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Langzeitstudie

Metformin hemmt Alterungsprozesse bei Affen

Metformin gilt als einer der Wirkstoffe, in die viele die Hoffnung setzen, das Altern verlangsamen zu können. Obwohl ein großes Repertoire an präklinischer Forschung existiert, auf dem sich diese Hoffnung gründet, fehlt es an klinischer Evidenz. Nun wurde die potenziell geroprotektive Wirkung von Metformin bei erwachsenen männlichen Javaner-Affen nachgewiesen.
Theo Dingermann
16.09.2024  11:24 Uhr

Physiologisch betrachtet ist Altern ein fortschreitender Prozess, der von zunehmender Gewebedysfunktion geprägt ist, die wiederum für die Entstehung altersbedingter Erkrankungen, einschließlich neurodegenerativer, kardiovaskulärer und diabetischer Störungen, verantwortlich ist. Aus unzähligen Studien mit isolierten Zellen und verschiedenen Modellorganismen weiß man, dass sich diese Prozesse zumindest prinzipiell durch pharmakologische Interventionen verlangsamen lassen.

Zu den wichtigsten Wirkstoffen, die in diesen Modellen erfolgreich getestet wurden, gehört das Antidiabetikum Metformin. Bisher gelang es jedoch nicht, diese alternsverlangsamenden Effekte bei Primaten oder gar beim Menschen zu demonstrieren. Die bisher beste Evidenz für eine entsprechende Wirksamkeit bei Primaten liefert nun eine aktuelle Langzeitstudie, deren Ergebnisse im Wissenschaftsjournal »Cell« publiziert wurden.

Dr. Yuanhan Yang  und Kollegen vom Zoologischen Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking untersuchten im Sinne einer Proof-of-Concept-Studie die Effekte von Metformin auf die Alterung bei gesunden männlichen Cynomolgus-Affen (Macaca fascicularis) im Alter von 13 bis 16 Jahren, auch bekannt als Javaner-Affen. Dieses Alter entspricht in etwa dem Alter von 40 bis 50 Jahren beim Menschen.

Die Versuchstiere in der Verum-Gruppe erhielten über einen Zeitraum von 1200 Tagen, also etwa 3,3 Jahre, eine tägliche Dosis von 20 mg/kg Metformin – eine Standarddosis, die auch in der Diabetesbehandlung beim Menschen verwendet wird. Die Tiere in der Verum- und den Kontrollgruppe (einer gleichaltrigen Gruppe, die Placebo erhielt) wurden ansonsten über den gesamten Versuchszeitraum gleichbehandelt. Zwei weitere Kontrollgruppen schlossen die Forschenden in die Studie ein: drei bis fünf Jahre junge Tiere sowie zehn bis zwölf Jahre alte jeweils männliche Artgenossen.

68 Parameter untersucht

Nach Studienende wurden alle vier Affengruppen auf 68 biologische Parameter untersucht. Dazu gehörten morphometrische Indikatoren wie der BMI, Bluttests und bildgebende Verfahren.

Zum einen belegten die Ergebnisse das hohe Sicherheitsprofil der Langzeitbehandlung mit Metformin. Darüber hinaus konnten die Forschenden aber auch zeigen, dass eine Dauerbehandlung mit Metformin den biologischen Alterungsprozess in verschiedenen Primatengeweben deutlich verlangsamt, auf neuronaler Ebene ebenso wie auf systemischer Ebene. Dies wird, wie die Forschenden zeigen konnten, teilweise durch die Aktivierung des Nrf2 (Nuclear factor erythroid 2-related factor 2)-Signalwegs erreicht, der für seine neuroprotektiven und antioxidativen Eigenschaften bekannt ist.

Mittels eines anspruchsvollen, aktuellen Methodenspektrums (darunter gewebeübergreifende Transkriptomik, DNA-Methylomik, Plasmaproteomik und Metabolomik) erstellten die Forschenden innovative Alterungsuhren für Versuchstiere. Die Ergebnisse zeigten eine erhebliche Verlangsamung der Alterungsindikatoren, einschließlich einer bemerkenswerten Regression der Gehirnalterung um etwa sechs Jahre. Histologische Analysen bestätigten den Erhalt der Gehirnstruktur und die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten bei den mit Metformin behandelten Affen.

Weniger Entzündungen, Apoptose und Fibrose

Darüber hinaus führten die Forschenden auch organismus- und genomweite RNA-Sequenzieranalyse durch, bei der Profile von 79 Geweben/Organen von behandelten und unbehandelten gealterten Affen erstellt wurden. Es zeigte sich, dass Metformin altersabhängige Transkriptionsschwankungen abmildert und altersbedingte Entzündungsreaktionen, Apoptose und Fibrose in verschiedenen Geweben reduziert. Insgesamt erwies sich die Metformin-Supplementierung als sehr sicher und hatte keine nachteiligen Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel oder das Körpergewicht.

Zusätzlich zu diesen Ergebnissen zeigte Metformin eine breite Wirkung bei der Umkehrung von Alterungsmerkmalen wie Gewebeseneszenz, Entzündungen und Fibrose in Organen wie Leber und Niere. Auch die epigenetische Stabilität verbesserte sich mit einer verringerten Expression von epigenetischen Alterungsmarkern wie H3K9me3 und endogenen Retrovirusproteinen.

Metformin wirkt auf verschiedenen Ebenen

Die in der Studie aufgezeigten detaillierten molekularen Mechanismen deuten darauf hin, dass Metformin seine Wirkung über mehrere biologischen Dimensionen hinweg entfaltet. Das impliziert die Reaktivierung von Entwicklungswegen und die Unterdrückung von Reparations- und Entzündungswegen. Diese Ergebnisse werden als die bisher relevantesten Hinweise dahingehend angesehen, dass Metformin ein vielversprechendes Potenzial für die Kontrolle von Alterungsprozessen und die Verzögerung des Auftretens altersbedingter Krankheiten beim Menschen besitzt.

So äußert sich der Molekulargenetiker am Massachusetts General Hospital in Boston, Professor Dr. Alex Soukas, in einem News-Beitrag zu der Publikation im Wissenschaftsmagazin »Nature«: Diese Studie sei die »quantitativste und gründlichste Untersuchung der Metformin-Wirkung, die ich außerhalb von Mäusen gesehen habe. Es war eine Überraschung zu sehen, wie umfassend die Wirkungen [des Medikaments] in allen Gewebetypen waren«.

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