Mögliche Nebenwirkung am Herzen bedenken |
Sven Siebenand |
17.07.2023 09:00 Uhr |
Ob Chemotherapie, Bestrahlung oder Immuntherapie: Verschiedene Krebsbehandlungen können kardiotoxische Wirkungen haben. / Foto: Adobe Stock/ipopba
Ob Chemotherapie, Bestrahlung oder Immuntherapie: Verschiedene Krebsbehandlungen können kardiotoxische Wirkungen haben. Das Spektrum ist breit gefächert – von leichten Herzrhythmusstörungen über Entzündungen und Durchblutungsstörungen bis hin zur schweren Herzschwäche mit Versagen des Organs. Das Risiko für Schäden am Herzen ist individuell sehr unterschiedlich. »Als Risikofaktoren gelten ein sehr junges oder sehr hohes Alter, Diabetes, Tabakkonsum, aber auch vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen oder ein Bluthochdruck«, sagt Professor Dr. Detlef Moka, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Nuklearmediziner (BDN).
Auch das Risiko einer Kardiotoxizität ist bei den einzelnen onkologischen Therapieoptionen unterschiedlich stark ausgeprägt. Bereits im Pharmaziestudium lernt man, dass die Klasse der Anthrazykline als besonders schädlich für das Herz gilt. »Sie sind aus der Krebsbehandlung nicht wegzudenken«, betont Moka. Bei Brustkrebs gehören die Substanzen zur Basistherapie, ebenso bei akuten Leukämien und vielen anderen Krebsarten. Anthrazykline sind aber längst nicht die einzigen Tumorwirkstoffe, die kardiale Probleme bereiten können. So ist der zum Beispiel bei Brustkrebs eingesetzte Antikörper Trastuzumab bekannt für ein erhöhtes Risiko einer Herzinsuffizienz.
Auch die bei vielen Tumorarten eingesetzten Platinverbindungen wie Cisplatin oder Carboplatin können das Herz schädigen. Gleiches gilt für 5-Fluorouracil (5-FU) und Capecitabin. Last but not least besteht auch bei den sogenannten Checkpoint-Inhibitoren für die Krebsimmuntherapie, CAR-T-Zelltherapeutika und Strahlentherapien das Risiko von Herzschädigungen.
Ziel muss es sein, kardiale Risiken der Therapie möglichst frühzeitig zu entdecken, zu überwachen und zu behandeln. »Deshalb erfolgt in der Regel immer eine kardiologische Untersuchung vor Therapiebeginn, um etwaige Risiken besser einzuschätzen«, so Moka. Standard ist hier eine Ultraschall-Untersuchung. Nach Therapiebeginn sollten Patienten auf Alarmsignale wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Schwindel, Brustschmerzen, Herzrasen oder -stolpern, Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen an Knöcheln und Beinen achten und diese schnell abklären lassen. »Wenn der Ultraschall hierbei nicht eindeutig ist, ist eine nuklearmedizinische Untersuchung des Herzmuskels sehr gut geeignet«, informiert Moka.
Laut dem Mediziner kann eine aussagekräftige Bildgebung wie die Myokardszintigrafie, mit der sich bereits geringfügige Veränderungen des Herzgewebes detektieren lassen, einen wertvollen Beitrag leisten. Bei dem Verfahren wird eine schwach radioaktive Substanz in die Armvene gespritzt. Mit einer speziellen Kamera können dann dreidimensionale Aufnahmen und Funktionszustände des Herzens aufgenommen werden. Diese geben Moka zufolge genauen Aufschluss über mögliche Durchblutungsstörungen der Herzgefäße, aber auch Aussagen zur Auswurfleistung des Herzens und zu möglichen Schädigungen des Herzmuskels.