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Bundesweites Screening soll 2003 anlaufen

25.02.2002  00:00 Uhr

BRUSTKREBS

Bundesweites Screening soll 2003 anlaufen

von Thomas Bellartz, Berlin

Diagnostik und Therapie von Brustkrebs werden zurzeit in Deutschland heftig diskutiert. In der Überzeugung das Richtige zu tun, sehen Bundesgesundheitsministerin und Deutsche Krebsgesellschaft zuversichtlich dem flächendeckenden Mammographie-Screening entgegen, das ab Ende 2003 starten soll. Getrübt werden die Erwartungen vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und den zwiespältigen Meinungen der Experten zu einer regelmäßigen Röntgenuntersuchung und damit auch erhöhten Strahlenbelastung.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gab sich am Montag in Berlin kämpferisch. Man habe "lange genug darüber diskutiert, dass das, was wir heute machen, nicht dem internationalen Standard entspricht" (die PZ berichtete in Ausgabe 12/00, Seite 63). Vieles habe zur Verunsicherung der Frauen beigetragen. Glaubt man Schmidt, wird nun alles anders. Das seit Juli 2001 laufende Mammographie-Screening in den Modellregionen Weser-Ems, Bremen und Wiesbaden soll die Grundlagen für das bundesweite Screening schaffen. Dann sollen sich Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren regelmäßig auf Veränderungen der Brust per Mammographie untersuchen lassen. Nur bei Frauen dieser Altersspanne wiege der Nutzen der Untersuchung das damit verbundene Risiko durch die zusätzliche Strahlenbelastung auf.

Eine Vereinbarung der Selbstverwaltung, die die Qualität ärztlicher Versorgung bei der kurativen Mammographie verbessern soll, tritt im April 2002 in Kraft. Dann müssen die behandelnden Mediziner vorgegebene Qualitätsanforderungen erfüllen. Sowohl die Mammographie-Aufnahmen selbst als auch ihre diagnostische Auswertung sollen so optimiert werden. Frauen könnten sich dann auch "darauf verlassen, das sie die medizinisch notwendigen Mammographien" erhielten, betonte die Ministerin.

Mehr Qualität notwendig

Schmidt will ebenso wie der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, Professor Dr. Rolf Kreienberg, die mangelhafte und kostenintensive "graue Mammographie" verbannen, die wegen mangelnder Qualität und auf Grund falscher Befunde in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen sorgte. In der Früherkennung des Brustkrebs muss auch nach Ansicht Kreienbergs mehr Qualität Einzug halten. Die zeitgleiche Einführung der Disease-Management-Programme (DMP) sei die Grundlage für "mehr Überlebende".

Professor Dr. Karl W. Lauterbach, Mitglied im Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, baut ebenfalls auf die Einführung der DMPs. Ausgerichtet an den strengen Europäischen Vorschriften und auf der Basis Evidenz-basierter Richtlinien werde Fort- und Weiterbildung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte eine größere Bedeutung zukommen als bisher. Eine Zertifizierung werde nicht nur die Mitarbeiter, sondern die ganze Praxis erfassen. Spezialisierte Zentren könnten - wie in anderen Ländern - mit den Krankenkassen leistungs- und qualitätsbezogene Verträge abschließen. Lauterbach rechnet mit Kostensenkungen von bis zu einer halben Milliarde Euro jährlich. Nach seinen Angaben verursache die "graue Mammographie" mindestens 100.000 unnötige Operationen pro Jahr. Überdies könnten falsch-positive Diagnosen bei einem Wechsel von der offenen zur Stanz-Biopsie zurückgedrängt werden. Denn bei der Untersuchung des entnommenen Gewebes während einer Operation (offene Biopsie) sei die Zeit begrenzt, um eine Entscheidung für oder gegen die Amputation zu treffen. Die Patientin in Vollnarkose hat zudem keinerlei Einfluss auf die Therapiestrategie. Im Gegensatz dazu könne das unter lokaler Betäubung entnommene Gewebe genauer und mit verschiedenen Methoden untersucht werden und die Entscheidung über die folgende Behandlung wird nicht über den Kopf der Frau hinweg getroffen. Lauterbach und Schmidt wollen die Frauen stärker in die Therapieentscheidung und in die Früherkennung mit einbeziehen.

Nicht nur Zentren

Die CDU-Abgeordnete Annette Widmann-Mauz, die am Mittwoch im Gesundheitsausschuss bei einer öffentlichen Anhörung zum Mammographie-Screening Bericht erstattete, sieht in der Einrichtung von Zentren kein Allheilmittel. "Es hilft uns nicht, mit dem Bus durch die Landschaft zu fahren und die Frauen einzusammeln". Die Christdemokratin möchte erreichen, dass sich möglichst viele Radiologen qualifizieren und die hohen Standards erreichen. Die flächendeckende Versorgung sei elementar für eine hohe Teilnahmequote, sagte Widmann-Mauz gegenüber der PZ.

Weniger euphorisch reagierte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter auf das Mammographie-Konzept aus dem Gesundheitsministerium. In einem für das Umweltministerium verfassten Positionspapier warnen die Wissenschaftler vor voreiligen Massen-Screenings. Das Verhältnis von Nutzen und zusätzlicher Strahlenbelastung müsse noch stärker untersucht werden, warnte das BfS.

Karl Ammensberger wies im Gespräch mit der PZ am Montag darauf hin, dass jede zehntausendste Frau durch die Strahlenbelastung der Untersuchung Krebs bekomme. Das BfS schätzt die Zahl der jährlichen Mammographie-Untersuchungen auf rund sechs Millionen. Die Diskussion um das Screening müsse von "der richtigen Entscheidung für eine Verbesserung der Qualität durch die Einhaltung strenger europäischer Richtlinien" abgekoppelt werden. Top

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