Mitgemischt beim Tag der Pharmazie |
Laura Rudolph |
22.03.2024 11:00 Uhr |
Apotheker Dr. Jörg Wittig räumte beim Tag der Pharmazie in Jena mit Vorurteilen über seinen Beruf auf. Er zeigte Thüringer Schülerinnen und Schülern, was sich hinter den Kulissen von Apothekenverkaufsräumen abspielt. / Foto: LAK Thüringen
Der Hörsaal 1 am Carl-Zeiss-Campus der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena war am Mittwochmorgen prallgefüllt. »Der Tag der Pharmazie ist ein zentraler Bestandteil der Nachwuchskampagne der Thüringer Apothekerschaft«, eröffnete Ronald Schreiber, Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT), die Veranstaltung.
Heike Werner, die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, und Professor Dr. Karina Weichold, Vizepräsidentin der FSU Jena, machten Werbung für Jena als Studienstandort. »Die Perspektiven mit dem Studiengang Pharmazie sind enorm vielfältig«, hob Werner weiter hervor. Was die Schülerinnen und Schüler während des Pharmaziestudiums konkret erwarten würde, erklärte anschließend Privatdozent Dr. Andreas Seelig.
Auch Pharmaziestudierende beteiligten sich an der Veranstaltung: Wie die Acetylsalicylsäure von der Weidenrinde in die Schmerztablette kommt, erklärten Nils Kirchberg, Mattes Baumann und Elly Kretzschmar vom Fachschaftsrat in ihrem Vortrag »Der Weg von der Heilpflanze zur Lebensrettung«.
Volles Haus beim Tag der Pharmazie / Foto: LAK Thüringen
Das Herzstück der Veranstaltung waren jedoch die elf Infostände und Mitmach-Stationen im Foyer des Gebäudes. Hier konnten die Schülerinnen und Schüler allerlei angewandte Pharmazie erleben. Wie werden Kapseln befüllt, Salben gerührt und Zäpfchen gegossen? Was versteht man unter Retardierung und wie funktioniert ein Refraktometer? Dies und mehr erklärten und zeigten viele engagierte Vertreterinnen und Vertreter aus Apotheke, Krankenhaus und Industrie.
Auch selbst anpacken war angesagt: Die Schülerinnen und Schüler durften sich etwa bei einer simulierten Zytostatika-Herstellung – natürlich ganz harmlos mit Methylenblau – ausprobieren. Gar nicht so einfach, die blaue Flüssigkeit akkurat in den Infusionsbeutel zu überführen – natürlich mit Mundschutz, Einmalkittel und Kopfhaube.
Dass Pharmazie und der Beruf des Apothekers sehr vielfältig sind, wurde auch in der Diskussionsrunde am Nachmittag klar. »Sie studieren Naturwissenschaften. Was daran cool ist? Man nimmt von allem etwas mit – und kann später mit Experten aus verschiedenen Berufsfeldern interagieren, zum Beispiel mit Biologen, Chemikern oder Physikern«, sagte Dr. Matthias Zink, Apotheker beim Pharmaunternehmen Aeropharm in Rudolstadt. Der Experte für Inhalanda ist unter anderem für die Erstellung von Wirkstoffdossiers für die Arzneimittelzulassung verantwortlich. Was er an seinem Alltag besonders schätzt? Selbst zu forschen. »Ich muss Lösungen für Probleme finden, die nicht auf Google zu finden sind.«
Lösungsorientiert sein, das ist auch im Job von Silvia Grabs, Mitglied der Geschäftsleitung der Carl Remigius Fresenius Education Group, essenziell. Die Apothekerin unterrichtet angehende PTA. »Als PTA-Lehrkraft muss man Fachwissen für die Schülerinnen und Schüler verständlich aufbereiten.« Dafür sei sehr viel Eigenstruktur und Planung erforderlich. Dennoch: Nie gleiche ein Tag dem anderen. »Menschen reagieren nun mal nicht immer so, wie man sich das vorher gedacht hat.«
Das gilt erst recht für die Arbeit in der Offizin. Andrea Kern, Inhaberin der Apotheke Heinrichs in Suhl, betonte: »Jeder Patient, der in die Apotheke kommt, hat ein eigenes Problem.« Dessen Wohl steht stets im Fokus. Dass eine Apotheke aber auch ein wirtschaftlicher Betrieb ist, »der laufen muss«, machte die Inhaberin den Jugendlichen außerdem klar. In diesem Zusammenhang erklärte sie auch, was es mit den Apothekenprotesten im vergangenen Jahr auf sich hatte.
Was die Arbeit in einem Krankenhaus besonders macht, berichtete Dr. Manuela Pertsch, Leiterin der Krankenhausapotheke im SRH Wald-Klinikum in Gera. Oft stelle sich bei der Therapie die Frage: »Was ist pharmakologisch sinnvoll?«. Ihr gefalle es besonders gut, dass sie im Dialog mit Ärzten Therapieentscheidungen beeinflussen kann.
Dass Pharmazie sehr viele Gesichter hat, bewies nicht zuletzt auch die Apothekerin Dr. Annette Schenk, die beim Lektorat der Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker in Eschborn arbeitet und die Diskussionsrunde moderierte.
Wissenschaftlich wurde es anschließend im Vortrag »Gleiche Pille für Mann und Frau? Kleiner Unterschied mit großer Wirkung« von Professor Dr. Oliver Werz, Leiter des Lehrstuhls für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der FSU, der in die Grundzüge der Gendermedizin einführte. In dieser »Mini-Vorlesung« erfuhren die Schülerinnen und Schüler etwa, warum Frauen dreimal so häufig an Asthma leiden oder bei einem Herzinfarkt durchschnittlich 40 Minuten später ins Krankenhaus eingeliefert werden als Männer.
Mit Vorurteilen räumte Dr. Jörg Wittig, Inhaber der Böttger Apotheke in Schleiz, in seinem Vortrag »Von Schubladenziehern und anderen Vereinfachungen« auf. Er zeigte auf humorvolle Weise, was sich in einer Apotheke hinter den Kulissen des Verkaufsraums abspielt.
Zum Abschluss der Veranstaltung ging die Apothekerin Daniela Baumann in ihrer Präsentation »Muss man zum Geburtstag teilen?« darauf ein, warum Kochen gelebte Chemie ist und warum nicht alle Tabletten teilbar sind.
Der Thüringer Tag der Pharmazie ist eine gemeinsame Veranstaltung der LAKT, des Instituts für Pharmazie und des Pharmazie-Fachschaftsrats der FSU Jena sowie des Thüringer Apothekerverbands. Er soll das Interesse des Nachwuchses für pharmazeutische Berufe wecken.