»Mehr Geld für Generika und ihre Distributionswege« |
| Sven Siebenand |
| 15.04.2024 15:30 Uhr |
Lieferengpässe bei Arzneimitteln liegen unter anderem an der heutigen Struktur pharmazeutischer Lieferketten. Apotheker Dr. Uwe Weidenauer aus Weinheim stellte diese beim Niedersächsischen Apothekertag vor und ging mit dem ALBVVG hart ins Gericht. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Die Zeiten, in denen Apotheker alle Arzneimittel in der Offizin selbst hergestellt haben, sind bekanntlich lange vorbei. Heute sind wir in einem Zustand der globalen Arbeitsteilung angekommen. Weidenauer betonte, dass dieses Phänomen nicht auf den Arzneimittelmarkt beschränkt ist, dieser aber ein gutes Beispiel dafür ist.
Der Apotheker zeichnete die Lieferkette nach, wie sie sich heute häufig darstellt. Kritisches Ausgangsmaterial für pharmazeutische Wirkstoffe werde heute meist in China hergestellt, in Indien erfolge daraus dann die Arzneistoffproduktion und zum Beispiel in der EU dann die Herstellung der finalen Arzneiform. Diese Lieferkette birgt verschiedene Risiken für Engpässe, insbesondere in bereits verengten Märkten.
Weidenauer machte deutlich, dass die Rabattverträge im Laufe der Jahre genau dazu geführt haben. Aus seiner Sicht sei es im Jahr 2007 durchaus sinnvoll gewesen, Rabattverträge einzuführen. Bei vielen Wirkstoffen hatte es damals eine Vielzahl von Anbietern gegeben, die sich bei den Rabatten gegenseitig überbieten konnten. Mittlerweile ist die Zitrone aber im wahrsten Sinne des Wortes ausgequetscht.
Weidenauer: »Der Markt hat sich konsolidiert und häufig gibt es nur noch ein oder zwei Anbietergruppen pro Wirkstoff.« Der Abbruch von Lieferketten in derart verengten Märkten berge dann große Risiken. Fällt ein Lieferant aus, kann oft kein zweiter so schnell und in ausreichender Menge einspringen, so der Apotheker.
Manchmal liegt ein Lieferengpass aber auch daran, dass für die Hersteller andere Märkte lukrativer sind und Deutschland nicht mehr beliefert wird. Zudem informierte der Referent, dass ein Lieferengpass sich nicht immer durch fehlenden Wirkstoff ergibt, sondern auch durch eine andere fehlende Komponente. Beispielsweise seien Xylometazolin-haltige Nasensprays wegen fehlender Filter nicht lieferbar gewesen.
Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betrugen im Jahr 2020 etwa 262,6 Milliarden Euro. Davon, so Weidenauer, sind nur etwa 2 Milliarden auf generische Arzneimittel zurückzuführen. »Wir brauchen unbedingt mehr Geld im System für generische Arzneimittel und für ihre Distributionswege«, lautet Weidenauers Forderung.
Die Maßnahmen im ALBVVG reichten bei Weitem nicht aus, um zu verhindern, dass sich Generika-Hersteller weiter nach und nach aus dem Markt zurückziehen. Bereits jetzt sei bei einigen Wirkstoffen, etwa bei Azithromycin, erkennbar, dass man auch bei Fertigarzneimitteln immer mehr in die Abhängigkeit von asiatischen Firmen geraten ist, etwa aus China oder Indien.