Mehr als 200 Diphtherie-Fälle seit letztem Jahr |
Laura Rudolph |
28.08.2023 14:00 Uhr |
Das grampositive Stäbchenbakterium Corynebacterium diphtheriae bildet Toxine. Diese können bei einer Diphtherie schwere Komplikationen auslösen. / Foto: Getty Images/Science Photo Library/Kateryna Kon
Diphtherie ist eine Infektionskrankheit, die durch toxinbildende Bakterien der Gattung Corynebacterium ausgelöst und per Tröpfcheninfektion übertragen wird. Diphtherie kann die Atemwege oder die Haut betreffen. Eine Rachendiphtherie äußert sich etwa durch eine Mandelentzündung mit weiß-grauen Belägen, eine Kehlkopfdiphtherie durch starken Husten, Heiserkeit und Stimmlosigkeit, zudem kann der Kehlkopf lebensgefährlich stark anschwellen. Bei einer Nasendiphtherie kommt es zu blutigem Schnupfen, bei einer Hautdiphtherie zu Geschwüren.
Seit Einführung des Diphtherie-Totimpfstoffs in den 1920er-Jahren sind die Fälle massiv zurückgegangen. Im aktuellen und vergangenen Jahr hat die Anzahl der Diphtheriefälle in der EU/dem EWR jedoch wieder zugenommen, berichtet die Seuchenschutzbehörde ECDC auf ihrer Website.
Demnach seien zwischen dem 1. Januar 2022 und dem 11. August 2023 insgesamt 281 Meldungen aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten zu bestätigten Diphtherie-Fällen beim Europäischen Überwachungssystem TESSy eingegangen (2022: 224 Fälle, 2023: 57 Fälle), darunter vier Todesfälle. 206 Meldungen stammten aus Deutschland, 37 aus Belgien, zehn aus der Tschechischen Republik, je neun aus der Slowakei und den Niederlanden, fünf aus Schweden, drei aus Lettland und je eine Meldung aus Norwegen und Spanien. Zum Vergleich: Zwischen 2017 und 2021 gingen pro Jahr durchschnittlich 55 Diphtherie-Meldungen beim Überwachungssystem ein.
199 der gemeldeten Fälle betrafen Menschen mit Hautdiphtherie. Zwei der vier Menschen, die verstarben, zeigten eine Atemwegserkrankung, eine Person eine Hauterkrankung und eine Person ein anderes klinisches Bild. Die Mehrheit der Erkrankungsfälle trat bei Menschen auf, die in Einrichtungen für Geflüchtete lebten. Mit 62 Prozent waren zudem mehrheitlich Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 15 Jahren betroffen und mit 85 Prozent aller Betroffenen überwiegend Jungen und Männer. »Dem ECDC sind keine Hinweise auf Ausbrüche in der breiteren EU/EWR-Bevölkerung bekannt, die auf die in diesen Einrichtungen festgestellten Fälle zurückzuführen wären«, heißt es in der Mitteilung.
Trotz der oben genannten Ausbrüche ist Diphtherie in Europa nach wie vor eine seltene Krankheit. Damit das so bleibt, sei eine breite Immunisierung der Bevölkerung durch Impfen essenziell, betont das ECDC: »Impfungen gegen vorrangige Krankheiten wie Diphtherie, Poliomyelitis und Masern, die sich in überfüllten Gebieten und Einrichtungen wie Flüchtlingszentren besonders leicht ausbreiten, sollten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unverzüglich angeboten werden.«
Die Gesundheitsbehörde fordert die EU/EWR-Mitgliedstaaten dazu auf, über Diphtherie aufzuklären, Impfangebote zu machen und bestätigte Fälle vollständig und zeitnah an TESSy zu melden.