Medizin
Überschüssiges Eisen im Gewebe steht im Verdacht, das
Arterioskleroserisiko zu erhöhen. Eisen soll die Lipidperoxidation im
Gewebe katalysieren können. Daß man jedoch mit der Verknüpfung von
Eisenstatus, Lipidperoxidation und möglichen pathophysiologischen
Konsequenzen vorsichtig sein sollte, ist das Ergebnis einer Münchner
Forschergruppe.
Bei normalem Eisenstatus entstehen im Gewebe keine Eisenablagerungen
(Gewebssiderose). Selbst wenn bei einem Eisenmangel das Spurenelement
substituiert wird, ist wegen der gesteigerten erythropoetischen Kompensation des
zugeführten Eisens keine Gewebssiderose zu erwarten. Des Rätsels Lösung liegt
überraschenderweise beim Magnesium. Bei Ratten mit ausgeprägtem
Magnesiummangel, aber normalem Eisenstatus lagert sich Eisen im Gewebe an. Wie
das?
Die Forschergruppe untersuchte dazu 30 Tage lang 90 männliche Ratten, denen man
Futter mit unterschiedlich hohen Magnesium-, aber standardisierten Eiserimengen zu
fressen gab. Im Abstand von zehn Tagen überprüften die Wissenschaftler die
verschieden stark ausgeprägten Magnesiummangelzustände. Dabei trat eine vom
Ausmaß des Magnesiummangels abhängige Hämolyse auf. Ist der
Magnesiummangel besonders eklatant, kann die Hämolyse durch eine gesteigerte
Erythropoese nicht mehr wettgemacht werden. Unter physiologischen Bedingungen
wird nämlich freigesetztes Häm-Eisen in die Erythropoese zurückgeleitet. Bei den
Versuchstieren trat wegen der Schwere des Magnesiummangels eine hämolytische
Anämie auf.
Zeitlich parallel zur Anämie entwickelte sich eine Siderose. Das Gewebe scheint also
die hämolytisch freigesetzten Eisenionen aufzunehmen, die in der Erythropoese nicht
unmittelbar verwendet werden können. Dafür haben die Wissenschaftler auch eine
Schwellenkonzentration ausgemacht. Die Magnesiumkonzentration im Plasma muß
unter 0,2mmol/l sinken, bevor die Eisenkonzentration im Gewebe steigt.
Eisen lagerte sich besonders in Milz und Leber der Ratten ab, wobei es die Experten
histologisch nur im Retikuloendothelialen System (RES) nachweisen konnten. Der
erhöhte Eisengehalt geht zwar mit einer biochemischen Lipidperoxidation einher, nur
hat dieser keine morphologische Relevanz, deckten die Experten auf. Die
Wissenschaftler fanden licht- und elektronenmikroskopisch keine pathologischen
Veränderungen, weder an den Membranen, noch an den Mitochondrien. Laut
Ausführungen der Wissenschaftler läßt das nur eine Erklärung zu: Das RES bildet bei
der Verteilung des Eisens in den Organen ein gesondertes Kompartiment, das dem
Parenchym der Organe vorgelagert ist und das Eisen abfängt. Die bayerische
Arbeitsgruppe weist allerdings darauf hin, daß ihre Studie nur dreißig Tage
andauerte und deshalb nicht absehbar sei, ob das RES das Parenchym auch bei
einem chronischen Magnesiummangel vor hämolytisch freigesetztem Eisen schützen
kann.
Grund für die Eisenakkumulation ist eine sekundäre Umverteilung des Eisens bei
ausgeprägtem Magnesiummangel. Wie diese Umverteilung genau induziert und
vonstatten geht, ist unklar. Das veranlaßt die Autoren der Studie zu der Aussage,
daß sich die Interaktionen zwischen Metallen nicht auf die direkte Kompetition um
Bindungsstellen an Liganden, Transport- und Carrierproteinen oder um die
prosthetischen Gruppen von Enzymen beschränken. Wechsel- oder
Nebenwirkungen wie die Umverteilung von Eisen ließen sich deshalb nicht in
Zellkulturen oder an isolierten Organen untersuchen, sondern nur im intakten
Organismus.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Oberursel
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