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Mehr Kreidezähne bei häufigem Antibiotika-Gebrauch

Mindestens 450.000 Kinder in Deutschland leiden an sogenannten Kreidezähnen, die behandelt werden müssen. Die Ursache ist unbekannt. Doch es gibt einen Zusammenhang mit der Verordnungshäufigkeit und -menge von Antibiotika in den ersten vier Lebensjahren der Kinder, wie der Zahnreport 2021 der Barmer zeigt. Eine Kausalität lässt sich aus den Daten aber nicht ableiten.
Brigitte M. Gensthaler
02.06.2021  09:00 Uhr

Gemäß den heute vorgestellten Daten der Barmer leiden rund 8 Prozent aller Sechs- bis Zwölfjährigen in Deutschland an einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), die sich mit gelblich oder bräunlich verfärbten, porösen und beim Putzen schmerzenden Zähnen manifestiert. Diese Strukturbildungsstörung des Zahnschmelzes betrifft vorrangig die ersten Molaren, also die bleibenden, ersten großen Backenzähne, und die bleibenden Schneidezähne. Die MIH wird daher in der Regel im Kindesalter nach dem entsprechenden Zahndurchbruch ab etwa sechs Lebensjahren diagnostiziert.

In die Sekundärdatenanalyse der Barmer wurden Kinder der Geburtsjahrgänge 2003 bis 2011 eingeschlossen. »Von knapp 300.000 Kindern wurden 22.947 anhand von bestimmten Behandlungsmustern der Kreidezahn-Gruppe zugeordnet«, erklärte Professor Dr. Michael Walter, Autor des Zahnreports 2021, in der Online-Pressekonferenz. Mädchen waren häufiger betroffen als Jungen (9,1 Prozent versus 7,6 Prozent; Daten 2012 bis 2019).

Im Zahnreport wurden unter anderem die Arzneimittelverordnungen bei Kindern mit und ohne Kreidezähne untersucht. Dabei seien Zusammenhänge von MIH mit größeren Verordnungsmengen und -häufigkeiten von Antibiotika in den ersten vier Lebensjahren nachweisbar gewesen, berichtete der Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Technischen Universität Dresden. »Häufig eingesetzte Antibiotika wie Penicilline und Cephalosporine wurden bei Kindern, die später der MIH-Gruppe zugeordnet wurden, in den ersten vier Lebensjahren deutlich mehr verordnet. Die Unterschiede zu nicht betroffenen Kindern erreichten bis zu 10 Prozent.« Bei einer selten angewandten Wirkstoffkombination gegen Harnwegsinfekte (Sulfonamide, Trimethoprim, Nitrofurantoin) betrug der Unterschied bis zu 30 Prozent. »Diese Daten zeigen aber keinen kausalen Zusammenhang zwischen Antibiotika und MIH«, betonte Walter.

Laut Zahnreport gab es weitere deutliche Unterschiede bei Medikamenten der ATC-Hauptgruppen »Respirationstrakt« (Rhinologika, vor allem Nasentropfen, Medikamente zur Therapie obstruktiver Atemwegserkrankungen sowie Husten- und Erkältungspräparate) und »Sinnesorgane« (hauptsächlich Augen- und Ohrentropfen). Dabei zeigten die Kinder mit MIH eine größere mittlere Verordnungsmenge pro Person und Jahr als nicht betroffene Kinder. Dagegen gab es keine Unterschiede bei fiebersenkenden Medikamenten wie Paracetamol und Ibuprofen. Dies gelte auch für medizinische Maßnahmen wie Paukendrainage oder Tonsillektomie, die bei typischen »Kinderinfekten« stationär oder ambulant vorgenommen würden, erklärte Walter in der Diskussion.

Korrelation mit dem Alter der Mutter

Keine Korrelation zeigte sich mit erhöhter Infektanfälligkeit sowie bei Kindern, die als Frühgeburt oder durch Schnittentbindung zur Welt gekommen waren. Dagegen hatten Barmer-versicherte Mütter gut doppelt so häufig Kinder mit MIH, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt zwischen 30 und 40 Jahre alt waren. »Dieser deutliche Befund hat uns überrascht; warum dieser Effekt auftritt, wissen wir nicht«, verwies der Zahnmediziner auf die begrenzte Aussagekraft der Auswertung von Sekundärdaten. »Der Forschungsbedarf ist hoch.«

Bisher sei über die Entstehung der Kreidezähne nur wenig bekannt und das mache sie so tückisch, erklärte auch der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Professor Dr. Christoph Straub. Die Ursachen sehe man im Prozess der Zahnmineralisation, bevor die Zähne durchbrechen. Die Ernährung habe wahrscheinlich keinen Einfluss und regelmäßiges Zähneputzen könne Kreidezähne nicht verhindern, da die Zähne bereits geschädigt durchbrechen. »Herkömmliche Prävention greift nicht.« Für die Eltern betroffener Kinder laute die Botschaft: »Sie haben nichts falsch gemacht.«

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