Medizin
Makrolide gehören zusammen mit ß-Laktamen, Tetracyclinen und
Cephalosporinen zu den Erstwahlpräparaten bei akuter Bronchitis und
akuten Exazerbationen der chronischen Bronchitis. Außerdem werden sie
zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie eingesetzt, da sie
sowohl gegen typische als auch atypische Infektionserreger wirken.
In klinischen Studien wird jedoch meist nur die Effektivität einer Behandlung
untersucht, während die Effizienz in der Regel zu kurz kommt. Die Betrachtung der
Effizienz einer bakteriellen Behandlung sollte neben dem klinischen Stellenwert auch
die Gesamttherapiekosten berücksichtigen. Hierzu sollten neben der Effektivität, den
Antibiotikakosten und der Compliance auch die Applikationshäufigkeit und die
Verträglichkeit berücksichtigt werden.
Standardmakrolid ist weiterhin Erythromycin, das in zahlreichen Zubereitungen
verfügbar ist. Im allgemeinen muß Erythromycin drei- bis viermal täglich appliziert
werden. Roxithromycin war das erste der Zweitgenerations-Makrolide mit einem
verbesserten pharmakokinetischen Profil, das eine ein- bis zweimal tägliche
Applikation erlaubt. Sein antibakterielles Spektrum umfaßt typische wie auch
atypische respiratorische Pathogene, und es dringt gut in Lungengewebe und die
Sekrete ein. In zahlreichen Studien erwies sich Roxithromycin als mindestens gleich
wirksam wie Erythromycin.
Die unerwünschten Wirkungen von Erythromycin sind meist gastrointestinaler Art
und umfassen Schmerzen, Krämpfe, Nausea, Erbrechen sowie Diarrhöe. Hierdurch
kann es zu reduzierter Compliance und verschlechterten klinischen Ergebnissen
kommen. Aus Tierversuchen ist weiterhin bekannt, daß Erythromycin als
Motilin-Agonist wirkt und prokinetische Effekte besitzt. Die bislang vorliegenden
Befunde lassen vermuten, daß Roxithromycin weniger gastrointestinale
Nebenwirkungen besitzt als Erythromycin.
In einer von R.J. Milne geleiteten Studie wurde bei Patienten mit Infektionen des
unteren Respirationstraktes untersucht, wie hoch der Anteil an Therapieabbrüchen
aufgrund unerwünschter Nebenwirkungen ist. Hierzu wurden 28 klinische Studien
mit Roxithromycin und/oder Erythromycin mit insgesamt 2195 Patienten
ausgewertet; 65 Prozent waren ambulante Patienten.
942 Patienten in 13 Studien erhielten täglich 300mg Roxithromycin und 1253
Patienten in 15 Studien Erythromycin in verschiedenen Formulierungen und
Dosierungen. Bei 47 Prozent der Patienten wurde initial eine ambulant erworbene
Pneumonie diagnostiziert, 20 Prozent wiesen eine akute infektiöse Exazerbation
einer chronischen Bronchitis auf, 30 Prozent hatten eine akute Bronchitis, und
weitere 4 Prozent hatten nicht näher spezifizierte untere Atemwegsinfektionen.
Die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen, die eindeutig oder wahrscheinlich mit der
Antibiotikatherapie verbunden waren, war bei den Patienten, die Erythromycin
erhielten, 2,5fach höher als bei denen unter der Roxithromycin-Therapie (24,8
versus 10,1 Prozent). Die durch unerwünschte Effekte bedingte Abbruchrate lag in
der Erythromycin-Gruppe 3,6fach höher (7,1 versus 2,0 Prozent). Die meisten unter
Erythromycin beobachteten unerwünschten Effekte waren gastrointestinaler Art.
Da unerwünschte Wirkungen und Therapieabbrüche die Compliance und den
Therapieerfolg entscheidend beeinflussen, sollten diese Fakten bei der Verordnung
eines Makrolids mit in die Überlegungen eingehen.
Quelle: Milne, R.J., et al., Clin.Drug.Invest 14, 1997, 405-417
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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