Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
TK-Kindergesundheitsreport

Mehr Gesundheitsprobleme bei Kaiserschnitt-Kindern

Die hohe Zahl der Kaiserschnitte in Deutschland ist umstritten. Sind alle medizinisch notwendig? Die Techniker-Krankenkasse hat nun untersucht, wie gesund sich die Kinder ihrer Versicherten nach einer Sectio entwickeln.
AutorKontaktdpa
Datum 04.09.2019  15:00 Uhr

Nach Kaiserschnitt-Geburten kommt es nach einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse (TK) statistisch gesehen häufiger zu Gesundheitsproblemen bei Kindern. Ob der Grund dafür die Art der Entbindung ist, lasse sich auf Basis der reinen Abrechnungsdaten allerdings nicht feststellen, sagte Jens Baas, Vorstandschef der Kasse, am Mittwoch bei der Vorstellung des Kindergesundheitsreports der Kasse in Berlin. So habe durch die begrenzte Datenlage zum Beispiel nicht einfließen können, ob Mütter in der Schwangerschaft rauchten, sich gesund ernährten oder ihr Baby nach einer Sectio stillten.

Die Krankenkasse analysierte die Abrechnungsdaten von rund 38.850 Kindern, die im Jahr 2008 geboren wurden, bis sie 2016 acht Jahre alt waren. Rund 11.900 Babys (31 Prozent) kamen per Kaiserschnitt zur Welt. Sie hatten im Vergleich zu natürlich geborenen Kindern nach Angaben der TK ein um fast 11 Prozent erhöhtes Risiko, Verhaltensstörungen zu entwickeln. Das Risiko für eine chronische Bronchitis sei um rund 9,5 Prozent erhöht gewesen, das Allergierisiko um rund 9 Prozent. Um 5 bis 8 Prozent höher hätten auch Atemwegserkrankungen und Magen-Darm-Probleme gelegen.

Unterscheiden konnte die Kasse mit ihren Daten nicht, ob ein Kind unter einer schweren Geburt per Not-Kaiserschnitt geholt wurde oder ob es ein geplanter Eingriff ohne Probleme war. Zu den Gründen für einen Kaiserschnitt zählen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind. Es gehe es zum Beispiel um eine vorzeitige Ablösung der Plazenta, ein drohendes Reißen der Gebärmutter oder schwere Erkrankungen der Mutter. Solche Gründe träfen aber nur auf rund 10 Prozent der Kaiserschnittentbindungen zu, heißt es im jüngsten RKI-Bericht zur Gesundheit in Deutschland. Beim Rest werde nach Abwägung entschieden, zum Beispiel bei Mehrlingen, früheren Entbindungen durch Kaiserschnitt, sehr schweren Kindern über 4500 Gramm oder einer sehr komplizierten Geburt.

Deutsche Kaiserschnittrate deutlich über dem Durchschnitt

Seit 1994 hat sich der Sectio-Anteil an allen Geburten in Deutschland laut RKI fast verdoppelt. Deutschland gehört mit rund 32 Prozent zu Ländern mit hohen Raten, der EU-Schnitt lag 2010 nur bei rund 25 Prozent. Als Gründe für den Anstieg in Deutschland gelten unter anderem das höhere Alter der Schwangeren, die Zahl großer und schwerer Kinder und Mehrlingsschwangerschaften nach künstlichen Befruchtungen.

Doch hat eine Sectio Auswirkungen auf die spätere Gesundheit der Kinder? Als Langzeitrisiken von Kaiserschnitt-Entbindungen werden laut RKI Asthma, Typ-1-Diabetes, Nahrungsmittelallergien und Übergewicht diskutiert. Genau untersucht hat das Bundesinstitut mögliche Zusammenhänge für Deutschland aber noch nicht.

Die Ärztin und Buchautorin Martina Lenzen-Schulte nimmt Studien zu Kaiserschnitten seit Jahren genau unter die Lupe. «Kausal ist da gar nichts, es sind statistische Häufungen», urteilt sie. Gehe es um angebliche Nachteile des Kaiserschnitts, werde oft nicht geschaut, ob spätere Gesundheitsprobleme der Kinder nicht schon durch ihre Eltern «vorprogrammiert» seien. Sind sie zum Beispiel übergewichtig, wurde die Mutter in der Schwangerschaft zuckerkrank oder gibt es Allergien in der Familie?

Wichtig sei auch zu wissen, ob ein Baby nach einem Kaiserschnitt gestillt wurde. «All das wirkt sich auf die Gesundheit eines Kindes aus», sagte die Medizinerin. Für sie ist es deshalb nicht unbedingt der Kaiserschnitt, der Kinder später dicker werden oder unter Asthma leiden lässt, sondern es sind die individuellen Umstände in Familien. Wenn schon Vergleiche, dann wünscht sie sich Geschwisterstudien aus Familien, in denen ein Kind per Sectio und eines natürlich zur Welt kam.

Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts gut abwiegen

TK-Vorstand Baas nennt die Kaiserschnittzahlen in Deutschland im Vergleich mit Nachbarstaaten wie den Niederlanden «erschreckend hoch». Dort liege die Sectio-Rate bei nur 16 Prozent. Die Gründe für Kaiserschnitte in Deutschland ließen sich aus den Kassendaten nicht ablesen. Baas vermutet, dass auch der Hebammen-Mangel in Kliniken inzwischen dazu führen könne, dass Geburten lieber per Kaiserschnitt geplant würden.

Regional sind die Sectio-Raten darüber hinaus sehr unterschiedlich – sie schwankten allein bei den TK-Versicherten im Jahr 2018 zwischen 20 Prozent in Sachsen und 31 Prozent im Saarland. Auffällig ist auch ein Ost-West-Unterschied: In Ostdeutschland ist die Sectio-Rate durchweg geringer. Die TK plädiert wie andere Krankenkassen, zum Beispiel die KKH, dafür, medizinisch nicht notwendige Kaiserschnitte zu vermeiden. Sie appelliert an Eltern und Ärzte, bei Kaiserschnitt-Kindern genauer hinzuschauen, um bei möglichen gesundheitlichen Defiziten sofort gezielt gegensteuern zu können.

Ärztin Lenzen-Schulte sieht sich nicht als Verfechterin von Kaiserschnitten. Sie wünscht sich jedoch mehr faire Aufklärung für Frauen. Nicht alle Schwangeren wüssten, dass allein schon ein großes und schweres Kind bei einer natürlichen Geburt ihren Beckenboden reißen lassen könne. Manche würden dadurch dauerhaft inkontinent. Was ihr fehlt, ist eine bundesweit einheitliche Haltung in Kliniken: Manche hielten eine natürliche Geburt für das Maß aller Dinge, andere zögen bei erkennbaren Risiken Kaiserschnitte vor, um spätere Klagen zu vermeiden. Und wieder andere wollten in jedem Fall Schaden von Mutter und Kind fernhalten. Das ist für Lenzen-Schulte immer noch der beste Weg.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa