Neue Methode zur Untersuchung der Lunge |
16.09.2002 00:00 Uhr |
PZ Mainzer Forscher sollen eine neue Untersuchungsmethode zum Routineverfahren weiterentwickeln, meldet die Johannes-Gutenberg-Universität. Die Wissenschaftler setzen das Isotop Helium-3 als Kontrastmittel ein, das detailgetreue Bilder der Lunge liefert.
"Gut, dann bitte durch die Nase atmen." Im Hintergrund ist das Atemgeräusch der Patientin über das Beatmungsgerät zu hören. "Mit dem nächsten Atemzug anhalten: Jetzt!" Das Atemgeräusch setzt aus, bis wieder ein Kommando ertönt: "Fertig - und weiteratmen." Die Patientin trägt eine Atemmaske und folgt den Anweisungen genau. Sie hat sich als Testperson an der Universitätsklinik Mainz zur Verfügung gestellt und erhofft sich von einer neuen Untersuchungsmethode Aufschluss über ihre Lungenerkrankung. Dabei atmet sie zu einem exakt bestimmten Zeitpunkt Helium-Gas ein, das hier als Kontrastmittel dient.
Während herkömmliche Verfahren wie Röntgen nur das Lungengewebe abbilden, kann mit Helium erstmals die Verteilung des Atemgases in der Lunge beobachtet werden: der Bildschirm zeigt, wie das Gas durch die Luftröhre in die Lunge strömt und bis in die kleinsten Verästelungen der Bronchien gelangt.
Die neue radiologische Methode gilt als viel versprechend und soll zu einem Routineverfahren für Lungenuntersuchungen weiterentwickelt werden. Dazu hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) seit August eine interdisziplinäre Forschergruppe aus Medizinern und Naturwissenschaftlern eingesetzt. Die DFG unterstützt die Gruppe unter der Führung der diagnostischen Radiologie für drei Jahre mit zwei Millionen Euro.
Wissenslücken
"Die Funktion der Lunge ist noch nicht besonders gut erforscht", erklärt der Radiologe Dr. Hans-Ulrich Kauczor. Das soll sich nun ändern: Die Mainzer Wissenschaftler wollen die komplexe Funktion der menschlichen Lunge aufdecken und dabei vor allem den Gasaustausch genauestens untersuchen. "Bei vielen Lungenerkrankungen sind Belüftung und Durchblutung der Lunge nicht richtig aufeinander abgestimmt, weshalb zu wenig Sauerstoff aufgenommen wird", erläutert Kauczor, der in der Forschergruppe für die Koordination und die Projekte zur Verteilung der Einatemluft zuständig ist. Diese Störungen zu erkennen und ihnen möglicherweise vorzubeugen wäre ein großer Schritt in der Diagnostik und Prävention.
Buchstäblich Licht in das Dunkel bringt dabei die Untersuchung der Lunge mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MR) nach Einatmen von hochpolarisiertem Helium-3. Der Aufbau dieses Verfahrens gilt als herausragende Leistung der Mainzer Forscher, und die Johannes Gutenberg-Universität zählt auf diesem Gebiet zu den weltweit führenden Einrichtungen, heißt es in der Pressemitteilung. Das Isotop Helium-3 kommt mit einer Konzentration von 13 ppm in der Luft nur äußerst selten vor. Die Physiker greifen daher auf Helium-3 zurück, das als Nebenprodukt in der Kernwaffenproduktion beziehungsweise bei deren Abbau anfällt. Durch Polarisation mit Laserlicht werden die Kerne der Helium-3-Atome möglichst einheitlich ausgerichtet. Die hohe Polarisationsrate von über 60 Prozent gibt ein ausreichend starkes Signal für die medizinische Bildgebung mittels MR. "Wir werden durch die Helium-3-MR exaktere Informationen über die Belüftung und Durchblutung der Lunge bekommen und dadurch die Therapien für Patienten verbessern können", hofft Kauczor.
Bis das Verfahren zur Routine ausgereift ist, werden noch zahlreiche Patientenuntersuchungen am Klinikum erfolgen. Parallel dazu werden andere Methoden zur Erforschung der Lungenfunktionen mit Hilfe der herkömmlichen Magnetresonanztomographie, der Positronenemissionstomographie (PET) und der Computertomographie (CT) eingesetzt und neue Erkenntnisse über die Belüftungs- und Durchblutungsverhältnisse der Lunge liefern.
13 Patienten haben bisher als Testpersonen für die laufende klinische Studie mit Helium-3 auf Kommando ein- und ausgeatmet. "Hervorragende Bilder", so der begleitende Arzt Dr. Sebastian Ley konnten an die Kollegen von der Pneumologie weitergegeben werden. Mit den Daten von weiteren 67 Patienten soll die erste Auswertung der Ergebnisse Ende 2004 erfolgen.
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