Medizin
Vitamin D-Mangel stellt einen wichtigen Risikofaktor für Knochenabbau
und Frakturen dar. Eine D-Hypovitaminose wird häufig bei älteren,
immobilen und bettlägerigen Personen diagnostiziert. Wie es um die
Versorgung mit Vitamin D bei anderen Personen bestellt ist, wurde bisher
jedoch kaum untersucht.
Eine amerikanische Forschercrew untersuchte deshalb 290 Patienten, die wegen
einer internistischen Erkrankung stationär in einer Klinik behandelt wurden. Das
Durchschnittsalter der Patienten lag bei 62 Jahren, und nur wenige von ihnen nahmen
Medikamente ein oder litten an Krankheiten, die zu einem Vitamin-D-Mangel
führen.
Bei 164 Patienten (57 Prozent) wurde ein Vitamin-D-Mangel festgestellt. Dieser
drückte sich in einer Serumkonzentration von 25-Hydroxy-Vitamin-D kleiner oder
gleich 15 ng/ml aus. Bei 65 Patienten (22 Prozent) lag ein schwerer Vitamin
D-Mangel vor. Ihre Serumkonzentration betrug weniger als 8 ng/ml
25-Hydroxy-Vitamin-D.
Die Konzentrationen waren umgekehrt proportional zur Höhe der
Parathormon-Spiegel. Als Ursachen für den niedrigen Serumspiegel fanden die
Wissenschaftler unter anderem eine zu geringe Vitamin-D-Aufnahme über die
Nahrung, zu geringer Kontakt mit UV-Licht (Wintersaison), eine Therapie mit
Antikonvulsiva, Dialysebehandlung, ein nephrotisches Syndrom, Bluthochdruck
sowie Diabetes mellitus.
Höhere Serumkonzentrationen von Parathormon und alkalischer Phosphatase,
niedrigere Caclcium-und Albumin-Serumkonzentrationen zeigten sich als wichtige
Indikatoren einer D-Hypovitaminose. 66 Prozent der Patienten, die täglich weniger
als die empfohlene Tagesdosis an Vitamin D (200 IU) zu sich nahmen und 37
Prozent der Patienten mit einer täglich höheren Aufnahme wiesen eine
Hypovitaminose auf.
Die bekannten Risikofaktoren eines Vitamin D-Mangels wie eine zu geringe Zufuhr
über die Nahrung, verminderte UV-Exposition und Bettlägerigkeit wurden bestätigt.
In einer Subgruppenanalyse bei 77 Patienten unter 65 Jahren, die keine
Risikofaktoren aufwiesen, konnte jedoch auch bei 42 Prozent eine Hypovitaminose
festgestellt werden. Eine D-Hypovitaminose stellt bei internistischen Patienten, auch
unabhängig von Risikofaktoren, ein Problem dar. Die Autoren halten deshalb
Screeninguntersuchungen und umfangreiche Vitamin-D-Nahrungsergänzungen für
gerechtfertigt.
In den USA wurde vor kurzem die empfohlene tägliche Vitamin-D-Zufuhr
angehoben So sollen 19- bis 51jährige täglich 200 IU Vitamin D zu sich nehmen,
51- bis 70jährige 400 IU und ältere Personen ab 71 sogar 600 IU.
Nach Ansicht der Wissenschaftler sind jedoch auch diese Dosen wahrscheinlich zu
niedrig. Danach brauchen Kranke und Senioren täglich 800 bis 1000 IU Vitamin D.
Möglicherweise sei diese Dosierung sogar für alle Erwachsene sinnvoll.
Toxizitätsprobleme gäbe es nicht, da erst ab einer täglichen Zufuhr von 2400 IU mit
Hypercalciurie und Hypercalcämie zu rechnen ist.
Als Möglichkeiten, die erhöhte Zufuhr zu realisieren, bieten sich nach Ansicht der
Autoren eine entsprechende Anreicherung von Nahrungsmitteln und die Erhöhung
der Dosierung von Vitamin D und Calcium in Multivitamin-Präparationen an. Alle
Erwachsenen sollten angewiesen werden, diese Präparate einzunehmen. Ein
breitgestreuter Anstieg der Vitamin D-Zufuhr besäße einen größeren Einfluß auf
Osteoporose und Frakturen als zahlreiche andere Maßnahmen.
Quelle: (1) Thomas, M. K. et al. N. Engl. J. Med. 338 (1998)777-83., (2) Utiger, R. D. N. Engl. J.
Med. 338 (1998)828 - 829.
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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