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Organe aus Tieren bergen hohes Risiko

14.05.2001  00:00 Uhr

ROBERT-KOCH-INSTITUT

Organe aus Tieren bergen hohes Risiko

PZ  In die Xenotransplantation, die Übertragung von Zellen, Geweben und Organen vom Tier auf den Menschen, setzen viele Mediziner und Patienten große Hoffnungen. Denn die Methode könnte die Probleme, die durch den Mangel an humanen Spenderorganen entstehen, beseitigen helfen und auch bei Krankheiten wie Diabetes oder Alzheimer Heilungschancen eröffnen. Der Nutzen für die Patienten und die möglichen Risiken dieser Behandlungsform können jedoch noch nicht vollständig abgeschätzt werden, meldet das Robert-Koch-Institut in Berlin.

Zu diesem Schluss kamen Transplantationsmediziner, Immunologen, Virologen, Ethiker, Juristen und Vertreter der zulassenden Behörden auf dem 4. Minisymposium der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Xenotransplantation (DAX) am 11. Mai im Robert-Koch-Institut - obwohl im vergangenen Jahr die Zahl der Untersuchungen zur Xenotransplantation in die Höhe geschnellt war.

Schweine sind wegen ihres Stoffwechsels, der dem des Menschen ähnelt, wegen der vergleichsweise großen mikrobiologischen Sicherheit und aus Kostengründen die favorisierten Spendertiere. Nach wie vor ist jedoch eine große Hürde, dass ihre Organe im menschlichen Körper vehement abgestoßen werden. Zudem ist noch unklar, ob die Organe neue Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen übertragen. "Vor einer klinischen Anwendung der Xenotransplantation müssen daher sorgfältige Forschungsarbeiten geleistet werden, um zu klaren Aussagen über den Nutzen für den Patienten und die möglichen Risiken zu kommen", sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Professor Reinhard Kurth, zur Eröffnung der Tagung.

Schweine hüten Retroviren

Während die meisten Erreger durch Auswahl und geeignete Haltung der Schweine beseitigt werden können, ist das für die endogenen Retroviren des Schweins (porcine endogene Retroviren = PERVs) nicht möglich. Diese Viren sind im Erbgut aller Schweine verankert und können im Experiment menschliche Zellen infizieren. Ob auch im Empfängerorganismus eine Infektion stattfindet und welche Folgen das haben würde, wird derzeit untersucht.

Dr. Joachim Denner vom Robert-Koch-Institut zeigte im vergangenen Jahr an Zellkulturen, dass sich PERVs an menschliche Zellen anpassen können und sich im Lauf der Zeit immer besser vermehren. Es gibt aber Hinweise, dass der Organismus das artfremde Virus trotz des unterdrückten Abwehrsystems in Schach halten kann. Dies zeigen Untersuchungen Denners bei Affen, die große Mengen porciner Retroviren erhielten, und deren Immunsystem (ähnlich wie nach einer Transplantation) unterdrückt wurde. Auch bei Affen, die Organe vom Schwein erhalten hatten, ließen sich die endogenen Retroviren vom Schwein nicht nachweisen.

Verbreitung in der Bevölkerung?

Da erste Xenotransplantationen bereits beim Menschen eingesetzt wurden, zum Beispiel die Übertragung von Schweinehaut auf Patienten mit gravierenden Brandverletzungen oder von verkapselten Inselzellen vom Schwein auf Diabeteskranke, gewinnt die Frage nach Kriterien für die klinische Anwendung an Bedeutung. Einerseits muss den Patienten Rechnung getragen werden, die ohne eine Transplantation häufig nicht überleben. Andererseits sollte vermieden werden, dass neuartige Krankheitserreger vom Tier in den Menschen gelangen und sich möglicherweise in der Bevölkerung ausbreiten.

Professor Dr. Karl-Friedrich Sewing vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer, der derzeit eine Richtlinie zur Xenotransplantation erarbeitet, hält die Etablierung eines begleitenden Systems von Beratung, Zustimmung und Dokumentation für erforderlich. Das Robert-Koch-Institut teilt diese Ansicht. Ebenso wie Dr. Elettra Ronchi von der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) sprach Sewing sich auf dem Symposium auch dafür aus, für die klinische Xenotransplantation Überwachungs- und Vorsichtsmaßnahmen im internationalen Rahmen zu erarbeiten.

Eine Studie der "Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen", die auf dem Symposium vorgestellt wurde, empfiehlt die Schaffung einer zentralen Kommission, die konkreten klinischen Anwendungen zustimmen muss, und sie empfiehlt vor allem eine verstärkte naturwissenschaftliche Forschungstätigkeit und eine sachliche, alle Chancen und Risiken abwägende Diskussion auch in der Öffentlichkeit. Top

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