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Mohrenapotheke

Mehr als nur ein Name?

»Ein Schlag ins Gesicht« ist es für die einen – eine »Ehrung pharmazeutischen Wissens« für die anderen. Die Meinungen zu den rund 100 Apotheken mit dem »Mohren« im Namen gehen auseinander. Im Folgenden werden die verschiedenen Positionen näher beleuchtet sowie ein Blick in die Pharmaziegeschichte geworfen. Ein Gastbeitrag aus pharmaziegeschichtlicher Sicht.
Helena Messerich und Dominik Merdes
21.12.2020  09:00 Uhr

Das Festhalten an alten Namen

In den letzten Jahren hat die kritische Auseinandersetzung mit dem M-Wort und den entsprechenden bildlichen Darstellungen dazu geführt, dass es im öffentlichen Raum allmählich ersetzt wird. Betroffene Apothekeninhaber und -inhaberinnen weisen den Vorwurf des Rassismus jedoch oft mit einem Verweis auf die Pharmaziegeschichte von sich. Demnach bringe das Wort »Mohr« in Apothekennamen eine Ehrung der Mauren zum Ausdruck, die im Mittelalter pharmazeutisches Wissen nach Europa brachten.

Bei dieser Erklärung wird die etymologische Herleitung des Begriffs betont. Das Wort »Mohr« wird hier vom lateinischen Wort »maurus« abgeleitet, das mit »mauretanisch« oder »afrikanisch« übersetzt wird. Dies fungiert oft als Beleg dafür, der jeweilige Name könne nicht rassistisch sein. Nicht beachtet wird hingegen, dass das Wort »Mohr« ebenfalls aus dem griechischen »moros« für »töricht«, »dumm«, »gottlos«, »einfältig« abgeleitet werden kann. 

Mehrere Inhaber und Inhaberinnen betroffener Apotheken geben auch zu erkennen, dass Aufwand und Kosten der Umbenennung häufig im Wege stehen. Aber letztendlich geht es nicht alleine um die etwa 100 »Mohren«-Apotheken hierzulande, sondern auch um die Apotheke allgemein, die dadurch in ein schlechtes Licht gerückt werden könnte.

M-Apotheken aus geschichtlicher Perspektive

Wie steht es nun um das zunächst plausibel erscheinende Argument, das Wort »Mohr« bringe in Apothekennamen eine Ehrung der Mauren zum Ausdruck? Angesichts der Selbstsicherheit, mit der das Argument vorgetragen wird, überrascht es, dass sich die Pharmaziegeschichte bislang nicht sehr ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt hat, wie die M-Apotheken zu ihren Namen kamen.

Konrad Krause und Monika Hagen behandeln die Frage im Zusammenhang einer allgemeinen Auseinandersetzung mit Apothekennamen. Krauses Artikel von 1938 führt die Namen auf Hausnamen zurück.2 In der 1969 publizierten Studie von Monika Hagen stehen sie für die Heiligen Drei Könige.3 Allerdings stellt Hagen auch fest, dass Apothekennamen durchaus mehrdeutig waren und sich die Beweggründe für die Namensgebung aufgrund der Quellenlage kaum nachvollziehen lassen.4

Zu einem ähnlichen Schluss kommt der Ethnologe und Religionswissenschaftler Peter J. Bräunlein.5 Bräunlein, der neben den M-Apotheken auch das den Kopf eines Schwarzen darstellende Wappen der Tucher behandelt, zieht in seiner 1991 erschienenen Publikation mehrere Erklärungen in Betracht. Während er bezüglich der ältesten überlieferten M-Apotheken keine Zusammenhänge zum Heiligen Mauritius und zu Heilmitteln aus fernen Ländern sieht, hält er eine Ableitung von den Heiligen Drei Königen für möglich. Und zwar könnte der Name für Caspar stehen, der als der Überbringer der heilsamen Myrrhe und als Verkörperung der Jugend galt.6 Letztendlich kann aber auch Bräunlein keine klare Antwort auf die Frage geben, warum die ersten »Mohren«-Apotheken im 16. Jahrhundert so genannt wurden. Seitdem wurde die Frage nicht weiter erforscht.

Auf der Grundlage pharmaziehistorischer Studien muss also zunächst ungewiss bleiben, warum die ersten M-Apotheken so genannt wurden. Ohne Zweifel war der Einfluss der Mauren sehr wichtig für die europäische Pharmazie. Aber wurden »Mohren« zu dieser Zeit mit den Mauren assoziiert oder standen sie eher allgemein für Schwarze? Zudem ist das Auftreten des M-Worts im öffentlichen Raum kein apothekenspezifisches Phänomen. Auch Wirtshäuser und Straßen wurden damals so benannt. Manche Wappen schlossen den Kopf eines Schwarzen Menschen mit ein. Hinsichtlich dieser »Ursprungsfrage« besteht Forschungsbedarf.

Die Pharmaziegeschichte steht an diesem Punkt vor vielen offenen Fragen. Es gilt zu erforschen und wissenschaftlich zu belegen, woher diese Namen kommen und welche Bedeutungen ihnen über die Jahrhunderte zukamen. Ein Forschungsprojekt in der Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Pharmaziegeschichte der TU Braunschweig soll diese Fragen beleuchten.

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