Ceftriaxon und Doxycyclinbei Lyme-Borreliose |
06.10.1997 00:00 Uhr |
Medizin
Die Lyme-Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die durch den Erreger
Borrelia burgdorferi ausgelöst wird. Es handelt sich um eine durch Zecken
übertragene, entzündliche Erkrankung, die klinisch durch eine frühe
Hautläsion, das Erythema migrans, zu erkennen ist.
Mindestens 75 Prozent der Lyme-Patienten weisen eine solche Frühläsion auf. Im
allgemeinen dauert das Erythem einige Wochen an, wobei flüchtige Effloreszenzen
auch während des Abklingens auftreten können. Bald nach Beginn entwickelt nahezu
die Hälfte der Patienten multiple, gewöhnlich kleinere, disseminierte Läsionen.
Wochen bis Monate später können neurologische, kardiale oder
Gelenkabnormalitäten folgen.
Die lokale Lyme-Borreliose (Erythema migrans) wird normalerweise mit oralem
Doxycyclin oder Amoxicillin behandelt. Unklar ist bislang, inwieweit eine akute
disseminierte Infektion mit Borrelia burgdorferi in gleicher Weise behandelt werden
kann. Bislang gilt die parenterale Therapie mit dem Cefalosporin Ceftriaxon auch bei
schweren Verlaufsformen der akuten disseminierten Lyme-Erkrankungen mit
Neuroborreliose, Karditis und Meningitis als ein Mittel der Wahl.
In der vorliegenden prospektiven, offenen, randomisierten Multicenterstudie wurden
Effektivität und Verträglichkeit von parenteralem Ceftriaxon (2 g einmal täglich über
14 Tage) mit oralem Doxycyclin (100 mg zweimal täglich über 21 Tage) bei
Patienten mit einer akuten disseminierten Infektion verglichen. Das Vorliegen einer
Meningitis galt aufgrund der beschränkten Liquorgängigkeit von Doxycyclin als
Ausschlußkriterium. Einschlußkriterien waren das Vorliegen eines Erythema migrans;
außerdem mußte die disseminierte Erkrankung entweder an multiplen
Erythema-migrans-Läsionen oder an objektiven Zeichen einer Organbeteiligung
erkennbar sein.
Ergebnisse: Von 140 in die Studie aufgenommenen Patienten litten 133 an multiplen
Erytheme-migrans-Erscheinungen. Beide Behandlungsalternativen waren
hochwirksam und gleichwertig. So lagen die klinischen Heilungsraten bei der letzten
Untersuchung in der Ceftriaxon-Gruppe bei 86 Prozent und in der
Doxycyclin-Gruppe bei 88 Prozent. Therapieversager wurden nur bei jeweils einem
Patienten aus jeder Gruppe beobachtet.
Von den Patienten, deren Infektion geheilt werden konnte, gaben 18 der 67
Patienten in der Ceftriaxon-Gruppe (27 Prozent) und 10 von 71 Patienten (14
Prozent) der Doxycyclin- Gruppe bei der letzten Nachuntersuchung ein oder
mehrere Restsymptome an. Eine milde Arthralgie war dabei das häufigste Symptom.
Beide Behandlungen wurden gut vertragen, lediglich vier Patienten (6 Prozent) in
jeder Gruppe schieden wegen Nebenwirkungen vorzeitig aus.
Fazit: Bei Patienten mit akuter disseminierter Lyme-Borreliose ohne Meningitis
erwies sich die orale Therapie mit Doxycyclin der parenteralen Therapie mit
Ceftriaxon zur Verhütung von Spätmanifestationen der Erkrankung als gleichwertig.
Bei Gegenüberstellung der Arzneimittel-Therapiekosten (laut Roter Liste) erweist
sich die Doxycyclin-Therapie im Vergleich zur Ceftriaxon-Therapie als wesentlich
günstiger. Bei Tagestherapiekosten von 2 DM für Doxycyclin und zirka 110 DM für
Ceftriaxon errechnen sich Arzneimittelkosten über den gesamten Therapieverlauf
von rund 40 beziehungsweise rund 1500 DM.
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
© 1997 GOVI-Verlag
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