Mehr Studien made in Germany |
Alexandra Amanatidou |
27.06.2025 15:00 Uhr |
Jens Scholz, Otto Quintus Russe und Patrick van de Loo beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2025 in Berlin. / © PZ/ Alexandra Amanatidou
Nicht nur beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit, sondern bei jeder Veranstaltung im medizinischen (und nicht nur) Bereich macht die Industrie deutlich, dass Deutschland wettbewerbsfähiger und attraktiver als Standort für Unternehmen werden muss. Das Panel »Das Medizinforschungsgesetz im Qualitätscheck« war hingegen eine nette Abwechslung. Dort ging es um einen Erfolg: eine Maßnahme, die zur Entbürokratisierung geführt und Prozesse beschleunigt habe.
»In Deutschland bewegt sich etwas, es bleibt nicht alles, wie es ist«, sagte Jens Scholz, wissenschaftlicher Leiter des Forums Medizin und Innovation beim Hauptstadtkongress, nachdem er die Änderungen durch das neue Gesetz erläutert hatte. »Wir haben uns auf den richtigen Weg gemacht. Wenn wir das auch so in anderen Bereichen so machen würden, wäre Deutschland wieder top.«
Da das Gesetz noch nicht einmal ein Jahr alt sei, sei es etwas schwierig, ein Resümee zu ziehen, sagte Scholz. »Wir hoffen, dass es der Universität und dem Pharmastandort Deutschland helfen wird«, sagte er mit Blick auf das im Oktober in Kraft getretene Medizinforschungsgesetz. »Wir sind positiv, dass es überhaupt eingegangen ist, und auch mit der Geschwindigkeit, in dem es angekommen ist.«
Mit dem Gesetz sollten die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland deutlich verbessert und Forschungsanreize gesetzt werden, so das Bundesgesundheitsministerium. Laut Scholz habe bislang das Gesetz tatsächlich für Entbürokratisierung gesorgt. So gebe es neue, viel kürzere Fristen (von 26 Tagen) für die Studiengenehmigungen, die zu einer Beschleunigung des Prozesses führe. Ab der kommenden Woche gelten zudem neue strahlenschutzrechtliche Bestimmungen.
Scholz erinnerte daran, dass deutsche Patienten früher, als viele Studien in Deutschland durchgeführt waren, auch als erste die neuesten Behandlungen erhielten. »Wir können die Ergebnisse besser zur Verfügung stellen, wenn die Ärzte bei den klinischen Studien mitgewirkt haben«, sagte er und fügte hinzu: »Es geht auch wirklich um die Behandlung von Patienten.«
Der Anästhesiologe wies auch darauf hin, dass dies der erste Koalitionsvertrag sei, in dem universitätsklinische Forschungen erwähnt werden. »Das gab es so noch nie.« Gleichzeitig wies er darauf hin, dass eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Universitäten sowie Forschung stattfinden müsse. »Manche Unis sagen, dass ein Patent genauso viel wert ist wie eine Publikation«, so Scholz, der damit die Bedeutung von Innovationen verdeutlichen wollte.
Auch Otto Quintus Russe von der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung ist der Meinung, dass die Zusammenarbeit mit der Industrie verstärkt werden muss. »Wir machen in unserem Land viel richtig, aber es fehlt ein Ökosystem der Translation.« Damit sind die Erkenntnisse der Grundlagenforschung gemeint, die in die Klinik oder therapeutische Anwendung umgesetzt werden.
Patrick van de Loo, Irit Nachtigall und Lars Nickel beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2025 in Berlin. / © PZ/ Alexandra Amanatidou
»Wir haben geliefert«, sagte Lars Nickel vom Bundesgesundheitsministerium mit Blick auf das Medizinforschungsgesetz. »Wir haben das alles in einem schnellen Verfahren aufgestellt.« Scherzhaft erzählte er, dass die Kollegen im Justizministerium sein Team mit großen Augen angeschaut hätten, als sie verbindliche Klauseln in Verträgen haben wollten. Dennoch scheint es bei der Umsetzung Probleme zu geben: Jedes Bundesland habe seine Besonderheiten, so Nickel. Er hofft aber, dass das eine oder andere Land zur Besinnung komme.
Auch ältere Verträge werden vom neuen Medizinforschungsgesetz nicht beeinflusst. »Wir haben eine Klausel: Wenn beide Parteien zustimmen, dann können sie mit dem alten Vertrag weiterarbeiten.«
Doch das Medizinforschungsgesetz soll nicht bei Arzneimitteln aufhören. »Medizinprodukte werden die nächste Stufe sein«, sagte Nickel und fügte hinzu: »Wir hoffen auf konkrete Vorschläge von der Industrie, um die klinischen Prüfungen zu entbürokratisieren. Wir wollen, dass es schneller wird, ohne die Patientensicherheit zu gefährden.«
Patrick Van de Loo vom Pharmaunternehmen Pfizer sieht die Beschleunigung und Standardisierung der Prozesse, die Kalkulationsmuster und die bürokratische Erleichterung als positive Aspekte des Gesetzes.
»Diese Ansätze dieses Gesetztes müssen aber auch konsequent vorangetrieben werden.« Ihm fehle ein Studienportal, das nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch verfügbar ist. »Denn wir konkurrieren nicht nur mit deutschen, sondern auch mit internationalen Unternehmen«, so van de Loo.
Deutschland müsse in der Europäischen Union wieder ein wichtiger und attraktiver Markt für Forschung und die Industrie sowie Vorreiter für Studien werden. »Europa insgesamt«, sagte er. Die Rahmenbedingungen für die Industrie müssten besser werden, so van den Loo. Er erinnerte daran, dass Deutschland weltweit nicht einmal unter den Top 10 bei klinischen Studien in der Onkologie sei.
Doch Geschwindigkeit komme nicht nur von der Politik, gab er zu. »Wir sind auch intern sehr bürokratisch«, sagte er und fügte hinzu: »Wir arbeiten jetzt mit Mustern auch für die Kliniken. Wir wollen die Zahl der Patienten in den Studien verdreifachen. Einfach mehr entbürokratisieren und näher am Klinikalltag sein«.
Beim Hauptstadtkongress für Medizin und Gesundheit hielt die Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) eine Rede. Dazu gab es interessante Panels zu den Themen »Fairer Zugang zu Arzneimittelinnovationen« und »Einnahmenorientierte Ausgabenpolitik«.