Therapie sekundär heilender Wunden |
15.09.1997 00:00 Uhr |
Medizin
Rund vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer
chronischen Wunde. Um effektiv therapieren zu können, müssen unter
anderem diejenigen Faktoren beseitigt werden, die der Wundheilung
entgegenstehen. Wie sich durch den kombinierten Einsatz von
Enzympräparaten und hydroaktiven Spezialverbänden im Rahmen der
feuchten Wundbehandlung gute Bedingungen für den Heilungsprozeß
schaffen lassen, wird nachfolgend erklärt.
Chronische Wunden werden verursacht durch lokale und/oder systemische
Störfaktoren. Als systemische Faktoren spielen besonders
Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, aber auch Eiweiß-, Vitamin- oder
Faktor-XIII-Mangel eine Rolle. Lokal sind vor allem venös oder arteriell bedingte
Durchblutungsstörungen, Druckbelastung oder Infektionen für
Wundheilungsstörungen verantwortlich. Da auch der physiologische Alterungsprozeß
zu einer Verzögerung der Wundheilung führt, sind oft ältere und/oder multimorbide
Menschen von schlecht heilenden Wunden betroffen. Aber auch Patienten mit
medikamentös bedingter Immunabwehrschwäche (zum Beispiel bei Cortison,
Zytostatika) oder Malnutrition weisen häufig eine verzögerte Wundheilung auf.
Als typische Merkmale der chronischen Wunde sind besonders die unzureichende
Granulation, eine verminderte Mikrozirkulation im Wundbereich sowie das
Vorhandensein gelblich-fibrinöser beziehungsweise schwarzer nekrotischer Beläge
zu beobachten. Nekrosen entstehen, wenn sich aufgrund von anhaltendem Druck,
arterieller Mangelversorgung oder venöser Stauungen die Mikrozirkulation im
Wundbereich verschlechtert und damit die Versorgung des Gewebes nicht mehr
gewährleistet ist. Konsequenz: Absterben der Hautzellen. Nekrosen verhindern den
Austausch von Nährstoffen im Wundgebiet und bieten ideale Bedingungen für die
Besiedlung der Wunde durch pathogene Mikroorganismen.
Zunächst muß deshalb die Wundreinigung erfolgen, bei der die Wunde von
nekrotischen und fibrinösen Belägen befreit wird. Neben dem chirurgischen Eingriff
spielt heute die enzymatische Wundreinigung eine wesentliche Rolle, da sie ein
unblutiges, für den Patienten schmerzarmes Verfahren darstellt. In der medizinischen
Praxis hat sich der kombinierte Einsatz beider Methoden bewährt: Die erste
"Grobreinigung" erfolgt durch das Skalpell, zur "Feinreinigung" kommen dann
enzymatische Präparate zur Anwendung.
Wirkprinzip kollagenasehaltiger Enzympräparate
Zur enzymatischen Wundreinigung stehen dem Anwender Präparate mit
unterschiedlichen Enzymen zur Verfügung, die sich in ihrer spezifischen Wirkweise
zum Teil unterscheiden. Bei der Auswahl des geeigneten Enzympräparates ist
folgendes zu beachten:
Nekrosen bestehen aus einer Matrix aus Kollagen, Glykoproteinen und
Proteoglykanen, in die abgestorbene Leukozyten und Fibroblasten eingeschlossen
sind. Im Gegensatz zu den anderen Matrixbestandteilen können Kollagenfasern,
welche die Nekrose am Wundgrund festhalten, nur durch Kollagenasen abgebaut
werden. Diese Enzyme bilden daher den Hauptbestandteil bestimmter enzymatischer
Wundreinigungssalben (wie Novuxol, Iruxol), die aus Clostridium histolyticum
gewonnene Kollagenase Clostridiopeptidase A enthalten, eine Metalloproteinase mit
einem Zinkatom pro Molekül. Die Kollagenasen spalten die Tripelhelix des
Kollagens, womit die Freisetzung der in der Matrix eingeschlossenen Zellreste
ermöglicht wird. Die entstehenden Kollagenbruchstücke sowie die anderen
Proteinbestandteile werden anschließend von den in den Salben ebenfalls
enthaltenen Begleitproteasen abgebaut.
Makrophagen: Koordinatoren der Wundheilung
Neben der Wundreinigung besitzen die kollagenasehaltigen Salben eine weitere
Eigenschaft zur Förderung der Wundheilung: Die unter Kollagenaseeinwirkung
freiwerdenden Kollagenbruchstücke bewirken eine Chemotaxis auf körpereigene
Abwehrzellen, wie beispielsweise Makrophagen. Diese wiederum nehmen eine
zentrale Steuerungsfunktion in der inflammatorischen Phase der Wundheilung ein und
beeinflussen somit die Proliferations- und Reparationsphasen. Makrophagen
gelangen durch die chemotaktische Wirkung der Kollagenbruchstücke aus dem Blut
in das Wundgebiet, wo sie Viren, Bakterien, Parasiten oder abgestorbene Zellen
phagozytieren. Eine weitere wichtige Funktion besteht in der Freisetzung von
potenten Mediatoren, Wachstumsfaktoren und Monokinen.
Bedeutung des feuchten Wundmilieus für die Wundheilung
Neben der Wundreinigung gilt es, die Wunde durch einen Verband sicher vor
äußeren Einflüssen zu schützen. In der medizinischen Praxis hat sich dabei das
Prinzip der feuchten Wundbehandlung mit hydroaktiven Wundauflagen weitgehend
durchgesetzt. Diese Verbände (beispielsweise Cutinova) sind in der Lage, ein
physiologisches Wundmilieu aufrechtzuerhalten, das sehr gute Bedingungen für die
Wundheilung schafft: In einer feuchten Umgebung ist die freie Verfügbarkeit von
Substanzen, wie etwa Aminosäuren, Zuckern, Vitaminen und Elektrolyten
gewährleistet, die essentiell für das Zellwachstum sind. Gleichzeitig dient die feuchte
Umgebung nicht nur den Zellen der Immunabwehr als Reaktionsraum, sondern
fungiert auch als Transportmedium für Wachstumsfaktoren. Ebenso wird die
Passage des nachwachsenden Epithels über das neugebildete Granulationsgewebe
erleichtert.
Hydroaktive Verbände bestehen aus einer saugfähigen Polyurethan-Matrix mit
eingebetteten Absorber-Partikeln. Diese nehmen überschüssige Wassermoleküle aus
dem Wundsekret auf, belassen aber die für die Wundreinigung und das
Zellwachstum wichtigen Proteine wie Enzyme, Albumin und Wachstumsfaktoren in
der Wunde. Somit lassen sich Granulation und Epithelisierung sehr gut unterstützen.
Darüber hinaus haften hydroaktive Wundauflagen nicht am feuchten Wundgrund und
können somit beim Verbandwechsel gewebeschonend und schmerzfrei gelöst
werden.
Therapie-Ergebnisse
Gute Ergebnisse mit dem kombinierten Therapiekonzept (Novuxol, Cutinova) zeigte
eine 1995 bis 1996 in Österreich durchgeführte Anwendungsbeobachtung, für die
der Heilungsverlauf bei 21 Dekubital-Ulcera über einen Zeitraum von drei Monaten
dokumentiert wurde. Die behandelnden Ärzte und Pflegekräfte bewerteten sowohl
die Beschleunigung der Wundreinigung als auch die Förderung der Granulation und
der Epithelisation als positiv. Gute Noten erhielten darüber hinaus das hohe
Absorptionsvermögen sowie die Anpassung und Stabilität der Verbände. Die
unkomplizierte Handhabung führte zu Arbeitsentlastung und Zeitersparnis für das
Personal. Patienten werteten die geringeren Schmerzen beim Verbandwechsel sowie
das verminderte Fremdkörpergefühl in der Wunde als angenehm.
Beitrag von der PZ-Redaktion
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