Mehrheit gegen genderkonforme Warnhinweise |
Ev Tebroke |
28.02.2023 15:00 Uhr |
Hierzulande muss bei Arzneimittelwerbung immer ein entsprechender Warnhinweis mitgeliefert werden. So schreibt es das Heilmittelwerbegesetz vor. Laut einer aktuellen Umfrage ist die Mehrheit gegen das Gendern des Warnhinweises. / Foto: BAH/PZ Screenshot
»Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. » Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, der jede Arzneimittelwerbung zwingend begleiten muss. So schreibt es das Heilmittelwerbegesetz (HWG) vor. Vor dem Hintergrund der Gleichstellung der Geschlechter ist diese Formulierung jedoch aus Sicht der Bundesregierung nicht mehr zeitgemäß und stößt schon länger auf Kritik auch aufseiten der Ärzte- und Apothekerschaft. Zuletzt hatten sich Ende Dezember 2022 sowohl die Bundesärztekammer (BÄK) als auch die ABDA gegenüber der Ampel-Koalition für eine genderkonforme Formulierung des Warnhinweis-Pflichttextes ausgesprochen.
»Die gesetzlich vorgegebene Formulierung passt nicht mehr in die Zeit«, hatte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) betont. Denn rund die Hälfte der Ärzteschaft sei weiblich. Und auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hatte die Diskrepanz zwischen Sprachgebrauch und Realität unterstrichen, denn in den Vor-Ort-Apotheken liegt der Frauenanteil sogar bei fast 90 Prozent der Beschäftigten: »Ein rein männlicher Sprachgebrauch kann da keineswegs als eine faire Sprachpraxis bewertet werden«, hatte sie gegenüber dem RND kritisiert.
Das BMG nahm den Appell an und will nun mit dem geplanten Lieferengpass-Gesetz den Pflichttext anpassen. »In § 4 HWG ist vorgesehen, den Pflichthinweis für Arzneimittelwerbung gendergerecht neu zu fassen«, heißt es im Entwurf. Künftig soll es demnach wie folgt heißen: »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke«. Doch auch wenn diese Formulierung zeitgemäß ist, auf viel Gegenliebe stößt das Gendern in der Bevölkerung nicht, wie nun eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der Redaktion »web.de« zeigt: Demnach halten 63 Prozent der Befragten die Pläne für eine gegenderte Version für falsch. 18 Prozent zeigen sich unentschieden, nicht einmal ein Fünftel ist für diese Anpassung.
In der repräsentativen Umfrage wurden mehr als 5000 Bundesbürger ab 18 Jahre befragt, im Zeitraum vom 17. bis 18. Februar 2023. Die meisten Befürworter der genderkonformen Formulierung gibt es mit 47 Prozent bei der Wählerschaft der Grünen, 28 Prozent waren dagegen und 25 Prozent unentschieden. Die größte Ablehnung (84 Prozent) findet sich in der Gruppe der AfD-Wählerschaft - Zuspruch gibt es in dieser Gruppe nur von 8 Prozent der Befragten, 84 Prozent lehnen die Neuerung ab, dicht gefolgt von den Wählern der CDU/CSU, hier gab es nur von 9 Prozent der Befragten Zuspruch, 75 Prozent äußerten Ablehnung. Bei der SPD- Wählerschaft waren 24 Prozent für die genderkonforme Änderung, 23 Prozent waren unentschieden und 53 Prozent hielten das Gendern für falsch.
Was die Altersstrukturen betrifft, so sind die Unterschiede zwischen den Altersgruppen gar nicht so deutlich, wie vielleicht erwartet: Die meiste Ablehnung (66 Prozent) gibt es in der Altersgruppe über 65 Jahre: nur 17 Prozent dieser Gruppe sind für das Gendern. Bei den 50 bis 64-Jährigen sind 62 Prozent dagegen (19 Prozent dafür), bei den 40 bis 49 Jährigen lehnen 60 Prozent die Novellierung ab (22 Prozent dafür). Bei den 18-29-Jährigen sind 61 Prozent gegen das Gendern der Warnhinweise und 23 Prozent dafür. Den meisten Zuspruch zeigen die 30 bis 39-Jährigen mit 24 Prozent. In dieser Gruppe votierten 56 Prozent gegen die Gender-Pläne des BMG.
Männer und Frauen stimmen übrigens relativ ähnlich ab bei der Frage, wie sie die Gender-Maßnahme bewerten. So hielten 66 Prozent der Männer dies für eher falsch (6 Prozent) oder eindeutig falsch (60 Prozent). Bei den Frauen waren es insgesamt 59 Prozent, davon stimmten 51 Prozent für eindeutig falsch.
Das BMG will laut Entwurf mit der Anpassung des HWG eine jahrelange Diskussion beenden:
»Der bei der Arzneimittelwerbung gemäß § 4 Absatz 3 Satz 1 zwingend anzugebende Warnhinweis ›Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker‹ ist seit Jahren wegen seiner geschlechtsspezifischen Formulierung Gegenstand von Diskussionen. Durch die Änderung soll nunmehr gleichstellungspolitischen Aspekten Rechnung getragen werden«, heißt es in der Begründung.