Medizin
Calciumantagonisten vom 1,4-Dihydropyridin-Typ reduzieren die
Komplikationsrate bei Patienten mit systolischem Bluthochdruck. Zu diesem
Ergebnis kommt die SYST-EUR-Studie (Systolic Hypertension in Europe),
die am 26. August in Stockholm auf dem 19. Kongreß der European Society
of Cardiology vorgestellt wurde.
Die 1989 initiierte prospektive, placebokontrollierte, doppelblind-randomisierte
SYST-EUR-Studie hatte unter der Behandlung mit dem langwirksamen
Calciumantagonisten Nitrendipin bei älteren systolischen Hypertonikern eine
Senkung der Schlaganfallhäufigkeit um 42 Prozent gezeigt; hinzu kam eine deutliche
Reduktion der Sterblichkeit durch Herzinfarkte. Die Gesamtmortalität konnte
allerdings nicht signifikant reduziert werden.
Die Therapie war bei den Verumpatienten mit Nitrendipin begonnen worden, als
zusätzliche blutdrucksenkende Präparate konnten der ACE-Hemmer Enalapril
und/oder das Saluretikum Hydrochlorothiazid eingesetzt werden. Aufgrund der
vielversprechenden Ergebnisse in der Verumgruppe wurde die Untersuchung im
Februar dieses Jahres vorzeitig abgebrochen. Unbehandelt gilt die Hypertonie als
einer der Hauptrisikofaktoren für Schlaganfälle.
SYST-EUR hatte insgesamt 4695 europäische Patienten mit isolierter systolischer
Hypertonie einbezogen. Das Durchschnittsalter lag bei 70,3 Jahren in der
Verumgruppe (n: 2398) und bei 70,2 Jahren in der Placebogruppe (n: 2297); auch
andere Patientencharakteristika wie Nikotin- und Alkoholkonsum oder Vorliegen
kardiovaskulärer Komplikationen waren in beiden Gruppen vergleichbar. 67,5
Prozent (Verumgruppe) beziehungsweise 66,2 Prozent (Placebogruppe) der
Studienteilnehmer waren Frauen.
Zu den Einschlußkriterien gehörte ein systolischer Blutdruck zwischen 160 und
219mmhg und ein diastolischer Blutdruck unter 95mmhg. Ausgeschlossen waren
unter anderem Patienten mit sekundärer Hypertonie oder schweren
Begleiterkrankungen.
Die Studie war nach Beratungen mit Vertretern der WHO, der europäischen und
der internationalen Society of Hypertension sowie der World Hypertension League
in Europa durchgeführt worden; die Ergebnisse wurden jetzt vom Lancet zur
Publikation angenommen. Erste Daten stellte der SYST-EUR-Sponsor Bayer in
Stockholm vor:
Die absolute Zahl der Schlaganfälle sei unter der blutdrucksenkenden Behandlung
von 13,7 auf 7,9 pro 1000 Patientenjahre gesenkt worden, was einer
Risikoreduktion um 42 Prozent (p : 0,003) gleichkomme, hieß es. Außerdem
konnten laut Studienkoordinator Professor Dr. Robert Fagard von der katholischen
Universität Leuven, Belgien, die tödlichen und nicht-tödlichen kardiovaskulären
Komplikationen inklusive plötzlichem Herztod um 26 Prozent (p: 0,03) reduziert
werden, das Auftreten von Herzinsuffizienz um 29 Prozent (p: 0,12) und das von
Herzinfarkten um 30 Prozent (p: 0,12). Die allein durch Herzinfarkte bedingte
Sterblichkeit sank Firmenangaben zufolge in der Verumgruppe um 56 Prozent (p:
0,08). Daß im Hinblick auf die Reduktion der Gesamtsterblichkeit der Unterschied
zwischen Verum- und Placebopatienten nicht signifikant gewesen sei, könne
möglicherweise auf die vorzeitige Beendigung der Untersuchung zurückzuführen sein,
mutmaßte Fagard.
PZ-Artikel von Bettina Schwarz, Stockholm
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