Medizin
"Rauchen war in unserer Entwicklung nicht eingeplant. Deshalb hat der
Körper auch keinen Abwehrmechanismus auf Lager", sagte Professor Dr.
Roland Buhl vom Universitätsklinikum Mainz. Folge: Der blauer Dunst ist
Risikofaktor Nummer eins für die chronische Bronchitis. Die Mehrheit der
Bevölkerung weiß jedoch von diesen Zusammenhängen nichts. Um darauf
aufmerksam zu machen, findet am 26. September der 1. Deutsche
Lungentag unter der Schirmherrschaft von Christiane Herzog statt.
Sechs gemeinnützige Fachgesellschaften, darunter die Deutsche Atemwegsliga, die
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie, der Bundesverband der Pneumologen, die
Christiane Herzog Stiftung, die Deutsche Lungenstiftung und die Gesellschaft für
Pädiatrische Pneumologie, haben sich zusammengetan und bieten über eine Woche
lang bundesweit mehr als 100 Veranstaltungen mit Informationsmöglichkeiten und
vielen praktischen Tips für Betroffene an. Boehringer Ingelheim und Merck
unterstützen die Aktionen. Die Vielzahl der Angebote reicht von
Lungenfunktionsmessungen in der Fußgängerzone, von beratenden Gesprächen mit
Apothekern und Ärzten über Informationsforen bis hin zum Auftritt eines Zirkus mit
Asthma-Artisten. In Rheinland-Pfalz sind die Events auf Bad Ems und Mainz
konzentriert, wo am 16. September auch die Pressekonferenz stattfand.
Die chronische Bronchitis ist gekennzeichnet durch eine chronische Entzündung der
Bronchien, die zu den typischen Symptomen Husten und Auswurf führt. Wenn die
Beschwerden zwei Jahre lang mindestens in drei Monaten vorhanden sind, kann man
von einer chronischen Bronchitis ausgehen, so die Definition der
Weltgesundheitsorganisation. Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich. Durch die
vermehrte Schleimproduktion und die sich verengenden Atemwege
(Atemwegsobstruktion) kommt es zu Atemnot. Anfangs fällt das Ringen nach Luft
nur bei Belastung wie beim Treppensteigen auf und wird nicht selten als banale
Alterserscheinung abgetan.
Chronische Bronchitiker neigen verstärkt zu viralen Infekten. Der Bronchialschleim
bildet den idealen Nährboden für Viren. Das geschädigte Bronchialsystem wird
weiter angegriffen, das Leiden verschlechtert sich permanent. Eine weitere Folge
kann das Lungenemphysem sein. Mittlerweile sind mehr als 6 Milliarden Menschen
davon betroffen, der Volkswirtschaft schlägt das mit 11 Milliarden DM zu Buche.
Deshalb der Rat an die Apotheker: Klagt der Patient schon länger als drei Wochen
über Husten, ist der Gang zum Arzt dringend zu empfehlen. Bei Patienten, die schon
mehrere Tage Hustenblocker oder -stiller einnehmen, sensibel sein. Ein
Lungenfunktionstest beim Pneumologen wäre hilfreich.
Tabakrauch ist der Risikofaktor Nummer eins. In 90 Prozent der chronischen
Bronchitis-Fälle hat der blaue Dunst die Bronchien zerfressen. Dr. Götz Riedel,
Vorsitzender des Berufsverbandes der Pneumologen, beklagte die schwache Rolle
der Lungenärzte in Deutschland angesichts der rund 20 Milliarden Mark
Steuereinnahmen durch Tabaksteuer. Bei sovielen Einnahmen verpuffe die Warnung
vor dem Rauchen im Wind.
Aber auch Industrie- und Autoabgase oder Stäube sollten gemieden werden.
Männer sind dreimal so häufig betroffen wie Frauen. Nach den Ausführungen von
Riedel spielt die Ozonbelastung in den warmen Sommermonaten für die chronische
Bronchitis nur eine untergeordnete Rolle.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Mainz
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