Milliarden für die Krankenhäuser |
Lukas Brockfeld |
05.03.2025 16:18 Uhr |
Die Spitzen von Union und SPD beraten über eine mögliche Koalition. / © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Zurzeit laufen die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. Noch vor der offiziellen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen haben sich die Parteien bereits auf eine massive Neuverschuldung geeinigt. Ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro soll künftig große Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen. Außerdem sollen die Mittel für die Bundeswehr von der Schuldenbremse ausgenommen werden.
Die Finanzpläne sollen noch vom alten Bundestag beschlossen und von den Grünen oder der FDP mitgetragen werden. Laut Medienberichten wird das Parlament am 17. März über das Finanzpaket abstimmen. Im neuen Bundestag hätten die Parteien aufgrund des starken Abschneidens von AfD und Linken nicht mehr die notwendige Zweidrittelmehrheit und könnten keine Änderungen am Grundgesetz mehr vornehmen. Aktuell ist noch ungewiss, ob die Grünen oder die FDP den Plänen zustimmen werden. Politikerinnen und Politiker der FDP haben die geplante Neuverschuldung bereits scharf kritisiert. Auch von den Grünen kommen eher gemischte Signale.
Bis zur Bundestagswahl galten CDU und CSU als Verfechterinnen der Schuldenbremse. Im Januar 2024, als die Ampel-Regierung angesichts der schwierigen Haushaltslage eine Aufweichung der Schuldenregeln ins Gespräch brachte, schloss Friedrich Merz eine entsprechende Zusammenarbeit zur Änderung des Grundgesetzes kategorisch aus. »Die Aufgaben, vor denen wir stehen, lassen sich auch ohne zusätzliche Abgaben und ohne neue Schulden lösen. Dazu müssen allerdings die Prioritäten der Staatsausgaben neu geordnet werden«, so der damalige Oppositionsführer in einer Bundestagsrede.
CDU und CSU begründen ihre plötzliche 180-Grad-Wende in einer Pressemitteilung mit der geänderten geopolitischen Situation. Es seien massive Investitionen in die Verteidigung notwendig. Diese könne die Bundesrepublik nur stemmen, wenn die Wirtschaft wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkehre. Die dafür notwendigen Investitionen in die Infrastruktur ließen sich nicht ausschließlich aus dem laufenden Haushalt finanzieren.
Ein Teil des milliardenschweren Sondervermögens soll in die Krankenhäuser fließen. Konkretere Angaben finden sich in dem am Dienstag vorgelegten Sondierungspapier von Union und SPD allerdings nicht. Trotzdem melden sich bereits zahlreiche Politiker und Verbände dazu zu Wort. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach beispielsweise von einem Durchbruch für das Land. »Auch im Krankenhaussektor wurde seit mehr als zehn Jahren an den Investitionen gespart. Die Krankenhäuser brauchen unsere Unterstützung, um den jetzt notwendigen Transformationsprozess zu bewältigen«, so der Sozialdemokrat.
Dank seiner Krankenhausreform sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Milliarden zielgerichtet eingesetzt werden. »Statt teure und ineffiziente Strukturen künstlich am Leben zu halten, investieren wir in ein modernes Krankenhausnetz. Dafür auch die Mittel aus dem Sondervermögen einzusetzen, würde Patienten eine bessere Versorgung garantieren und die Krankenversicherten entlasten«, erklärt der Minister.
Der GKV-Spitzenverband fordert, dass Mittel des Sondervermögens zur Finanzierung der Krankenhausreform aufgewendet werden. »Wir erwarten nun, dass die 25 Milliarden Euro schwere verfassungswidrige Teilfinanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds aus Beitragsgelder gestrichen wird und es stattdessen zu einer sachgerechten Finanzierung aus Steuermitteln kommt«, betont die stellvertretende Verbandsvorsitzende Stefanie Stoff-Ahnis. »Der Umbau der Krankenhaus-Infrastruktur ist eine Staatsaufgabe. Damit würden jährliche Mehrausgaben der Krankenkassen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ab kommendem Jahr entfallen.«
Der GKV-Spitzenverband wünscht sich außerdem, dass die Bundesregierung mithilfe des Sondervermögens ein Ausgabenmoratorium verhängt und die Krankenkassenbeiträge für Bürgergeldempfänger finanziert. So soll der rasante Anstieg der Beiträge gestoppt werden. »In der guten Kombination aus einer sachgerechten Steuerfinanzierung von Krankenhaus-Transformationsfonds und der gesundheitlichen Versorgung von Bürgergeldbeziehenden aus Steuergeldern, einem umgehenden Ausgabenmoratorium und der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel liegt die Chance, die Beitragsspirale zu durchbrechen«, so Stoff-Ahnis.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wünscht sich, dass die niedergelassene Ärzteschaft ebenfalls Mittel aus dem Sondervermögen erhält. »Das Sondervermögen für die deutsche Infrastruktur muss mit einem Praxiszukunftsgesetz einhergehen. Die Praxen leiden seit Jahrzehnten unter einem erheblichen Investitionsstau, weil die Krankenkassen nicht bereit sind, die notwendigen Finanzmittel in voller Höhe bereit zu stellen. Das vom GKV-Spitzenverband geforderte Ausgabenmoratorium würde bedeuten, Feuer mit Benzin zu löschen«, erklärt der KBV-Vorstand in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Der Verband Pro Generika wünscht sich, dass Mittel aus dem Sondervermögen zur Stabilisierung der Generikaversorgung eingesetzt werden. »Einstürzende Brücken und kaputte Schienen dürfen genau so wenig sein wie fehlende Medikamente. Die Menschen müssen sich wieder verlassen können – auf ihre Brücken, auf ihre Bahn und auf ihre Arzneimittelversorgung. Das hat mit Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres Staates zu tun, aber auch mit unserer Sicherheit. Wohin die Abhängigkeit von einem Unrechtsstaat führt, haben wir am Beispiel des russischen Gases gesehen. Das darf uns bei China nicht noch einmal passieren –zumal es hier um lebensrettende Medikamente geht«, so Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika.
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