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Welche Studie zu welchem Anlaß?

02.12.1996  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

Welche Studie zu welchem Anlaß?

  Nicht jede Untersuchungsmethode eignet sich für jede medizinische Fragestellung. Die Aussagekraft einer Studie hängt maßgeblich von ihrer Konzeption ab. Auf einem Presseworkshop der Knoll AG bewertete Professor Peter Elwood, University of Wales, die vier wichtigsten Vorgehensweisen für epidemiologische Untersuchungen.

1. Die kontrollierte Fallstudie (case-control study) ist die preiswerteste und am einfachsten durchzuführende Studienform. Die Untersuchungsleiter stellen eine Gruppe kranker Patienten zusammen und vergleichen jeden einzelnen Kranken mit einer gesunden Person ähnlichen Alters und Gewichtes mit entsprechenden Lebensbedingungen. Schwierigkeiten: Die Auswahl der Patienten ist nicht repräsentativ, denn bei einigen Krankheiten, etwa Herzinfarkt oder Krebs, stehen nur die Überlebenden zur Verfügung. Bei anderen Krankheiten werden nur schwere Fälle erfaßt, da leichtere Krankheitsverläufe symptomfrei bleiben. Die Kranken gehen deshalb nicht zum Arzt und bleiben unerkannt. Bei langsam fortschreitenden Krankheiten liegt der medizinisch interessante Beginn oft Jahre zurück. Grenzen: Kontrollierte Fallstudien können nicht zuverlässig zwischen Ursache und Wirkung unterscheiden (Ist der Patient herzkrank, weil er hohen Blutdruck hat oder hat er hohen Blutdruck, weil er herzkrank ist?). Aussagen über Parameter wie Prävalenz oder Inzidenz können auf diese Weise nicht ermittelt werden.

2. Bei der Überblicksstudie (cross-sectional survey) wird ein repräsentativer Teil der Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe untersucht und befragt. Es werden relevante Faktoren für eine Krankheit ermittelt. Stärken: Es werden alle Krankheitsstadien von präsymptomatisch bis Endstadium erfaßt. Verläßliche Aussagen über die Prävalenz einer Erkrankung sind zumeist möglich. Schwierigkeiten: Nur bei einer hohen Beteiligungsquote über den gesamten Untersuchungszeitraum werden valide Resultate gewonnen. Grenzen: Wie bei der Fallstudie können Ursachen und Wirkungen nicht zweifelsfrei getrennt werden.

3. Eine prospektive Kohortenstudie (prospective cohort study) läuft zumeist über mehrere Jahre mit einer sehr großen repräsentativen Probandengruppe. Die Teilnehmer werden zu Studienbeginn untersucht, krankheitsrelevante Faktoren werden regelmäßig gemessen. Dann werden die Probanden über einen längeren Zeitraum beobachtet. Stärken: Valide Aussagen über Inzidenz oder Krankheitsrisiko sind möglich. Relevante Faktoren werden bereits vor Ausbruch einer Krankheit gemessen, deshalb kann auch die Frage nach Ursache und Wirkung beantwortet werden. Risikofaktoren können so sicher bestimmt werden. Schwierigkeiten: Für viele Krankheiten muß eine sehr große Probandengruppe über einen langen Zeitraum beobachtet werden. So wurden in einer amerikanischen Herzstudie 5000 Menschen über fünf Jahre beobachtet. Die Untersuchungsmethode ist deshalb sehr teuer. Die Zahl der Aussteiger muß klein bleiben. Viele Probanden haben für den Abbruch einen Grund, der möglicherweise für eine Gesamtbeurteilung der Studie relevant ist, aber nicht erfaßt wird.

4. Die randomisierte kontrollierte Doppelblindstudie (randomised controlled trial) gilt für die meisten Fragestellungen als Königsweg. Das Probandenkollektiv wird nach dem Zufallsprinzip in zwei gleich große Gruppen eingeteilt. Die eine wird behandelt, beziehungsweise soll ihr Verhalten in einem bestimmten Punkt ändern, die andere Gruppe erhält Placebo oder ein bisher in die Therapie eingeführtes Vergleichspräparat oder soll ihr Verhalten in einem nicht relevanten Punkt ändern.
Stärken: Anhand dieser Studienform können sichere Daten über die Effekte einer medikamentösen Intervention oder der Vermeidung eines potentiellen Risikofaktors gegeben werden. Schwierigkeiten: Diejenigen, die sich der Behandlung entziehen, müssen trotzdem in der Auswertung berücksichtigt werden. Für manche Erkrankungen gibt es ein Zeitfenster, in dem eine medikamentöse Intervention sinnvoll ist, dieses Zeitfenster wird in einer Doppelblindstudie nicht unbedingt gefunden. Bei schweren Krankheiten stellen sich zudem fundamentale ethische Probleme für die Placebogruppe.

PZ-Artikel von Daniel Rücker, Frankfurt        

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