Rolle bei dieser Erschöpfung spielte Galektin-9, ein Protein, das bereits früher mit einem fehlenden Ansprechen auf eine Immuntherapie bei Krebs in Verbindung gebracht worden war. Galektine sind immunregulatorische Proteine, die Kohlenhydrate über eine β-Galactosid-Bindung binden können. Galektin-9 bindet an den Rezeptor TIM-3 auf der Oberfläche von T-Zellen, was die Aktivität dieser Zellen drosselt und zu ihrer Erschöpfung beiträgt.
Die CLL-Zellen aus den Lymphknoten schütteten Galektin-9 in großer Menge aus. An Mäusen konnten die Forschenden zeigen, dass eine Blockade von Galektin-9 die Immunantwort deutlich verbessert und das Tumorwachstum verlangsamt. Eine hohe Galektin-9-Konzentration war auch bei anderen Krebsarten wie Nieren- und Hirntumoren mit einer schlechteren Prognose verbunden.
»Bei der CLL und bei anderen Krebsarten korreliert eine hohe Expression von Galektin-9 mit schlechteren Überlebensraten. Das ist ein starker Hinweis auf seine Rolle bei der Immunabwehr und sein Potenzial als therapeutische Zielstruktur«, sagt Seniorautorin Dr. Martina Seiffert in einer Mitteilung des DKFZ. Die Forschenden hoffen, mit ihrer Arbeit den Grundstein für die Entwicklung neuer Immuntherapien gelegt zu haben, von denen auch Patienten profitieren können, bei denen die bestehenden Immuntherapien unwirksam sind.