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Bei Schlafstörungen Hypnotika nur inIntervallen

08.09.1997  00:00 Uhr

- Medizin

Govi-Verlag

Bei Schlafstörungen Hypnotika nur in Intervallen

Rebound-Phänomene, die häufig nach dem Absetzen von Benzodiazepinen auftreten, gelten als Motor der Langzeiteinnahme. Der Grund: Die Rebound-Effekte werden oft als wiederkehrende Schlafstörungen fehlinterpretiert und nicht als Entzugssymptome erkannt. Der erneute Griff zur Schlaftablette ist die Folge. Je länger aber Schlafmittel eingenommen werden, desto größer wird die Gefahr, eine Abhänigkeit zu entwickeln. Wie können Patienten mit chronischen Schlafstörungen eine Abhängigkeit vermeiden?

Der Schlafmediziner Dr. Göran Hajak von der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik in Göttingen favorisiert die Intervalltherapie mit Hypnotika. Die regelmäßige Unterbrechung der Hypnotikaeinnahme sollte nach drei verschiedenen Strategien erfolgen, führte er auf einem von Synthelabo initiierten Symposium aus:

"Der Hit unter den Ärzten ist die quotengeregelte Bedarfstherapie, bei der der Patient selbst entscheidet, in welchen Nächten er zur Schlaftablette greift", sagte Hajak. Dazu steht dem Schlafgestörten ein streng begrenztes Medikamentenkontingent von beispielsweise einer N1-Packung für drei Wochen zur Verfügung. Dieses Behandlungskonzept lehnt Hajak entschieden ab. Oft gingen Patienten nämlich zu verschiedenen Ärzten, um sich Schlafmittel verschreiben zu lassen.

Als Weiterentwicklung der quotengeregelten Therapie stellte Hajak die kontrollierte Bedarfstherapie vor. Auch hier ist die Schlafmitteleinnahme auf drei Tabletten pro Woche beschränkt. Aber der Patient legt am Anfang der Woche prospektiv fest, an welchen drei Tagen der Woche er wahrscheinlich nicht ohne Medikament schlafen kann. Weiß der Patient zum Beispiel, daß am Mittwoch erhöhte Anforderungen an ihn gestellt werden, wird er Dienstagnacht eine Tablette nehmen.

Nach den Ausführungen Hajaks liegt der Vorteil dieses Behandlungskonzeptes darin, daß sich der Patient mit seinen Schlafproblemen auseinandersetzt und an sich arbeitet. Studien haben ergeben, daß sich mit dieser Therapievariante die Medikamentenmenge deutlich senken läßt. Nach sechs Monaten benötigen die Patienten im Schnitt nur noch eineinhalb Tabletten pro Woche.

Erfolge sind nach Meinung des Referenten auch mit der Standardintervalltherapie zu erzielen. In mehreren Behandlungszyklen folgen auf vier Wochen Medikamenteneinnahme vier Wochen Schlafmittelkarenz. In Studien seien die Medikamente abrupt von einem Tag auf den anderen abgesetzt worden. In den 28 Tagen der Schlafmittelpause litten die Patienten zwar wieder verstärkt unter Schlafstörungen, diese seien jedoch weniger ausgeprägt als vor der Medikamentenphase. In jeder pillenfreien Phase gingen die Schlafstörungen deutlicher zurück.

Beratungstip: Die Schlafmittel sollten grundsätzlich vor 24 Uhr genommen werden. Viele Patienten handhabten den Einnahmemodus falsch, erklärte Hajak. Oft werde erst um 2 oder 3 Uhr mit schlechtem Gewissen die Tablette geschluckt; Schlaf werde als Leistung aufgefaßt. Am Morgen erwache der Patient dann mit einem Hang-over und schleppe sich durch den Tag. Zur Schlafenszeit fühle er sich wieder fit, nehme dann aber eine Tablette, um schlafen zu können.

Der Wunsch nach Nachverordnung scheint vom Arzneistoff abhängig zu sein. Nicht-Benzodiazepine wie Zolpidem und Zopiclon können offenbar leichter abgesetzt werden. Kontrollierte Studien bescheinigen den Nicht-Benzodiazepinen nämlich ein signifikant geringeres Risiko für Hang-over-Effekte, Rebound-Phänomene und Abhängigkeitsentwicklung im Vergleich zu Benzodiazepinen. Zolpidem und Zopiclon entfalten ihren Effekt nach einem selektiveren Wirkmechanismus. Die Dosis ist dadurch geringer.

Zolpidem und Zopiclon docken nur an eine bestimmte Bindungsstelle für Benzodiazepine (die omega1-Untereinheit) des GABA-Rezeptor-Chloridkanal-Komplexes an. Damit kommt ihnen nur zentrale Wirkung zu, da die omega1-Bindungsstelle in der Peripherie nicht vorkommt. Zudem ist bei Zolpidem die muskelrelaxierende und antikonvulsive Wirkung durch geringere Affinität zu den im Rückenmark lokalisierten Rezeptoren weniger stark ausgeprägt.

Eine pharmakoepidemiologische Studie am Frankfurter Institut für medizinische Statistik untersuchte die Langzeitverordnung der Benzodiazepine Temazepam, Flunitrazepam und Lormetazepam im Vergleich zum Nicht-Benzodiazepin Zolpidem. Im Vergleich zu den Benzodiazepinen mündete die Zolpidemtherapie nur in einem Sechstel der Fälle in eine Langzeittherapie. Außerdem lag die Tagesdosis für Zolpidem unter der der Benzodiazepine. Die Zolpidempatienten benötigten in den meisten Fällen nur eine halbe bis eine durchschnittliche Tagesdosis, in der Benzogruppe lag die durchschnittliche Tagesdosis dagegen bei ein bis zwei Tabletten.

PZ-Artikel von Elke Wolf, Dresden

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