Mehr Geld und keine PTA als Leitung |
Brigitte M. Gensthaler |
10.06.2024 16:20 Uhr |
Zur Diskussionsrunde »Zukunft Apotheke 2.0« begrüßte Moderator und PZ-Chefredakteur Alexander Müller (von rechts): Ates Gürnipar (Die Linke), Anton Rittel (Freie Wähler), Stephan Pilsinger (CSU), Kammerpräsident Thomas Benkert und den Verbandsvorsitzenden Hans-Peter Hubmann. Online zugeschaltet war Andrew Ullmann (FDP). / Foto: BLAK/Schulz
Zur Diskussionsrunde beim Bayerischen Apothekertag (BAT) begrüßte Moderator und PZ-Chefredakteur Alexander Müller die Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger (CSU), Ates Gürnipar (Die Linke) und Andrew Ullmann (FDP), der online aus Berlin zugeschaltet war, sowie Anton Rittel (Freie Wähler) aus dem Bayerischen Landtag. Die Position der Apotheker vertraten Kammerpräsident Thomas Benkert und der Verbandsvorsitzende Hans-Peter Hubmann.
Insgesamt gab es viel Lob für die Leistungen der Apotheker und Verständnis für ihre finanziellen Forderungen. Pilsinger, der selbst als Hausarzt in Teilzeit arbeitet, lobte die Zusammenarbeit mit seinem Apotheker. Bei steigenden Kosten müsse auch die Apothekenvergütung, also das Fixum, steigen, damit die Freiberuflichkeit gestärkt wird. Die Dynamisierung des Fixums hält er für wichtig, damit Apotheker nicht immer als Bittsteller auftreten müssten.
Zur Finanzierung schlägt der CSU-Politiker den Verzicht auf Gesundheitskioske vor: »Die kosten eine Milliarde Euro, aber niemand braucht sie.« Diese Milliarde könnte man einsparen und den Apothekern zukommen lassen, sagte der CSU-Politiker unter großem Applaus.
Auch Gürnipar sieht den finanziellen Bedarf: »Wir brauchen mehr Geld und müssen bei den Einnahmen anfangen«, sprach er die Private Krankenversicherung an. Alle – auch die Abgeordneten – müssten in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einzahlen. »Wir brauchen Apotheken vor Ort und Menschen, die mit Menschen reden können. Sie machen einen ähnlich wichtigen Job wie die Ärzte«, sagte er zum Auditorium. Eine Dynamisierung des Fixums gebe den Apothekern mehr Freiheit zu handeln und neue Leistungen einzuführen.
Das hörte Hubmann gerne und wiederholte die Forderungen des Berufsstands, die schon bei der Eröffnung des BAT im Beisein von Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) vorgetragen wurden. »Wir brauchen spürbare Verbesserungen.« Rechne man die Versäumnisse der letzten Jahre und zusätzliche Aufgaben wie das Management der Lieferengpässe zusammen, kämen rund 2,5 Milliarden Euro zusammen. »Wenn das Apothekenhonorar im Lauf der Jahre angehoben worden wäre, wäre das Defizit jetzt nicht so hoch.«
Dass die Apotheker seit zehn Jahren keine Honoraranpassung mehr bekommen haben, liege auch an den früheren Gesundheitsministern, erinnerte Ullmann. Über die Finanzierung müssten sich jetzt drei Koalitionäre einigen, aber: »Für Kioske wird gar kein Geld ausgegeben.« Moderator Müller resümierte: »Das Projekt Kioske ist endgültig gestorben.«
Anders als der Linken-Politiker Gürnipar sieht Ullmann ein Ausgabenproblem – »und das sind nicht die Apotheken, sondern die Fehlversorgung im Krankenhaussektor«. Hier könne viel Geld freigesetzt werden. Geld, das auch in neue pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) fließen könnte.
Landtagsabgeordneter Rittel sieht in der Medikationsberatung und der Rezepturherstellung die wichtigsten Leistungen der Apotheken. »Doch das Apothekensterben reißt jetzt schon Lücken in die Versorgung und die Patienten müssen weiter bis zur nächsten Apotheke fahren.«
Kammerpräsident Benkert kann sich durchaus neue pDL vorstellen. Jetzt schon könnten alle Apotheken drei pDL anbieten, auch wenn dies aufgrund des Personalmangels schwierig sei. »Wir würden auch weitere pDL etablieren, mit denen wir Kollegen neu ansprechen können.« Das kann sich auch Pilsinger vorstellen – in Absprache mit den Ärzten. »Wir wollen selbstständige freiberufliche Apotheker, keine Angestellten in Kiosken«, bekräftigte der Arzt nochmal.
Wie stehen die Diskutanten zur »Apotheke light« oder »Pseudo-Apotheke« – also der Apotheke ohne Apotheker, wie sie in den Eckpunkten zum Apotheken-Reformgesetz vorgesehen ist? Die FDP hatte bereits mehrfach signalisiert, dass sie da nicht mitgehen wird. Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der Liberalen, bekräftigte dies beim BAT. »Es kann nicht sein, dass ein freier Beruf eine solche Qualitätsminderung erleidet. Ich hoffe inständig, dass dies nicht im Gesetzentwurf auftaucht.« Auf die konkrete Nachfrage des Moderators, ob die FDP dem Gesetz nicht zustimmen würde, wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an seinen Plänen festhält, sagte Ullmann: »Wenn es drin ist, muss es raus, damit die FDP dem Gesetz zustimmen kann.«
Auch Rittel kann sich nicht vorstellen, dass eine »Apo light« gut funktioniert. »Ich brauche eine persönliche Beratung und dazu muss ein Apotheker vor Ort sein.« Pilsinger sieht dies genauso: »Eine Arztpraxis kann nicht ohne Arzt arbeiten, das geht auch für Apotheken nicht. Dieser Weg führt in den Abgrund.« Der CSU-Politiker zeigte sich erleichtert über die klare Aussage Ullmanns.
Für den Berufsstand ist eine »Apotheke ohne Apotheker« ein No-Go, bekräftigte Benkert. Und auch die Apothekengewerkschaft Adexa und der Bundesverband PTA (BVpta) lehnten Lauterbachs Vorschlag ab, erinnerte Hubmann. »PTA haben klar definierte Berufsfelder und wollen keine Aushilfskraft für die Apotheker sein. Das wäre der Einstieg in weitere Deregulierungen.«