Medizin
Es existieren zahlreiche Hinweise darauf, daß erhöhte
Homocystein-Spiegel atherogen wirken können. Die Erhöhung des Risikos
einer koronaren Herzkrankheit (KHK) durch Homocystein kann dabei über
eine direkte Toxizität auf endotheliale Zellen, eine erhöhte Koagulation,
eine verminderte endotheliale Reaktivität sowie eine Stimulation der
Proliferation der glatten Muskelzellen zustande kommen.
Erhöhte Homocystein-Blutspiegel können genetisch oder ernährungsbedingt sein.
Zum Beispiel wenn zu wenig Folat und Vitamin B
6 zugeführt wird. Folsäure und
Vitamin B
6, gelten als physiologische Gegenspieler von Homocystein. Nach den
derzeitigen Empfehlungen sollten nicht-schwangere Frauen täglich 180µg Folsäure zu
sich nehmen. Dies scheint jedoch nicht auszureichen, um das Risiko einer koronaren
Herzkrankheit zu minimieren. So wird von einigen Wissenschaftlern empfohlen, die
Dosis auf 400µg pro Tag heraufzusetzen.
Um eine Korrelation zwischen der täglichen Aufnahme von Folat und Vitamin B
6
und der Häufigkeit von nichttödlichen Myokardinfarkten und tödlich endender
koronarer Herzkrankheit zu untersuchen, wurden von Wissenschaftlern der
Harvard-Universität in Boston die Daten von 80.082 Frauen aus der prospektiven
Nurses Health Study ausgewertet. Die Frauen wiesen in der Anamnese weder ein
Krebsleiden, Diabetes, eine Hypercholesterolämie noch eine koronare Erkrankung
auf. Ihre Ernährungsgewohnheiten wurden mittels eines detaillierten Fragebogens
ermittelt.
Während der 14jährigen Nachbeobachtungszeit wurden 658 Fälle eines
nichttödlichen Myokardinfarkts und 281 Fälle tödlich endender
Koronarerkrankungen registriert. Nach Ausschluß anderer kardiovaskulärer Risiko-
und Schutzfaktoren wie Rauchen, Hypertonie, Aufnahme von Vitamin E,
Alkoholkonsum, Ernährungsanteil an gesättigten, ungesättigten und trans-Fettsäuren,
ergab sich das relative Risiko einer unzureichenden Vitaminaufnahme. Frauen, die
am wenigsten Folsäure und Vitamin B
6 aufnahmen, waren am stärksten gefährdet.
Das relative Risiko bei Frauen, die im Mittel täglich 696µg Folat einnahmen lag bei
69 Prozent, verglichen mit den Frauen die lediglich 158µg/d einnahmen. 67 Prozent
der Frauen, die im Mittel täglich 4,6mg Vitamin B6 einnahmen, erkrankten im
Vergleich zu Frauen die lediglich 1,1mg/d zu sich nahmen. Nahmen Frauen sowohl
viel Folat als auch Vitamin B
6 ein, so reduzierte sich das Risiko um 45 Prozent
gegenüber den Frauen, die nur wenig von beiden zu sich nahmen.
Das Risiko einer KHK war im Mittel um 24 Prozent bei den Frauen reduziert, die
regelmäßig ein Multivitaminpräparat einnahmen. Diese Präparate waren allgemein
die wichtigste Quelle beider Stoffe. Eine Subgruppen-Analyse, die auf einem
Vergleich mit Nichttrinkern basierte, ergab, daß die inverse Korrelation zwischen
einer hohen Folat-Aufnahme und der Entstehung einer KHK am stärksten bei den
Frauen war, die täglich einen alkoholischen Drink zu sich nahmen (relatives Risiko:
0,69) und denen die mehr als einen Drink konsumierten (relatives Risiko: 0,27). Dies
bedeutet, daß Frauen mit hohem Alkoholkonsum am meisten von einer höheren
Folatzufuhr profitieren.
Die Ergebnisse sprechen dafür, daß eine über die heutigen Empfehlungen
hinausgehende Aufnahme von Folsäure und Vitamin B
6 eine wichtige Rolle in der
Primärprävention der koronaren Herzkrankheit von Frauen spielen könnte. Die
Autoren beschreiben eine optimale Risikoreduktion bei einer täglichen Aufnahme
von mehr als 400µg Folat und 3mg Vitamin B
6.
Quelle: Rimm, E.B., et al., J.Amer.Med. Ass. 279 (1998), 359-363
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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