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Interview Kammer Bremen

Mit Dienstleistungen gegen KI und Versandhandel

Warum lohnt es sich auch für Apotheken mit schlechter Personallage oder schwierigem sozialen Umfeld, die pharmazeutischen Dienstleistungen anzubieten? Darüber sprach die PZ mit drei Inhabern unterschiedlicher Apotheken im Stadtstaat Bremen.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 13.12.2023  09:00 Uhr

PZ: Wie steht es um die pharmazeutischen Dienstleistungen in Bremen mit seinen 138 Apotheken?

Klaus Scholz, Kammerpräsident: Ob und wie häufig Apotheken die pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten, hängt stark von der Personallage ab – und die ist leider überall anhaltend schlecht. Eigentlich haben wir uns in unseren vier Apotheken vorgenommen, bei jedem Inhalator-Rezept die entsprechende pDL anzubieten, aber das klappt nicht immer. Medikationsberatungen laufen bei uns vor allem in der Hauptapotheke mit den meisten Mitarbeitern, die in einem Einkaufszentrum in der Neustadt liegt. In unserer kleinen »Dorf«-Filiale kurz hinter der Stadtgrenze schaffen wir es einfach nicht. Wir haben den Patienten dort schon Termine in der Hauptapotheke angeboten, doch die wollen die zehn Kilometer nicht fahren. Jetzt überlegen wir, ob wir an bestimmten Tagen jemanden aus der Hauptapotheke für Medikationsberatungen in die Filiale schicken sollen.

Sebastian Köhler, Vizepräsident: Bei uns in Horn, einem besser gestellten Stadtteil, fordern die Patienten die pDL sogar ein. Meine Approbierten haben alle die entsprechende Fortbildung für die Polymedikationsberatung und machen es gern, ob jung oder alt. Eine Kollegin ist dabei das Zugpferd, die die anderen immer wieder motiviert. So jemanden braucht man im Team.

Richard Klämbt, ehemaliger Kammerpräsident: Auch die PTA freuen sich, wenn sie mal aus dem Alltagstrott rauskommen und Blutdruck messen oder die Inhalatoren-Schulung in Ruhe mit dem Patienten durchführen können. Ich honoriere es auch, wenn jemand besonders aktiv ist, zum Beispiel mit einem Tankgutschein oder Kosmetik. Zudem habe ich das Glück, eine sehr engagierte Approbierte zu haben, die nun sogar den Master-Studiengang AMTS macht, aber wie viele Medikationsberatungen sie machen kann, ist eben personalabhängig. Bei uns in Osterholz, einem sozial schwächeren Stadtteil, ist es jedoch manchmal schwierig, den Patienten die pDL nahe zu bringen, zum Teil auch aufgrund von Sprachproblemen.

Scholz: Dabei sind sie gerade für diese Klientel wichtig. Manchmal hilft es, nicht nur den Nutzen zu betonen, sondern auch, dass die Krankenkasse es zahlt. Es kommt auf die Kommunikation an. Wir müssen die pDL einfach noch besser an den Mann bringen. So gut wie jeder macht etwas falsch beim Inhalieren und auch bei den Medikationsanalysen findet man eigentlich immer etwas. Dabei sollte man sich übrigens auf das Wesentliche konzentrieren.

Köhler: Vieles lässt sich hier auch ohne Rücksprache mit dem Arzt lösen. Wichtig ist auch, Prozesse zu vereinfachen, indem Checklisten erstellt, die Formulare zusammengefasst und bereitlegt werden und so weiter.

Scholz: Bei uns kann man Termine für die Medikationsberatung online buchen. Dabei kann der Patient auch direkt einen Anamnesebogen ausfüllen, den wir dann mit ihm durchgehen. Auch das verschlankt den Prozess.

PZ: Lohnt es sich denn für die Apotheken?

Köhler: Auf jeden Fall. Nicht nur für die Motivation der Mitarbeiter und den Nachwuchs. Auch für die Kundenbindung. Das Feedback ist überwältigend positiv. Die Leute fühlen sich bei uns gut aufgehoben – ein wichtiges Argument gegen den Versandhandel. Und es ist ein Meilenstein, dass wir zum ersten Mal selbst eine honorierte Leistung auslösen können und auch Dinge wie die Medikationsanalyse und Inhalatoren-Schulung endlich vergütet bekommen. Man darf die pDL nicht einzeln betrachtet streng betriebswirtschaftlich sehen.

Scholz: Wir bilden viele Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) aus und die legen schon Wert auf das Pharmazeutische. Wenn man hier eine gute Ausbildung bietet, stehen die Chancen auch gut, dass man den PhiP übernehmen kann und so an Personal kommt.

PZ: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will den Apotheken gern mehr Präventionsaufgaben übertragen, was weiteren Dienstleistungen entsprechen dürfte. Ist das die Zukunft der Apotheken?

Klämbt: Derzeit und auch in naher Zukunft sehe ich einfach nicht die personellen Möglichkeiten, wie wir mit mehr Dienstleistungen statt dem Packungshonorar unser Auskommen sichern sollen. Auf jeden Fall müssten die Krankenkassen ein Interesse haben, dass wir solche Aufgaben übernehmen – und auch bereit sein, dass angemessen zu bezahlen.

Scholz: Medikationsanalysen wollen die Kassen ja gern in Zukunft mit Künstlicher Intelligenz (KI) statt mit uns lösen. Das wird aber nicht funktionieren, wenn kein Mensch mit pharmazeutischem Sachverstand die Ergebnisse eines automatischen Medikationschecks filtert und gewichtet. Die Patienten würden sonst stark verunsichert und die Ärzte würden sich bedanken. Die freuen sich, wenn wir sie möglichst wenig, wohl aber in dringenden Fällen wie beispielsweise einer Doppelmedikation ansprechen. Ich denke schon, dass wir uns mit den pDL gegen KI und den Versandhandel profilieren können.

Köhler: Ich sehe auch eine Tendenz von politischer Seite aus hin zu mehr Dienstleistungen. Es bleibt offen, wie wir das betriebswirtschaftlich darstellen sollen.

Scholz: Wir brauchen einfach dringend eine bessere Grundhonorierung, um unser Personal zu halten und angemessen bezahlen zu können. Und wenn Politik und Krankenkassen von uns mehr Leistungen wollen, müssen sie uns auch mehr bezahlen. Aber erst einmal muss das Fundament stimmen.

PZ: Es werden schon Stimmen laut, die anregen, das nicht abgerufene Geld im Fonds einfach so auf die Apotheken zu verteilen.

Köhler: In der Tat ist es berufspolitisch schwierig, mehr Honorar zu fordern, wenn noch so viel Geld im Topf ist. Wir würden es ja alle gern abrufen. Es ist nur schwer kommunizierbar, dass wir es derzeit personell nicht in der Breite schaffen. Dabei leisten wir so viel. Das wird alles unter Mischkalkulation verbucht. Und eine Entschädigung wie die 50 Cent-Pauschale für das Lieferengpass-Management, das uns so viel Zeit kostet, ist ein Witz.

Scholz: Ein Fonds für besonders belastete Apotheken wäre schon denkbar, sowie beim Nacht- und Notdienstfonds. Aber ich bleibe dabei: Nur mit einer besseren Grundvergütung können wir unser Personal besser bezahlen, mehr einstellen und dann auch mehr Dienstleistungen anbieten.

Klämbt: Mir wäre es am liebsten, wenn der Zwangsrabatt an die Krankenkassen pro abgegebener Rx-Packung wegfallen würde. Alle reden immer von 8,35 Euro, dabei sind es de facto ja 2 Euro weniger. Durch unseren sehr hohen Rx-Anteil sind wir hier überdurchschnittlich betroffen. Die Möglichkeit der neuen, honorierten Dienstleistungen ist aber richtig und wichtig.

Köhler: Die Leute müssen verstehen, dass pDL sinnvoll sind, sowohl für die Patienten als auch für uns selbst. Selbst mit knappem Personal schafft man die ein oder andere Inhalator-Schulung und Blutdruckmessung. Es gibt wirklich keinen Grund, der dagegenspricht. Man muss nur die Hemmschwelle erst einmal überwinden und einfach loslegen.

PZ: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview zeigte übrigens auch, dass selbst drei erfahrene Berufspolitiker durch den Austausch immer noch etwas Neues lernen. Scholz notierte sich die Idee mit den kleinen Anreizen für mehr pDL im Team, während Köhler zum ersten Mal etwas davon hörte, dass der BPhD eine Liste empfehlenswerter Ausbildungsapotheken führt (ehemalige PhiP können hier ihre Apotheke bewerten). Klämbt kannte die Datenbank drugs.com noch nicht, die Scholz zum Zweitcheck bei Interaktionen gern hinzuzieht.

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