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CMV-Infektionen bei AIDS-Patienten

14.09.1998  00:00 Uhr

- Medizin

Govi-Verlag

CMV-Infektionen bei AIDS-Patienten

Cytomegalie-Viren (CMV) lösen bei HIV-Patienten häufig opportunistische Infektionen wie Retinitis, Kolitis und Enzephalitis aus. Die Auswirkungen einer antiretroviralen Therapie auf bestehende CMV-Infektionen ist bislang noch unklar.

In einer Publikation faßten jetzt Spezialisten den aktuellen Stand der Behandlung der CMV-Erkrankung bei HIV-Patienten zusammen. Ziel der Leitlinien ist es, den behandelnden Ärzten eine Hilfestellung bei der Therapie zu geben.

CMV-Retinitis
Die Retinitis zählt zu den häufigsten CMV-Infektion bei AIDS-Patienten. Die Diagnose erfolgt anhand klinischer Symptome. Ophthalmologische Untersuchungen sollten unmittelbar vor und nach dem Behandlungsbeginn und danach monatlich durchgeführt werden. Die Auswahl der Therapie sollte anhand der Effektivität, dem Risiko toxischer Effekte und Nebenwirkungen sowie der Lebensqualität der Patienten erfolgen.

Beim Ganciclovir besteht die Initialtherapie aus einer zweimal täglichen einstündigen Infusion von 5 mg/kg KG für 14 bis 21 Tage; als Erhaltungstherapie gibt man einmal täglich 5 mg/kg KG. Bei 85 Prozent der Patienten mit CMV-Retinitis besserte oder stabilisierte sich der Krankheitszustand; fast alle Aids-Patienten erlitten jedoch Rückfälle innerhalb von zwei bis fünf Wochen nach Absetzen der Therapie. Als Nebenwirkungen der intravenösen Ganciclovir-Therapie wurden unter anderem Neutropenie und Thrombozytopenie beobachtet. Die Neutropenie kann mit Hilfe der adjuvanten Gabe von Granulozyten-Kolonie-stimulierendem-Faktor (GCSF) behandelt werden. Die erforderliche Dosis liegt bei dreimal wöchentlich 300 µg und anschließender Dosisanpassung.

In einer randomisierten Studie erwies sich intravenös appliziertes Foscarnet in der Primär- und Erhaltungstherapie gegenüber der intravenösen Ganciclovir-Therapie als gleichwertig. Als Erhaltungstherapie wurde einmal täglich zwei Stunden lang 90 mg/kg KG infundiert. Eine zwar effektivere Dosis von 120 mg/kg KG führt zu noch gravierenderen Nebenwirkungen. Dosislimitierende toxische Effekte wie reversible Anstiege des Serumkreatininspiegels, Erbrechen, Übelkeit, genitale Ulzera und neurologische Symptome treten bei circa 30 Prozent der Patienten auf. Erbrechen und neurotoxische Effekte lassen sich durch eine langsame intravenöse Infusion abmildern. Die Applikation von Foscarnet ist aufgrund der langsamen Infusionsgeschwindigkeit, der nötigen Hydratation sowie der erforderlichen Infusionspumpe die schwierigste und umständlichste Therapieform.

Die Standardtherapie mit Ganciclovir oder Foscarnet erfordert unter Umständen lebenslange tägliche Infusionen. Kosten und Belastungen des Patienten sowie das Risiko schwerer Infektionen in Zusammenhang mit einem zentralvenösen Katheter sind problematisch. Die Gabe von Cidofovir, peroralem Ganciclovir oder einem intraokularen Ganciclovir-Implantat können hilfreiche Therapieoptionen sein.

Gastrointestinale CMV-Infektionen

Cytomegalieviren verursachen häufig Ulcera des unteren ösophagealen Sphinkter, können jedoch auch eine diffuse Ösophagitis, Ulcera der oberen Speiseröhre, Gastritis, Magengeschwüre, Duodenitis, Duodenalulcera und Enteritis hervorrufen. Das klinische Bild hängt weitgehend vom Ort der Infektion ab. Bei der Diagnose, die in der Regel mit Hilfe einer endoskopischen Biopsie erfolgt, ist eine Mykose als Erkrankungsursache auszuschließen.

CMV-Infektionen des unteren Gastro- Instetinal-Traktes findet man meist im Bereich des Kolons (67 Prozent). Die Viren können jedoch auch Perforationen im Ileum und rektale Ulzera verursachen. Häufigstes Symptom der Erkrankung ist eine milde Kolitis mit Diarrhoe, geringgradigem Fieber und Bauchschmerzen. Zur Diagnose dient meist eine kolonoskopische Biopsie.

Die Behandlung gastrointestinalen CMV-Infektionen erfolgt ähnlich wie bei einer CMV-Retinitis mit der Einschränkung, daß die Induktionsphase drei bis sechs Wochen (Retinitis: zwei Wochen) dauert. Momentan gilt Ganciclovir als Mittel der Wahl zur Therapie der CMV-Kolitis; Foscarnet wird meist bei Versagen der Ganciclovir-Therapie eingesetzt. Beim Versagen der jeweiligen Therapie kann auch eine Kombination beider Wirkstoffe eingesetzt werden. Nach Absetzen der Therapie kommt es im Mittel nach neun Wochen zu einem Rezidiv. Bislang existieren kein Empfehlungen zur dauerhaften Erhaltungstherapie bei gastrointestinalen CMV-Infektionen.

Neurologische CMV-Infektionen

Bei AIDS sind hauptsächlich zwei neurologische Syndrome mit einer CMV-Infektion verbunden: Die CMV-Polyradikulopathie und die CMV-Ventrikuloencephalitis. Erstere ist durch ein Harnverhalten und eine fortschreitende bilaterale Muskelschwäche der Beine charakterisiert. Die Symptome können rasch fortschreiten und zu einem Verlust der Blasenkontrolle und der autonomen Kontrolle des Gastrointestinaltrakts sowie einer Paraplegie führen. Spastische Myelopathien und sakrale Parästhesien können auftreten. Die Diagnose erfolgt über den Nachweis von CMV-Antigen und -DNA im Liquor. Die Ventrikuloenzephalitis tritt in der Regel als Begleiterscheinung bei CMV-Infektionen anderer Organe auf. Die Patienten leiden unter Lethargie, Verwirrungszuständen und Fieber. Nystagmus, Ataxie sowie unilaterale oder bilaterale kraniale Nervenlähmungen sind die charakteristischsten Symptome. Die Diagnose erfolgt über den Nachweis von CMV-DNA im Liquor.

Auch hier stellt die möglichst frühzeitig begonnene Behandlung mit intravenös appliziertem Ganciclovir, Foscarnet oder einer Kombination von beiden das Mittel der Wahl dar. Bislang existieren keine Hinweise, ob sich die Überlebensrate von Patienten durch die Therapie verbessern läßt.

CMV-Pneumonie

Da Aids-Patienten an diversen Infektionen leiden, die zu einer Pneumonie führen können, ist eine CMV-Infektion schwierig zu diagnostizieren. Diagnostische Hinweise liefern pulmonale Infiltrate auf einer Röntgenaufnahme, der Nachweis von CMV in einer Viruskultur, CMV-Antigen, die Anwesenheit von charakteristischen intrazellulären Einschlüssen im Lungengewebe oder bronchoalveolären Makrophagen. Einen wichtigen Hinweis stellt auch das Fehlen anderer pulmonaler Pathogene oder das Therapieversagen von ansonten wirksamen Mitteln dar.

Auch hier ist die Behandlung mit intravenös appliziertem Ganciclovir oder Foscarnet in der Standarddosierung Mittel der Wahl. Die Therapie sollte mindestens für 21 Tage fortgeführt werden. Die Ansprechrate liegt zwischen 60 und 70 Prozent. Die bislang vorliegenden Daten rechtfertigen nicht den Einsatz von hochdosierten Immunglobulinen. Eine längerdauernde Rezidivprophylaxe wird nur bei häufigen Rückfällen empfohlen. Der Stellenwert der oralen Ganciclovir-Therapie hierbei ist nicht untersucht.

Quelle: Whitley, R. J. et al. Arch. Intern. Med. 158 (1998) 957-969.

PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden

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