Medizin
Längst ist bekannt, daß nur etwa jeder zehnte Raucher den endgültigen
Ausstieg aus der Nikotinabhängigkeit schafft. Suchtforscher Jack
Henningfield kam nach Auswertung der vorhandenen wissenschaftlichen
Daten zu dem ernüchternden Schluß: "Der größte Teil der
Tabakabhängigen wird niemals von der Zigarette loskommen." Daher stellt
sich die Frage, was jene Raucher für ihre Gesundheit tun können, die ihre
Angewohnheit letztendlich nicht aufgeben können.
Seriöse wissenschaftliche Studien weisen den Weg: Wer den Totalausstieg nicht
schafft, sollte auf Leicht- oder Ultraleichtzigaretten umsteigen. Doch diese Lösung
wird mit Schlagzeilen wie Der Trend zu Light-Zigaretten, eine Mogelpackung?"
behindert. Einige Nikotingegner bestreiten, nach dem Motto "vor dem Feind Nikotin
keinen Schritt zurückweichen", daß der Umstieg auf Leichtzigaretten sinnvoll sei.
Doch diese einst offene Frage ist längst entschieden. Wissenschaftliche Tests, die
unter der Leitung von Professor Neal L. Benowitz in enger Zusammenarbeit mit der
US-Gesundheitsbehörde (NIH) durchgeführt und in JAMA (Journal of the
American Medical Association) veröffentlicht wurden, zeigten bereits vor über zehn
Jahren, daß die Nikotin- und Teeraufnahme bei den Leichtrauchern trotz aller
bestehenden Manipulationsmöglichkeiten um etwa 50 Prozent unter derjenigen lag,
die bei den Rauchern stärkerer Zigaretten gemessen wurde. Außerdem konnte die
Aufnahme von Kohlenmonoxid um rund ein Drittel vermindert werden. Die
Wissenschaftler forderten daher, daß Raucher, die auf die Zigaretten nicht ganz
verzichten können, bis zum Vorliegen weiterer wissenschaftlicher Daten
vorsichtshalber auf Leichtzigaretten umsteigen sollten.
Die 1986 noch fehlenden Daten stellte Jahre später eine Arbeitsgruppe um den
Epidemiologen Professor Nicholas J. Wald vom St. Bartolomeus Hospital Medical
College in London zusammen. Wald untersuchte zwischen 1967 und 1982 vier
Gruppen von insgesamt 56.255 Männern, darunter 12.400 Raucher. Die
Auswertung der 2742 registrierten Todesfälle ergab eindeutige Befunde: Die im
Zusammenhang mit dem Rauchen beobachtete Sterblichkeit an typischen
Raucherkrankheiten lag bei den Konsumenten von Filterzigaretten um 9 Prozent
niedriger als bei Rauchern filterloser Zigaretten.
Das Sterberisiko sank außerdem parallel zum Rückgang des jeweiligen "Teergehalts"
der gerauchten Zigaretten. Lag dieser bei lediglich 15mg (derartige Zigaretten gelten
heute als stark) so ging die Sterblichkeit an Lungenkrebs, Herzinfarkt, Schlaganfall
sowie chronischer Raucherbronchitis im Vergleich zu den 30mg Zigaretten um
jeweils ein Viertel zurück.
Mittlerweile sind in Deutschland Ultraleichtzigaretten auf dem Markt, die nur noch
2mg oder 1mg Kondensat enthalten. Da die Arbeitsgruppe um Wald einen
parallelen Trend von Schadstoffkonzentration und Sterberisiko nachweisen konnte,
dürften die heute erhältlichen Ultraleichtzigaretten die Überlebenschancen jener
Raucher, die den Totalverzicht auf die Zigarette nicht schaffen, verbessern.
PZ-Artikel von Jochen Kubitschek, Waddewitz
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