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Invictus Games

Mit Sport das Trauma überwinden

Seit 2014 gibt es die »Invictus Games«, eine internationale Sportveranstaltung für Soldatinnen und Soldaten, die körperliche oder seelische Verletzungen erlitten haben. In diesem Jahr findet das von Prinz Harry ins Leben gerufene Event in Düsseldorf statt. Das Team aus Deutschland bereitet sich in der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf auf die Spiele vor, wo der Zeichner Tom Fiedler einige der Athletinnen und Athleten begleiten durfte. 
Angela Kalisch
04.09.2023  07:00 Uhr

PZ: Wie kamen Sie zu der Aufgabe, für die »Invictus Games« zu zeichnen?

Tom Fiedler: Am Anfang stand eine Anfrage der Bundeswehr, die Bewerbung Deutschlands für die »Invictus Games« mit Illustrationen zu unterstützen. Ein Oberst aus dem Team hatte mich schon einmal als Graphic Recorder auf einer Veranstaltung gesehen. Ich kannte die Spiele damals gar nicht und musste erst einmal googeln. Die Bilder und Videos, die ich fand, haben mich sprachlos gemacht.

Wir haben dann eine Präsentation konzipiert, die ich in London zur eigentlichen Bewerbung live gezeichnet habe. Das war da schon kein gewöhnlicher Job mehr – man spürte, es ging um eine große, wichtige Sache. Aus dieser Verbindung ergab sich etwas später das Angebot, weiter mitzumachen.

Ich hatte bei den Zeichnungen die Themen Verwundung, Verletzung und Krankheit noch nicht wirklich an mich herangelassen – aber als ehemaliger Soldat wollte ich mich jetzt damit auseinandersetzen. So entstand die Idee, in Warendorf die Intensiv-Rehabilitation und die Sporttherapie zu besuchen. Dass daraus dann ein Buch wird, hat sich erst vor Ort ergeben.

PZ: Wie unterscheidet sich die Sporttherapie in den speziellen Einrichtungen der Bundeswehr von vergleichbaren zivilen Reha-Angeboten?

Fiedler: Die Sporttherapie ist Teil des Rehabilitationsprogramms der Bundeswehr, das mit der Medizinisch-Beruflich Orientierten Rehabilitation (MBOR) vergleichbar ist. Bei der Bundeswehr ist es das Ziel, die Dienstfähigkeit wieder zu erreichen oder auf einen möglichst guten Übergang in das zivile Leben vorzubereiten.

Die Sporttherapie legt den Schwerpunkt auf Gesundheitssport, soziale Aktivitäten und eine Stärkung der mentalen Ressourcen. Der zweiwöchige Basiskurs findet in Kleingruppen mit maximal acht Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt, der Aufbaukurs dauert eine Woche länger und hat größere Gruppen. Neben den Trainern, Coaches und der Physiotherapie gibt es eine psychologische Begleitung. Der größte Teil des Sporttherapie-Teams sind Soldatinnen und Soldaten, zum Teil auch mit einer eigenen Rehabilitationsgeschichte. Die Teilnehmenden fühlen sich mit ihren Extremerfahrungen dort gut verstanden.

Nach meiner Beobachtung beruht ein wichtiger Reha-Ansatz auf den gemeinsamen und aktivierbaren soldatischen Hintergründen. Das reicht von Disziplin über die Selbstverständlichkeit von Sport bis zu Kameradschaft. Die Peergroup wird in Warendorf als eine der drei Säulen in der Rehabilitation angesehen.

PZ: Wer kann die Sporttherapie in Anspruch nehmen? 

Fiedler: Ursprünglich war das Programm nur für verwundete Soldatinnen und Soldaten angelegt. Später hat man es auch für Verletzungen und Erkrankungen geöffnet, die nicht einsatzbedingt sind. Es wird allerdings nur für Soldatinnen und Soldaten angeboten.

In der diesjährigen deutschen Mannschaft für die »Invictus Games« werden ausnahmsweise auch zwei Angehörige der Bundespolizei, eine Vertreterin der Landespolizei NRW sowie ein Feuerwehrmann aus Düsseldorf teilnehmen. Das passt zwar eigentlich nicht ins Reglement der Spiele, aber die deutsche Projektorganisation hat sich da durchgesetzt. Diese Menschen sind jetzt auch in Warendorf in der Sporttherapie und damit Teil des Programms.

PZ: Haben Sie in Ihrer Bundeswehrzeit selbst gefährliche Situationen erlebt? Inwieweit hat das Ihre Arbeit an dem Buch beeinflusst?

Fiedler: Mein Antrieb kam aus der entgegengesetzten Erfahrung. Ich hatte in der Bundeswehr eine sehr gute Zeit, mit einem Studium, erfüllenden Aufgaben und Freundschaften. Als ich 1992 in die Marine eintrat, gab es kaum Einsätze – als ich sie 2006 verließ, hatte sich die Bundeswehr zu einer Einsatzarmee entwickelt: Bosnien, Somalia, Kosovo, Afghanistan. Während ich ein relativ sorgenfreies Leben führte, setzten sich Kameradinnen und Kameraden den Gefahren dieses Berufs aus. Und einige zahlten dafür einen hohen Preis. Ich habe das damals nicht gesehen. Auch die Auseinandersetzung mit Verletzungen und Erkrankungen habe ich vermieden. Das sind ja Ereignisse, die die psychische und physische Verlässlichkeit infrage stellen – und damit am Kern des Berufsbilds »Soldat« rütteln. Jetzt, als Illustrator und mit 15 Jahren Abstand, wollte ich mich endlich damit befassen. Und ich wollte auch etwas zurückgeben.

PZ: Hierzulande ist die gesellschaftliche Akzeptanz von Auslandseinsätzen aufgrund der deutschen Geschichte weniger hoch als beispielsweise in den USA. Denken Sie, der Austragungsort der »Invictus Games« wird zu einem größeren Verständnis für die Soldatinnen und Soldaten beitragen oder im Gegenteil gar zu Protesten führen?

Fiedler: Ich finde es erst einmal gut, dass um die Einsätze der Bundeswehr in Politik und Gesellschaft gestritten wird. Die Frage des Einsatzes von Waffengewalt, die Bereitschaft menschliches Leben aufs Spiel zu setzen, darf man sich nicht leicht machen. Am Ende entscheidet das Parlament. Denn wenn eine Soldatin oder ein Soldat der Bundeswehr in einen Einsatz soll, geht es nur mit Bundestagsbeschluss und das ist damit Teil unserer Demokratie.

Die Bewerbung Deutschlands und das Bekenntnis von Düsseldorf zu den »Invictus Games« empfand ich in 2019 als mutige Schritte. Seitdem wird viel über die Spiele berichtet, es gibt Begegnungen, Diskussionsrunden in Schulen. Man hat die Chance, grundlegenden menschlichen Fragen zu begegnen: Was passiert, wenn das Leben durch Unfall oder Krankheit aus den Fugen gerät? Was bedeutet faire Teilhabe? Welche Haltung habe ich dazu und wie gehe ich mit eigenen Ängsten um?

Es ist ein Reifeprozess für die Bundeswehr und bedeutet mehr Sichtbarkeit für die Gesellschaft. Und natürlich hat auch der Krieg in der Ukraine den Blick auf Menschen in Uniform geändert – ich glaube, dass die Akzeptanz für den Beruf gestiegen ist. Wahrscheinlich gibt es trotzdem auch Menschen, die die Spiele nicht gut finden. Auch das muss man in einer Demokratie aushalten – aber ich wünsche mir für alle Teilnehmenden und deren Familien, dass wir lebendige Spiele erleben und fantastische Gastgeber sind.

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